Weg vom Papier:Digitalisierung im Sitzungssaal

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Die Mitglieder des Kreistages sollen von 2020 an ihre Beschlussvorlagen nicht mehr per Post bekommen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wenn in zwei Jahren der neu gewählte Kreistag zusammentritt, wird sich einiges ändern. Sicher wird es bei der Zusammensetzung des Gremiums einige neue Gesichter geben - vor allem aber werden sich die 60 Kreisräte, egal ob Neuling oder Politikveteran ganz anders auf die Sitzung vorbereiten als heute. Im Landratsamt arbeitet man nämlich am papierlosen Sitzungsdienst.

Den gibt es auch jetzt schon, allerdings nur auf Wunsch. Ansonsten werden den Mitgliedern des Kreistags und seiner Ausschüsse die Tagesordnungen, Beschlussvorlagen, Anträge, Anhänge, Sachvorträge und was sonst noch alles zur Vorbereitung auf eine Sitzung nötig ist, per Post zugestellt. Dabei kommen meist ganz eindrucksvolle Päckchen zusammen. So wurden beispielsweise für die jüngste Kreistagssitzung Mitte Mai stolze 86 Seiten an Unterlagen verschickt.

Oder eben auch nicht. Denn parallel zur postalischen Zustellung können die Kreistagsmitglieder ihre Unterlagen bereits seit Jahren online bekommen - und erhalten dafür noch 15 Euro pro Monat. Diese sogenannte "Technikpauschale" ist gewissermaßen ein kleines Dankeschön der Verwaltung dafür, dass sie aufs Ausdrucken und Briefmarkenkaufen verzichten kann, die Ersparnis kommt dann dem jeweiligen Kreistagsmitglied zugute.

Allerdings, so berichtete nun Kreiskämmerin Brigitte Keller in der jüngsten Sitzung des Gremiums, sei der zweifache Zustellweg sehr aufwendig. Derzeit nutzten etwa die Hälfte der Kreisräte das Online-Angebot, die anderen verzichten lieber auf die 15 Euro und lassen sich die Unterlagen per Post schicken. Doch damit soll es mit der im Frühjahr 2020 beginnenden neuen Wahlperiode vorbei sein, dann will die Verwaltung den Postversand an die Kreisräte einstellen.

Ob es wirklich dazu kommt, ist indes noch nicht komplett sicher, denn es gibt einige Schwierigkeiten. Die erste ist technischer Natur. Wie Keller nun im Kreisrat erläuterte, sei die derzeit für das sogenannte "E-Government" verwendete Software nicht optimal. Kritik an der Benutzerfreundlichkeit komme sowohl aus der Verwaltung, wie auch von den Gremienmitgliedern. Geplant ist daher, sich einerseits bei anderen Landkreisen umzuhören, welche Sitzungssoftware dort im Einsatz sei und welche Erfahrungen die Beteiligten damit gemacht haben. Außerdem soll generell eruiert werden, welche Software für den Sitzungsdienst derzeit auf dem Markt ist. Die drei vielversprechendsten Anbieter sollen dann ihre Produkte der Arbeitsgruppe "Politik und Verwaltung" vorstellen, diese werde dann prüfen, ob eine Softwareumstellung sinnvoll ist.

Allerdings gebe es neben dem technischen noch ein anderes Problem, so Keller: Nicht alle Kreisräte wollen ihre Sitzungsvorbereitung digitalisieren. Bei der Mandatsträgerbefragung im vergangenen Oktober hatten 19 Kreistagsmitglieder angegeben, auf keinen Fall komplett auf die Post vom Landratsamt mit den Sitzungsvorlagen verzichten zu wollen. Für 32 Kreisräte wäre dies zwar grundsätzlich möglich - allerdings nur, wenn der Landkreis dafür einheitliche Geräte zur Verfügung stellt. Neun Kreisräte hatten zu der Frage keine Angaben gemacht. Immerhin 19 Gremienmitglieder wären laut der Befragung zu einer Kostenbeteiligung für die Dienstcomputer bereit, allerdings nur, wenn diese nicht zu hoch ausfällt: Zwölf Befragte nannten einen Höchstbetrag von 100, sieben einen von 200 Euro.

Umgekehrt werde auch überlegt, mit der Abschaffung der postalischen Zustellung die Technikpauschale zu erhöhen, so Keller weiter. Schließlich brauche, wer die Sitzungsvorlagen nach wie vor auf Papier genießen wolle, einen leistungsstarken Drucker. Einfach abschaffen kann die Kreisverwaltung die Postzustellung der Sitzungsunterlagen indes nicht. Denn, wie Keller weiter ausführte, gelte der "demografische Grundsatz", der besage, dass niemand ausgeschlossen werden dürfe, der mit der neuen Technik nicht zurechtkommt. Es ist also noch offen, ob es mit der Digitalisierung im Sitzungssaal bis 2020 etwas wird, zumindest das Fazit der Verwaltung klingt hier nicht besonders optimistisch: "Von einer Umsetzung von E-Government ist der Kreistag noch relativ weit entfernt."

© SZ vom 23.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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