Zu wenig Schwimmbäder für zu viele Nichtschwimmer:Ist da wer?

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DFB-Vize Rainer Koch, Doris Rauscher (links) und ihre Landtags-Kollegin von der SPD, Diana Stachowitz, hören den Vereinsvorständen zu. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zwei Vereine aus dem Landkreis klagen über fehlende Unterstützung der Politik. Der TSV Vaterstetten würde in ein Schwimmbad investieren, kann aber alleine nicht

Von Korbinian Eisenberger

Was macht ein Schwimmverein, wenn immer mehr Leute mitmachen wollen, aber das Becken irgendwann nicht mehr groß genug ist? Für den TSV Vaterstetten stellt sich diese Frage gerade so oder so ähnlich. Der TSV ist zwar kein reiner Schwimmverein, es gibt noch andere Abteilungen. Gerade bei den Schwimmern geht es jedoch besonders eng her. So eng, dass der Vereinsvorsitzende Helmut Knauer nun Alarm geschlagen hat. "Wir haben 200 Kinder, denen wir keinen Schwimmkurs mehr anbieten können", so Knauer. Sein Problem: Der Verein will daran etwas ändern - kann aber nicht.

Es ging kontrovers zu am Dienstag in Poing. Auf Einladung von der Ebersberger Landtagsabgeordneten Doris Rauscher (SPD) kamen am Abend Vertreter aus Politik, von Verbänden und Vereinen im Familienzentrum zu einer Art Landkreis-Sportkonferenz zusammen. Letztlich entstand daraus eine Debatte mit zwei Vereinsvorständen aus dem Landkreis Ebersberg: Mit Knauer vom TSV Vaterstetten, einem der mitgliederstärksten Vereine im Landkreis Ebersberg. Und mit Alex Berghammer vom Taekwondo-Klub Kirchseeon, einem der kleinsten Vereine in der Region. Tenor: Beide fühlen sich von Politik und Verbänden im Stich gelassen.

Alex Berghammer berichtete davon, wie Flüchtlinge in den Verein kamen , die mitmachen wollten, aber kein Geld für die Ausrüstung übrig hatten. "Sowas erschwert die Integration", so Berghammer. Am Anfang seien es zehn Asylbewerber gewesen, die beim Training waren. Es hätte aber für jeden einen Kampfanzug gebraucht, und eine Finanzierung für die Antrittsgelder bei Wettkämpfen. "Dafür gibt es von staatlicher Seite keine Hilfe", so Berghammer. Von zehn Asylbewerbern sei so nur einer geblieben - finanziert vom Helferkreis.

Sein Kollege vom TSV Vaterstetten sprach mehrere Punkte an, wo er sich Unterstützung von oben wünsche, etwa das neue Datenschutzgesetz, was ja bundesweit Vereinen zu schaffen macht. Ganz konkret wurde es dann beim Schwimmbad im Ort. Hintergrund: Die Gemeinde Vaterstetten baut gerade eine neue Schule samt Hallenbad. Allerdings wird das alte Bad dann abgerissen. Sprich: Die Kapazität bleibt ungefähr die gleiche. Knauers Problem: Gleichzeitig erwartet die Gemeinde bis Anfang der 2020er Jahre einen Zuwachs von 2500 bis 3000 Bürgern in ihren Neubaugebieten - darunter Familien mit Kindern. "Ich frage mich, wie wir das dann stemmen sollen", so Knauer.

Zu wenig Schwimmbäder für zu viele Nichtschwimmer. Ein Phänomen, das man auch in anderen Orten kennt. Etwa in Grafing, wo mit dem Umbau der Schwimmhalle demnächst viele nach Ebersberg ausweichen müssen - wo ja auch nur begrenzt Platz ist. Oder in Markt Schwaben, wo kürzlich gar ein Bürgerbegehren im Raum stand weil knapp 1000 Markt Schwabener den Abriss ihres in die Jahre gekommenen Hallenbads befürchteten. Die Gemeinde Markt Schwaben verhinderte das Begehren nur, indem sie eine Fläche freimachte, wo im Falle eines Abrisses ein neues Hallenbad hingebaut werden könnte.

In Vaterstetten ist der Fall fast skurril. Knauer erklärte, dass der Verein bereit sei, selbst Schulden aufzunehmen, um ein Schwimmbad zu bauen, das auch die Schulen im Ort nutzen können. "Da reicht der Platz ja auch nicht mehr", so Knauer. Der Knackpunkt: Wird so ein Projekt statt wie üblich von der Kommune von einem Verein in Angriff genommen, gibt es keine staatlichen Fördergelder, es wäre also unbezahlbar. Das erläuterte Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD), auch er nahm an der Runde teil. Seine Gemeinde etwa hat kein Schulschwimmbad, plant aber gerade eines. Das alte Poinger Schwimmbad haben sie vor Jahren geschlossen.

Kein Geheimnis, dass Vaterstetten klamm ist, der Neubau der Schule mit allem drum und dran verschlingt jetzt schon Dutzende Millionen Euro. Die Frage ist ohnehin, ob hier nur die Gemeinde in der Verantwortung ist. Rainer Koch aus Poing, Präsident des Bayerischen Fußballverbands und DFB-Vize, sieht hier die größere Politik in der Verantwortung: "Der Staat lässt die Vereine in allen Belangen im Stich", sagte er. Zudem sei es fatal, dass sich die einzelnen Sportverbände in Deutschland nicht stärker gemeinsam auftreten. Koch: "Es kann nicht sein, dass der TSV sich darum kümmern muss, dass die Kinder in Vaterstetten schwimmen lernen."

© SZ vom 19.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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