Volksmusik made in Ebersberg:Filmstars an der Saite

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Die "Weinberg Zithermusi" um Sepp Huber aus Sensau feiert 40. Geburtstag - und der BR dreht eine Dokumentation

Von Alexandra Leuthner, Steinhöring

Das hatte ja so kommen müssen. Wenn einer nichts als Musik im Kopf hat. Wenn er in der Früh schon sein Instrument bearbeitet, noch bevor er sich zur Schule aufmacht. Und wenn er dann, kaum liegt der Ranzen in der Ecke, schon wieder in die Saiten greift, dann kann es gar nicht anders sein. Dann bleibt ihm das. Inzwischen hat Sepp Huber die Siebziger erreicht, die Schulzeit längst hinter sich, auch mit seinem Beruf als Lehrer hat der heutige Kreisheimatpfleger mit dem fulminanten Schnauzbart abgeschlossen. Aber die Musik ist ihm geblieben. Seit 40 Jahren spielt er inzwischen mit seinen Freunden in der Weinberg Zithermusi zusammen, und das so erfolgreich, dass unlängst das Bayerische Fernsehen da war beim Huber in Sensau und auch bei den anderen drei Musikanten, und zum runden Geburtstag der Volksmusikgruppe eine Dokumentation gedreht hat.

Als Hubers Vater damals die Zither vom Speicher herunterzog, da war der Bua zwölf Jahre alt und die Eltern hatten beschlossen, dass es für ihn an der Zeit sei, ein Instrument zu lernen. Für die Ziach, die dem kleinen Sepp eigentlich vorschwebte, gab es in der Gegend keinen Lehrer, aber die Zither, die konnte der Vater spielen und zeigen, wie es geht. Und die Zither war es dann auch, in die sich Huber spontan verliebte. "Des is' mei' Instrument", habe er damals schon gesagt. Und das ist bis heute so geblieben, auch wenn es nicht mehr das damalige Exemplar ist, das der Musikant heute mit zu seinen Konzerten nimmt.

Denn vor vielen Jahren hat einer seiner Mitspieler, Roman Messerer, eine ganz besondere Variante des Saiteninstruments wiederentdeckt, die Kerschensteiner Zither. Ein außen verstrebter Klavierboden aus Fichte gibt ihr einen kräftigeren Klang, als ihn die neueren Modelle aus Palisanderholz oder Mahagoni haben. "Kürzer und knackiger" beschreibt ihn Huber. "Da braucht man schon eine kräftige Hand." Was ihm und seinen Kollegen aber entgegenkomme. "Die hörst du auch im Wirtshaus, wenn's recht laut ist - in der Stub'n machen sie an richtigen Krach." Wer es hingegen mehr mit der Klassik habe, der solle lieber eine neuere Zither nehmen, empfiehlt Huber.

Auch in der Sensauer Schmiede hat das Team des Bayerischen Fernsehens Aufnahmen von der "Weinberg Zithermusi" gemacht. (Foto: Privat)

Mit der Klassik hat die Weinberg Zithermusi eher weniger am Hut. Neben Sepp Huber und Roman Messerer gehören noch Christian Eisner und Hubert Blaser mit seiner Kontragitarre dazu. Aus Steinhöring, Antholing, Willing in der Westerhamer Gegend und Eglharting kommen die vier Musiker. "Dabei glauben die Bergler immer, wenn'st aus dem Ebersberger Raum kommst, dann kann des nix G'scheits sei", scherzt Huber.

Großes Vorbild der Weinberg Zithermusi sind die Wegscheider Musikanten, die sich in 20ern einen legendären Ruf erarbeitet und mehr als 50 Jahre lang zwischen Chiemgau und Isarwinkel in den Wirtsstuben aufgespielt haben. Natürlich mit Kerschensteiner Zithern, die damals noch Standard waren, heute aber so gut wie nicht mehr zu bekommen sind. Messerer hat damals eines der legendären Instrumente einem Holländer abgekauft, über ein Musikgeschäft in Bad Tölz. Hundert Jahre hat das jüngste Exemplar der Truppe schon in seinem Holzboden.

Mehr als 300 Jahre Musik- und noch ein bisschen mehr Ortsgeschichte waren also aufgeboten, als die Leute vom BR nun nach Sensau kamen, den schiefen Turm von Sankt Martin filmten und zum Abschluss ihrer Dokumentation erst in der Kirche und dann in der alten Schmiede ihre Kameras aufbauten, um die Zithermusi "bei der Arbeit" aufzunehmen. Zwischen antiken Schmiedezangen und rußgeschwärzten Wänden saß man noch bis weit in die Nacht hinein beim Bier, so erzählt es Huber, der sich nicht ganz sicher ist, wie die Rundfunkleute um Aufnahmeleiter Leonhard Schwarz mit ihrem Equipment an jenem Abend noch nach Hause gekommen sind. "Denen hat's recht gut gefallen bei uns", erzählt er lachend.

Insgesamt elf Aufnahmetage investierte das Fernsehteam in die Reportage zum Vierzigsten. Unbekannt sind die Weinberger ja im Bayerischen Rundfunk längst nicht mehr, in der Sendung "Mei liabste Weis" waren sie eingeladen, auch bei Elisabeth Rehm "In der Feldwies". 1998 haben sie 21 Lieder in den BR-Studios aufgenommen, die seither zum gängigen Volksmusikrepertoire des Senders gehören. Im Linzer Bruckner Haus haben sie ebenso gespielt wie im Erler Festspielhaus in Tirol, im Residenztheater und in der Münchner Musikhochschule. Huber erinnert sich: "Des war sehr beeindruckend, vor lauter Fachpublikum aufzutreten." Und dabei habe er in seiner Anfangszeit an der Zither trotz aller Mühen die linke Hand nicht spielen können, die für die Begleitsaiten zuständig ist. Bis ihn einmal ein Lehrer in der Schule gebeten habe, zu Weihnachten "Stille Nacht" zu spielen. Drei Wochen lang habe er darauf hin geübt - und es schließlich geschafft. "Da hab ich mich gefühlt wie ein Weltmeister."

Und jetzt kann sich Huber fast wie ein Fernsehstar fühlen, seit ihn ein Kameramann zu Hause gefilmt hat, wo er mit seinem alten Traktor über das Gelände des heimischen Bauernhofs getuckert ist. Dass der Kreisheimatpfleger nicht nur eine Vorliebe für alte Instrumente, sondern auch für historische Motoren hat, werden Kenner an diesen Aufnahmen sofort sehen - wenn sie denn nicht dem Schnitt zum Opfer fallen, schließlich haben die Filmleute auch bei den anderen Musikern zu Hause gedreht. Jedenfalls ist Huber mit seinem "Königstiger" zu sehen, ein Traktor der Firma Eicher aus den Fünfzigerjahren - für Fans das Höchste der Gefühle.

Wann genau die Reportage über die Weinberg Zithermusi im Bayerischen Fernsehen zu sehen sein wird, ist noch nicht entschieden. Irgendwann im kommenden Jahr, sagt Huber, "aber die Premiere soll es in der Schmied'n in Sensau geben". Die Filmleute freuen sich wahrscheinlich schon.

© SZ vom 07.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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