Vogelzählung:Gefiederte Gäste

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Immer weniger Vögel besuchen die Gärten im Landkreis. Auffällig rar macht sich inzwischen allerdings die Amsel

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Seinen Namen hat der Bluthänfling seinem Aussehen zu verdanken: Eine leuchtend karminrote Stirn und Brust zeichnen das Männchen dieser schmächtigen Vogelart aus. Früher seiner enormen Trällerkünste wegen gerne als persönlicher Singvogel verkauft, kommt der Bluthänfling hierzulande immer seltener vor und steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste. Mindestens ein Exemplar des Finkenvogels ist jedoch im Landkreis Ebersberg beheimatet, wie die Auswertung der Mitmachaktion "Stunde der Wintervögel" nun zeigt. "Eine sehr schöne Beobachtung", findet Sonja Dölfel vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Außerdem wurde der seltene Grauspecht im Landkreis gesehen. "Der ist zwar überall in Bayern heimisch, aber man sieht ihn kaum", sagt Dölfel.

Jeden Winter ruft der Verein gemeinsam mit dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) Freiwillige dazu auf, an einem Wochenende im Januar eine Stunde lang am Stück die Vögel in ihrem Garten zu zählen. Im Landkreis Ebersberg nahmen dieses Jahr 541 Naturbegeisterte an der Aktion teil und zählten rund 10 000 Vögel in ihren Gärten. Durchschnittlich 26 gefiederte Besucher hat jeder Garten im Kreis aufzuweisen. Am meisten gezählt wurden dabei Kohlmeisen, Feldsperlinge und Spatzen, dicht gefolgt von Amsel, Blaumeise und Buchfink. Damit deckt sich der Ebersberger Vogelarten-Trend größtenteils mit den bayernweiten Ergebnissen. Beispielsweise wurden noch nie so viele Stare in Bayern beobachtet wie dieses Jahr; in Ebersberg steht er auf Platz 30 der häufigsten Vögel, mit starkem Zuwachs. Eine Punktlandung,

ist er 2018 doch der Vogel des Jahres.

Als beunruhigend wertet der LBV jedoch etwa die Tendenz von Buch- und Grünfink, deren Zahlen seit Jahren zwar langsam, aber stetig abnehmen. Auch der drastische Rückgang von typischen Feldvögeln wie der Goldammer, die im Vergleich zum Vorjahr fast 40 Prozent abnahm, lässt erahnen, wie sehr den Vögeln der Eingriff der Menschen in die Natur zu schaffen macht. Im Landkreis Ebersberg etwa schaffte es die Goldammer nur auf Platz 30 der am häufigsten beobachteten Vögel. Vor allem den zunehmenden Flächenfraß, Monokulturen sowie den Einsatz von Agrargiften macht der LBV verantwortlich für den Artenrückgang.

Auf der Liste der im Landkreis beobachteten Federtiere finden sich auch exotisch anmutende Zeitgenossen wie die Heckenbraunelle, die Misteldrossel oder der Gartenbaumläufer. Wie man solche speziellen Vogelarten ohne ornithologische Vorkenntnisse voneinander unterscheiden kann? Ursula Kunz vom LBV Ebersberg, die auch an der Aktion teilgenommen hat, vertraut dabei ihrem Wissen als Biologin. "Und wenn ich mir mal nicht sicher bin, schlage ich es nach", sagt sie. Für die Zählung beobachtete Kunz mal mit Fernglas, mal ohne die piepsende und krächzende Schar in ihrem Garten, die sich besonders gerne vormittags an den Futterhäuschen einfindet.

Unter den üblichen Verdächtigen wie Feldsperlingen, Gimpeln, Türkentauben und Rabenkrähen entdeckte sie dieses Jahr zum ersten Mal auch einen Kernbeißer. "Der Kernbeißer hat ein prägnantes Aussehen", sagt Ursula Kunz, "er hat einen dickeren Schnabel und damit auch einen deutlich dickeren Kopf wie zum Beispiel ein Dompfaff."

Eine heimische Vogelart zieht sich immer mehr zurück aus Ebersberger Gärten: die Amsel. "In den letzten Jahren sind schon immer ein paar Amseln bei uns herum gehüpft", sagt Kunz, "heuer war aber nur eine einzige da." Auch Kollegen von ihr hätten diese Erfahrung gemacht.

© SZ vom 01.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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