Windpark im Forst:Abkehr von fossilen und atomaren Energieträgern dringend notwendig

Lesezeit: 6 min

Windräder in Waldgebieten sind keine Ausnahme mehr. Hier eine Anlage bei Welshofen in der Gemeinde Erdweg. (Foto: Niels P. Joergensen, Bearbeitung: SZ)

Zu Berichten und Leserbriefen über den geplanten Windpark im Ebersberger Forst

Zu Berichten und Leserbriefen über den geplanten Windpark im Ebersberger Forst:

Wenn wir früher am Wochenende die Mahlzeiten für die nächste Woche planten, kam von irgendeinem Kind meist "das schmeckt mir aber nicht". Daraufhin beschlossen wir, wer einen Vorschlag ablehnt, muss eine Alternative bieten. Womit ich bei der Windkraft in unserem schönen Ebersberger Forst bin. In letzter Zeit kam als Alternativvorschlag Windräder nicht im Forst, sondern in den Kommunen drumherum zu bauen. Wir brauchen beides. Die Windräder im Forst und drumherum. Und wer gar keine Windräder bei uns möchte, was bitteschön stattdessen?

Die Zeit läuft uns beziehungsweise unseren Kindern und Enkelkindern davon. Windräder im Forst sind schnell gebaut und - wenn es in 20 bis 30 Jahren etwas Besseres gibt - auch wieder schnell abgebaut. Die "Vogelkiller"-Problematik. Unbestreitbar. Wenn ich recherchiere kommen Vögel durch vielerlei menschliche Dinge zu Tode. Die Windkraftanlagen sind nur ein sehr kleiner Teil davon. Wenn wir die Klimaproblematik nicht bald angehen, werden wir ein viel größeres Problem haben als die an Windrädern verunglückten Greifvögel. (Teilweise wurden übrigens Nistkästen an Windrädern angebaut und von Falken erfolgreich bewohnt, inklusive Aufzucht der jungen Vögel.)

Ich freue mich über jedes Wasserkraftwerk, jede Biogasanlage (welche nicht nur mit Mais gefüttert wird), jedes Windradl und jede Photovoltaikanlage (übrigens: wer ein eigenes Haus hat, PV auf dem Dach bringt noch Rendite, das Sparbuch nicht mehr) und hoffe auf immer mehr Batteriespeicher in unseren Kellern. Und ich hoffe auf viele neue Ideen und Entdeckungen zu grünen Energien und grüneren, nachhaltigeren Lebensweisen unsererseits. Meines Erachtens brauchen wir viele verschiedene "grüne" Techniken zusammen, um die dringend nötige Abkehr von fossilen und atomaren Energien zu stemmen. Ab und zu radeln wir zum Windrad bei Hamberg. Wenn ich dann hochschaue, sehe ich doch wieder eine Zukunft für unsere Kinder und Enkel. Bernward Backa, Grafing

Zu abhängig von Importen

Windräder im Forst - die Meinungen sind kontrovers, die Diskussion läuft jedoch soweit erfreulich fair. Als Mitarbeiter im Arbeitskreis Energiewende Vaterstetten stimme ich den Leserbriefen in der Ausgabe vom 2. März voll zu, möchte aber folgende Aspekte ergänzen: Der weltweite Energiebedarf, besonders der Elektrische, wird bedingt durch energieintensive Internetnutzung, wie durch Elektromobilität deutlich steigen. Auch in Deutschland. Gleichzeitig werden Kohle und Kernkraftanlagen als veraltete Technologien auslaufen. Deutschland importiert nach wie vor etwa 80 Prozent seiner fossilen Energieträger Erdöl, Erdgas wie Steinkohle aus kritischen Lieferländern wie Russland, Venezuela und den arabische Staaten. Wir sind somit politischen Unwägbarkeiten bezüglich Preisen und Verfügbarkeit ausgeliefert und erpressbar. Versorgungssicherheit werden wir am ehesten durch weitgehend regional-dezentrale Energiebereitstellung erreichen.

