Volksbegehren zur Artenvielfalt:Es soll nicht gegen die Landwirte gehen

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Die Fehlsteuerung der Politik sei das Problem, weil Naturschutz, Umweltschutz und Tierwohl nicht ausreichend berücksichtigt würden, findet ein Leser

Zur Berichterstattung zum Volksbegehren für den Artenschutz:

Als Vorsitzender des LBV Ebersberg möchte ich hinsichtlich des Volksbegehrens zur Klärung beitragen. Das Volksbegehren richtet sich nicht gegen die Landwirte, sondern verurteilt die Verteilung der Subventionen. Die Fehlsteuerung der Politik ist das Problem, weil Naturschutz, Umweltschutz und Tierwohl nicht ausreichend berücksichtigt werden. Eine umwelt- und naturfreundliche Förderung muss dafür sorgen, dass nicht nur der Artenrückgang gestoppt wird, sondern damit auch das alles, was wir in den letzten Jahrzehnten bei Fauna und Flora verloren haben wieder möglichst ausgeglichen wird. Die Existenz der Landwirte darf dabei nicht gefährdet und der Weg zu mehr Ökologie muss belohnt werden.

Ich stehe auch voll hinter der Behauptung der Landwirte, dass ein Großteil unserer Gärten, insbesondere die modischen neueren Anlagen für die Natur katastrophale Auswirkungen haben. Das lässt sich aber nicht über Subventionen in die richtigen Bahnen lenken, sondern nur mit Aufklärung und Sensibilisierung, was das tägliche Brot der Naturschutzverbände ist. Ein wichtiger Schritt ist im Jahr 2018 unter dem Motto "Deutschland summt" als Auftakt bereits geschehen. Der dramatische Rückgang bei den Insekten hat viele Leute nachdenken lassen und als nächstes wäre die Umsetzung an der Reihe.

Noch finden sich gute natürliche Gebiete in unserer Landschaft, jedoch fehlt die Vernetzung dieser Flächen, was langfristig zur Schwächung des Gen-Pools (Inzucht) führt. Eine gute Vernetzung wären zum Beispiel Uferstreifen, denn Bäche und Flüsse sind die Lebensadern unserer Landschaft und genießen in allen anderen 15 Bundesländern besonderen Schutz. Bayern macht da eine unrühmliche Ausnahme, und ich frage mich warum? Jeder Bürger ist alljährlich mit 114 Euro (seiner Steuern) dabei um die Landwirtschaft zu subventionieren. Da ist es auch berechtigt, von der Politik zu verlangen, dass Natur- und Umweltschutz und Tierwohl eine zeitgemäße Berücksichtigung finden. Richard Straub, Kreisvorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz, Markt Schwaben

Die Maßnahmen helfen nichts

Es ist unlauter, das Volksbegehren unter dem Thema "Rettet die Bienen" zu bewerben. Die meisten der im Gesetzentwurf genannten Maßnahmen helfen den Bienen gar nichts. Jeder, besonders die Landwirte, befürwortet den Erhalt und Schutz der Bienen. Warum aber ausschließlich die Land- und Forstwirtschaft in dem Volksbegehren mit Einschränkungen belegt wird, kann nur daran liegen, dass von den tatsächlichen Ursachen abgelenkt wird. Welchen Sinn soll es haben, wenn im Gesetzentwurf gefordert wird, dass nach dem 15. März Grünland nicht mehr gewalzt werden darf? Viele Gebiete in Bayern sind zu dem Zeitpunkt noch mit Schnee bedeckt. Warum sind Himmelsstrahler und künstliche Beleuchtung nur im Außenbereich unzulässig und nicht generell? Wir leben auf einer Einöde inmitten von Wiesen und Feldern. Wir alle, besonders unsere Tiere auf der Weide, haben nicht den Eindruck, dass bei uns weniger Bienen, Wespen, Bremsen oder sonstige Insekten herumschwirren. Wir haben etwa 25 Brutkästen aufgehängt, die im Sommer voll belegt sind. Diese Vielfalt an Insekten und Vögeln habe ich am Stachus, am Marienplatz oder an den großen Möbelmärkten, noch nie erlebt.

Ich kann mich nicht erinnern, dass es in unserem Landkreis vor dreißig oder vierzig Jahren eine Diskussion über fehlende Artenvielfalt gab. Was hat sich in den letzten 40 Jahren im Landkreis Ebersberg verändert? Es gab das Bienensterben, verursacht durch die Varroamilbe, noch nicht! Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe hat sich fast halbiert. Vor vierzig Jahren gab es schon Glyphosat und damals hat noch kein Landwirt freiwillig einen Blühstreifen angelegt. Die Produktionsweise im Grünland wie im Ackerland wurde seither wesentlich zu Gunsten der Umwelt verbessert. Pflanzenschutzmittel und Handelsdünger werden fast nur noch in homöopathischen Mengen ausgebracht. Die Anzahl der biologisch wirtschaftenden Bauernhöfe hat sich in dem Zeitraum mindestens verzehnfacht! Das heißt für mich, dass der jetzt festgestellte Artenschwund an der Landwirtschaft nicht liegen kann! Jetzt frage ich mich, warum muss ausgerechnet die Landwirtschaft in ihrer Bewirtschaftung eingeschränkt werden, wenn auf dem Land mehr als genug Insekten und Vögel da sind? Was hat sich in dem Zeitraum in unserem Landkreis noch verändert? Die Bevölkerung ist von 80 000 auf 140 000 Einwohner angewachsen. Wir haben Gemeinden deren Einwohnerzahl sich seither verdoppelt hat. Es sind riesige Gewerbegebiete entstanden. Der Freizeitdruck in der weitgehend intakten Natur im südlichen Landkreis hat enorm zugenommen. Früher sah man in unserem Tal vereinzelte Spaziergänger mal mit einem Dackel mal ohne. Heute trifft man an einem sonnigen Tag viele Radfahrer, Reiter, Spaziergänger mit bis zu vier Hunden. Die Hunde laufen quer über die Wiesen, jagen Hasen und Rehe und scheuchen Vögel auf.

Warum gibt es in dem Volksbegehren keinen Passus, dass in Hausgärten und Rasenflächen jegliche nichtorganische Düngung und der Einsatz von Pestiziden verboten ist? Dass der Einsatz von Mährobotern untersagt wird, da weder Klee noch Löwenzahn, Kleintiere oder Igel eine Chance haben? Dass Rasenflächen verpflichtend mit Blühmischungen eingesät werden müssen? Warum wird der freie Verkauf von Insektiziden gegen Ameisen und Wespen nicht verboten? Warum gibt es keinen Passus mit einer generellen Anleinpflicht für Hunde in Landschaftsschutz- und Naturschutzgebieten?

Ich kann es Ihnen sagen, weil dann ein Aufschrei durch die Bevölkerung ginge, sich sofort Bürgerinitiativen dagegen zusammenfinden und niemand das Volksbegehren unterschreiben würde. Da knebelt man zur Beruhigung des Gewissens lieber die landwirtschaftliche Produktion und fliegt im Sommer wieder nach "Malle" oder unternimmt eine schöne Kreuzfahrt. Evelyn und Martin Lechner, Straußdorf

© SZ vom 05.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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