Einwohner in München:Das Millionen-Baby der Stadt

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OB Thomas Wimmer und das Millionen-Baby Thomas Seehaus. (Foto: Stadtarchiv München)

Thomas Seehaus hat München im Jahr 1957 zur Millionenstadt gemacht. Im Gespräch erzählt er, was es bedeutet, per Geburt ein Teil der Stadtgeschichte zu sein - und ob er die Konkurrenz durch den 1,5-millionsten Bewohner fürchtet.

Ein Interview von Martin Hammer, München

Die Stadt wächst zwar vor allem durch den Zuzug von außen. Doch wenn es um eine neue Marke bei der Einwohnerzahl geht, dann präsentieren Oberbürgermeister lieber ein süßes Baby als einen Studenten aus Indien oder dem Erzgebirge. Das war zumindest 1957 so. Thomas Seehaus wurde damals als einmillionster Münchner geehrt.

SZ: Herr Seehaus, bald wird wohl ein Baby vom Oberbürgermeister als 1,5-millionster Münchner in die Kameras gehalten. Ist das für den auserwählten Säugling eher Segen oder Fluch?

Thomas Seehaus: Unbedingt ein Grund zur Freude! Man wird dadurch ja ein kleiner Teil der Münchner Geschichte. Darauf kann man schon ein wenig stolz sein, auch wenn man natürlich dafür nichts Großes geleistet hat. Ich war nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort, sag' ich immer.

So haben Sie unverhofft einen Münchner Oberbürgermeister als Paten bekommen.

Das stimmt. Thomas Wimmer hat stellvertretend für die Stadt das Amt übernommen, ich bin also das Patenkind der Stadt München. Dem damaligen OB habe ich auch meinen Vornamen zu verdanken. Denn eigentlich sollte ich Helmut heißen. Aber auf dem Wochenbett hat sich meine Mutter dann durchgesetzt: Sie hat gesagt, wenn der Bub schon so einen prominenten Taufpaten hat, dann soll er auch so heißen. Darüber bin ich sehr froh.

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Hat der Titel als einmillionster Münchner irgendwelche Auswirkungen im Alltag?

Die Leute glauben immer, man bekäme irgendwelche Vergünstigungen oder freien Eintritte, aber das stimmt nicht. Ich werde jedes Jahr zum Stadtgründungsfest eingeladen, zu Weihnachten und Geburtstag schickt die Stadt regelmäßig Grußkarten, man ist also nicht vergessen. Zum Geburtstag bekomme ich auch Theaterkarten angeboten, aber in den letzten Jahren habe ich dafür gar keine Zeit gefunden. Wenn ein Jubiläum ansteht, dann rufen auch wieder Journalisten an und wollen wissen, wie sich München in den Jahren verändert hat.

Und, was sagen Sie dann?

Ich bin ja kein Münchner mehr, seit ich zehn bin, lebe ich in Olching. Aber die Stadt kenne ich, weil ich jahrzehntelang dort gearbeitet habe. Vieles hat sich positiv verändert, etwa durch Kulturangebote wie das Tollwood. Aber neulich bin ich durch meine alte Pasinger Heimat gefahren. Wie das alles umgebaut wurde, da erschrickt man schon. Aber das ist wohl der Lauf der Zeit.

Nun gibt es den 1,5-millionsten Münchner, wahrscheinlich ein süßes Baby. Fürchten Sie die neue Konkurrenz?

Um Gottes Willen. Ich freu' mich riesig für den Kleinen oder die Kleine. Sobald ich den Namen herausgefunden habe, werde ich ihm meine Glückwünsche schicken.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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