Ehemaliges NSDAP-Viertel:Standort mit Geschichte

Das neue Generalkonsulat entsteht in Nachbarschaft zu ehemaligen NS-Bauten

Von Jakob Wetzel

Es steht mittendrin. Wenn am Karolinenplatz an diesem Dienstag das neue israelische Generalkonsulat eröffnet wird, hat bereits der Standort Aussagekraft. Heute ist die Nachbarschaft weltoffen: Nebenan stehen Hochschulen, Museen, das Amerikahaus, die Münchner Börse und der Sitz des Sparkassenverbands. Vor mehr als 70 Jahren aber war der Karolinenplatz der geografische Mittelpunkt der NSDAP. Hier, innerhalb weniger Straßenzüge in der Maxvorstadt, beschäftigte die Nazi-Partei nahezu 6000 Mitarbeiter in 68 Gebäuden.

Angefangen hatte es mit dem "Braunen Haus", einem Palais an der Brienner Straße, das die Nationalsozialisten 1930 kauften. Hierher verlegten sie im Jahr darauf ihre Parteizentrale; das Haus diente als Verwaltungssitz sowie als Kultobjekt in ihrer Propaganda. Im Keller wurden wiederholt Regimegegner misshandelt. Das Gebäude wurde im Krieg von Bomben getroffen und 1951 abgerissen. An seiner Stelle steht heute das NS-Dokumentationszentrum.

Doch die Nazis hatten rasch über ihr "Braunes Haus" hinausgegriffen. Im Nordwesten des neuen israelischen Konsulats etwa steht bis heute der "Führerbau", ein 1937 fertiggestellter Repräsentationsbau, der den Krieg überstanden hat und heute die Hochschule für Musik und Theater beherbergt. Im Nordosten saß vor mehr als 70 Jahren die Reichsorganisationsleitung der NSDAP; im heutigen Gebäude hat die Technische Universität ihre "Diversity"-Abteilung untergebracht. Und im Gebäude unmittelbar im Süden des Konsulats hatte einst das oberste Parteigericht der NSDAP seinen Sitz. Das Gericht sollte Streit in der Partei klären; in der Praxis diente es als Instrument, um Opposition gegen Adolf Hitler zu unterbinden. Das Gebäude wird derzeit umgebaut; künftig soll es der Acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, als Geschäftsstelle dienen.

(Foto: sz)
© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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