EDV-Chef der Gema:Drei Jahre Haft wegen Untreue

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Es ging alles ganz einfach: Der ehemalige Technische Direktor der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und Mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) kassierte neben seinem Gehalt Provisionen von Zulieferfirmen. Nun muss er drei Jahre ins Gefängnis.

Stephan Handel

(SZ vom 25.6.2003) — Als der Richter ihm die Leviten liest, sitzt der Angeklagte da wie ein Schulbub. Sein zustimmendes Nicken sieht aus wie: Ich habe Strafe verdient und bitte um eine gehörige solche.

Kann er haben: Für drei Jahre schickt die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Dr. Ing. Jürgen K., den ehemaligen Technischen Direktor der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und Mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz Gema, ins Gefängnis.

Beträchtlicher Schaden

"Sie sind keiner der üblichen Angeklagten der Wirtschaftskammer", sagt Wolf-Stefan Wiegand, der Vorsitzende Richter. "Da tummeln sich hier ganz andere Gestalten." Dennoch — der Schaden, den K. angerichtet hat, ist beträchtlich.

Er begann Anfang der 90er Jahre, für die Gema in der Rosenheimer Straße zu arbeiten, zunächst als freiberuflicher Berater mit dem Auftrag, die EDV der Gesellschaft umzustrukturieren. In diesem Zusammenhang arbeitete er mit externen Firmen zusammen und bekam von diesen — so branchenüblich — Provisionen, wenn er ihnen Arbeit verschaffte.

Die Gema verwaltet die Rechte von Komponisten an ihren Werken: Wer immer öffentlich Musik aufführt, muss an sie zahlen, die Gema leitet die Tantiemen dann an die Urheber weiter. Im Herbst 1994 wurde K. offiziell zum Technischen Direktor bestellt. Er machte im Prinzip die gleiche Arbeit wie vorher — nur war er jetzt Mitglied der Geschäftsführung.

Doppeltes Gehalt auf Umwegen

Das hielt ihn aber nicht davon ab, weiterhin die Provisionen der Zuliefer-Firmen, überwiegend aus der Software-Branche, zu kassieren. Weil aber, wie der Richter sagt, "man für eine Arbeit nur einmal bezahlt werden kann", machte sich Jürgen K. mit jeder Rechnung, die er schrieb, der Untreue schuldig: Die Firmen gaben später an, sie hätten natürlich K.s Provisionen in ihre Kalkulation einbezogen, das heißt: Die Gema zahlte auf Umwegen ihrem Technischen Direktor ein zweites Gehalt.

Von 650.000 Euro Schaden ging das Gericht aus, die Gema selbst nennt eine Summe 2,5 Millionen Euro.

Jürgen K. hat alle Vorwürfe eingeräumt. Er habe das Geld aber nicht in Betrugsabsicht kassiert — das System sei "einfach so weitergelaufen". Er habe auch kein großes Geheimnis daraus gemacht, allerdings: "Eindeutig erklärt habe ich es meinen Kollegen auch nicht." Das Geld investierte K. in Immobilien und in Fonds-Gesellschaften.

Es bleibt ein "Trümmerfeld"

Nichts davon ist dem 59-Jährigen geblieben: Die Häuser und Wohnungen von den Banken kassiert, die Investitionen verbrannt durch die Wirtschaftskrise, der Ruf in der Branche zerstört, keine Aufträge, kein Einkommen. K. lebt heute vom Geld seiner Frau, einer Juristin in Berlin — ein "Trümmerfeld", so Richter Wiegand, "am Ende eines geradlinigen Lebenswegs".

Dreieinhalb Jahre Haft beantragt die Staatsanwaltschaft, das Gericht jedoch folgt dem Antrag der Verteidigung, würdigt das umfassende Geständnis und verurteilt K. zu drei Jahren. "Den Schaden, den Sie angerichtet haben", sagt Wiegand dann noch, "können Sie in Ihrem Leben nicht mehr gut machen." Der Angeklagte nickt.

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