Wir tragen mit Windkraftanlagen nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern schaffen Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region. Als Bürgeranlage entstehen somit sichere Investitionen auch für Kleinanleger. Vermutlich werden uns nachfolgende Generationen bittere Vorwürfe machen wenn jetzt notwendige Schritte in die Zukunft versäumt werden. Verglichen mit technischen Einrichtungen des modernen Lebens wie 35 000 Kilometer Hoch-und Höchstspannungsleitungen, Sendemasten oder Autobahnen in Deutschland wird die Natur sich an die vergleichsweise kleinen schmerzhaften Eingriffe durch Windkraftanlagen im Forst gewöhnen und anpassen. Dr. Peter von Kutzschenbach,

Vaterstetten

Viele Standorte scheiden aus

Es stimmt schon. Ohne das verhängnisvolle 10-H-Gesetz der Staatsregierung würde niemand an Windräder im Forst denken. Allein schon, weil die zahllosen Hügel im südlichen Teil des Landkreises der Windkraft viel augenfälligere Chancen bieten. Aber das Gesetz - einzigartig in Deutschland - existiert. Es macht Windräder auf diesen Hügeln genauso unmöglich wie rings um die beiden Siedlungsachsen des Landkreises an den S-Bahn-Linien 4 und 6. Und es ist vor 2024 kaum abzuschaffen.

Bleibt der Wald. Er bietet die einzige Freifläche im Landkreis, die groß genug ist, um 10 H zu entgehen. Und er zeigt uns, dass wir nicht mehr warten können, bis sich 2024 oder irgendwann die politischen Verhältnisse in Bayern ändern. Denn sein Zustand ist heute schon schlechter als er während der großen Waldsterben-Diskussionen in den 80er Jahren jemals war. Laut dem aktuellen Waldzustandsbericht der Bundesregierung weisen vier von fünf Bäumen Schäden auf.

Das ist gerade im Landkreis Ebersberg keine akademisch-ästhetische Diskussion. Die Klimakrise sorgt dafür, dass die Böden im Sommer immer trockener werden, auch im Wald. Dann genügt ein Funken, und das Holz brennt wie Zunder. Von meinem Wohnhaus ist der Ebersberger Forst nur etwa 500 Meter Luftlinie entfernt. Die Bilder des letzten Sommers aus Kalifornien habe ich mir gut angeschaut.

Wir haben höchstens noch zehn Jahre Zeit, um den Ausstieg aus der Energieerzeugung mit Kohle, Holz, Öl und Gas einzuleiten. Dieser Ausstieg, das belegen unzählige Studien, wird ohne die Windkraft nicht möglich sein. Aufgrund der aktuellen, Windkraft-feindlichen Gesetzgebung in Bayern liegt für den Landkreis Ebersberg die einzige Möglichkeit, dazu seinen Beitrag zu leisten, im Bau von fünf Windrädern im Forst. Eine Stimme für die Windkraft im Wald am 16. Mai ist eine Stimme für die Zukunft. Claudia Peter, Ebersberg

Freistaat muss Beitrag leisten

Auch der Freistaat ist in der Pflicht! Steigende Temperaturen, Hitzewellen, extreme Trockenheit und Starkregen mit Überschwemmungen und Bodenerosion gehören zum Alltag in der Landwirtschaft. Wetter und Klimakapriolen belasten die Landwirtschaft und damit die Lebensmittelversorgung immer stärker. Dies alles sind die Folgen der Industrialisierung, der Mobilität und des Wohlstandes. Ein Weiter so mit der achtlosen Nutzung fossiler Brennstoffe darf es daher langfristig nicht geben. Daher ist die Nutzung regenerativer Energien aller Art unerlässlich - die Landwirtschaft leistet hierbei seit etwa 20 Jahren aktiv einen Beitrag (Photovoltaik, Biogas, Hackschnitzel...). Die meisten Betriebe produzieren bereits heute viel mehr Energie als sie selbst verbrauchen.

Aus diesem Grund ist es uns Landwirten unverständlich, wenn Freistaat, Landkreis und Kommunen bis 2030 energieautark sein wollen, die staatlichen Flächen (Forst) hier aber ausgenommen werden und wieder alles auf privaten Flächen stattfinden soll, genau wie bei Straßenbau und Gewerbe. Die bayerischen Staatsforsten, die unter anderem die heilige Kuh "Ebersberger Forst" bewirtschaften, müssen dem bayerischen Finanzminister "schwarze Zahlen" liefern, was mit Sicherheit nicht leicht ist. Der Ebersberger Forst ist reiner Wirtschafts-und Nutzwald. Wer sich aber mit fachlichen Augen die Wälder ansieht, der merkt dass immer dann, wenn der Holzpreis am höchsten ist, Holz in großen Mengen mit schwerstem Gerät geschlagen und ausgefahren wird, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei wird weder auf die Befahrbarkeit des Bodens, noch auf die Tiere geachtet. Die einzige Tierart die hierbei profitiert, sind Stechmücken, die in den verdichteten, mit Wasser gefüllten Rückegassen ihren Lebensraum finden. Ein deutlicher Zuspruch beim Ausbau erneuerbarer Energiequellen, der Reduzierung des Energieverbrauches, sowie beim Aufbau von Windkraftanlagen auch auf staatlichen Forstflächen, ist daher dringend geboten!

Max Reis, Buch

Es eilt unglaublich

Wir brauchen die Windräder - auch im Wald - wenn der überleben soll! Um die beschlossene Klimaneutralität bis 2030 zu schaffen, wären mehr als 20 Windkraftanlagen (WKA) im Landkreis Ebersberg notwendig, neben Photovoltaik und Biogas Anlagen. Nachzulesen im Meilensteinplan der Energieagentur Ebersberg. Für diese WKA sind nicht einmal die erforderlichen Standorte inzwischen gefunden. Angesichts der heute üblichen, beziehungsweise erforderlichen Bürokratismen, ich denke nur an die unsäglich dumme, verantwortungslose 10-H-Regel, ist die Fertigstellung bis 2030 kaum noch erreichbar.

Aber es eilt, es eilt unglaublich, wenn der Klimawandel noch abgefangen werden soll! Die fünf Windkraftanlagen im Forst wären wenigstens ein Anfang und in etwa drei Jahren realisierbar. Sie brächten uns der Klimaneutralität etwas näher , mit einer Leistung von 40 bis 45 Millionen kWh pro Jahr. Die genügten, um etwa 20 Prozent der Haushalte im Landkreis mit Strom zu versorgen. Die Wissenschaft sagt uns, dass ein längeres Verzögern der Energiewende weiterhin zu viel zu hoher CO2-Freisetzung führt.

Weitere trockene Jahre sind die Folge, und das Waldsterben nimmt zu. Wie das aussieht, lässt sich schon in vielen Gegenden Deutschlands beobachten, zum Beispiel im Sauerland, im Taunus, im Harz. Noch gibt es bei uns glücklicherweise mehr Niederschläge als in Mitteldeutschland. Das kann und wird sich leider schnell ändern. Die Gefahr, dass auch der Ebersberger Forst leiden wird, ist sehr groß. Die fünf Windkraftanlagen wären ein erster, wenn auch noch bescheidener, Schritt in Richtung Energiewende.

Die auf der Umweltkonferenz 2015 in Paris beschlossenen Ziele werden inzwischen von vielen Ländern als nicht ausreichend kritisiert. Und wir glauben, dass etwa 1,5 Hektar, das heißt 0,2 Promille der Gesamtfläche von 7548 Hektar Staatsforst diesen gefährden? Diesen Eingriff werden Wald, Flora und Fauna mit Sicherheit eher überleben als den Klimawandel. Beim Bürgerentscheid haben wir also die Wahl zwischen einem hoffentlich noch lange lebendigem Wald mit Windkraftanlage oder einem dürren Wald ohne Windkraftanlagen. Ich werde mich für die Windkraftanlagen entscheiden, das bin ich meinen Kindern und Enkeln schuldig. Jürgen Harttmann,

Baldham

© SZ vom 22.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: