Die Welt einmal mit anderen Augen zu sehen, im ganz wörtlichen Sinne, das macht nun eine neue Ausstellung in der Glonner Klosterschule möglich. Denn der Kulturverein hat Achim Booth eingeladen, in der Galerie auszustellen - und der nutzt die Gelegenheit, das Publikum in seine "persönliche Wahrnehmungswelt" zu entführen. Zum ersten Mal bestückt der Künstler aus Hohenthann eine Einzelausstellung nämlich nicht nur mit seiner Malerei, sondern auch mit Fotografien und Objekten. Doch so vielfältig Booths Kunst genretechnisch daherkommt, so klar umrissen ist das Thema: "Eine Idee von Landschaft" hat Booth die Ausstellung benannt, denn um Landschaft kreisen sämtliche Exponate. "All meine kreativen Ansätze einmal direkt miteinander zu kombinieren finde ich sehr spannend", sagt der 59-Jährige. Der Vernissage am Freitag, 27. September, um 19 Uhr blickt er dementsprechend erwartungsfroh entgegen.
Tatsächlich ist Achim Booth, geboren in München, ein kreativer Tausendsassa. Er ist gelernter Fotograf, hat Philosophie und Kunst studiert, nebenbei "immer schon geschrieben", in seinem Lebenslauf findet sich auch "der Versuch eines bohemienhaften Daseins", dazu gesellen sich diverse Reisen und Künstlergruppen. Heute lebt Booth mit seiner Familie in Hohenthann, arbeitet als freiberuflicher Künstler und Grafikdesigner. Und ja, der 59-Jährige ist immer noch ein Freigeist, von strengen, minimalistischen Kunst- sowie Ausstellungskonzepten hält er nicht viel. "Ich interessiere mich für fast alles, bin sehr offen und versuche dabei, meine eigene Sprache zu finden", sagt er. Die in künstlerischen Kreisen so oft gefeierte Reduktion, der könne er selbst nichts abgewinnen.
Wie schön! - ist man versucht auszurufen, denn Booth bietet in der Klosterschule ganz unverkrampft eine Schau der Fülle. Fast könnte man meinen, es drohe Reizüberflutung angesichts seiner vielen unterschiedlichen Werke, doch weit gefehlt. Denn was der Künstler zeigt, entstammt ausnahmslos dem Alltag, nichts Fantastisches oder Abstraktes stört diese Begegnung mit dem Bekannten. Was allerdings nicht heißen soll, dass hier keine Fantasie im Spiel wäre, es nichts Neues zu erfassen gäbe. Ganz im Gegenteil: Der Künstler will den Menschen gerade zeigen, was es in ihrem Umfeld alles zu entdecken gibt - wenn man nur ein bisschen anders, sprich genauer, hinsieht.
Booths Malerei ist weitgehend naturalistisch, meist angelehnt an Fotomotive zeigt er detailreiche Landschaften mit Bäumen oder Gewässern, mal mit Häusern, dann mit Menschen, Szenen tief im Wald, am Strand, im Park. Die ursprünglichen Fotos seien dabei oft nichtssagend, erklärt der Künstler, deswegen nutze er die Malerei: Nur mit ihr könne er aus einem realen Moment das Wesentliche herausarbeiten. Das, was ihn jeweils daran fasziniere. Das könne eine Stimmung sein, aber auch etwas anderes, die intensive Jugendlichkeit zweier Personen etwa. An der Staffelei schaffe er sich seine eigene Wirklichkeit, so Booth, durch Weglassen oder Hinzufügen, durch Bildkomposition oder entfremdende Details. Hier fliegen große Schmetterlinge vorbei, dort leuchten Lichtreflexe am Boden auf, ein ander Mal ragt ein Ast ins Bild hinein. Seinen Protagonisten bereitet Booth so stets eine vielsagende Bühne. Den Malprozess empfindet er dabei als eine Art Meditation, er sei ein konzentriertes, akribisches, minutiös geplantes Schaffen, Entschleunigung pur.
Ganz anders hingegen entstehen Fotos und Objekte. Booth zeigt wohlkomponierte Naturaufnahmen, in denen er sein großes Gespür für Licht, Rhythmus, Struktur und Material beweist. Außerdem hat er vor etwa einem Jahr die Land-Art für sich entdeckt, das unmittelbare, spontane Agieren in und mit der Natur. "Mittlerweile kann ich schon gar nicht mehr normal spazieren gehen", sagt der 59-Jährige und lacht, "immer bin ich auf der Suche und muss herumkruscheln". Booth sammelt alle möglichen natürlichen Materialien, Holz, Steine, Blüten, Blätter, und erschafft daraus unter freiem Himmel Objekte - mal sind es eher Skulpturen, mal eher Bilder, manche sind sehr flüchtig, manche etwas länger von Dauer - aber alle durch die Witterung der Veränderung unterworfen. Archaisches aus Stöcken, filigrane Blütenteppiche, Linien aus Steinen, gefrorene Blätter, die poetische Ornamente bilden. Und da kommt ebenfalls die Fotografie ins Spiel: Weil viele dieser Naturobjekte höchst vergänglich und nicht transportabel sind, setzt sie Booth mit der Kamera gekonnt in Szene. Mittels ungewöhnlicher Perspektiven, abstrahierender Vergrößerungen oder seriellen Arbeitens entstehen so wieder ganz eigenständige Werke von großer Ästhetik. In der Klosterschule ist Booths Land-Art-Projekt einerseits durch im Raum verteilte Objekte und andererseits durch Fotografien vertreten. Passend zur Ausstellung gibt es obendrein einen neuen Bildband dazu.
Doch das war noch nicht alles: Zur Vernissage ist eine Lesung geplant, aus Booths Roman "Mixtape - Ein Soundtrack", der sich mit der Studentenzeit eines Künstlers, seinen Visionen und der aktuellen Realität befasst. Als "ansatzweise autobiografisch" bezeichnet der Autor das Werk. Es bestehe aus zwei parallelen Storys, eine spiele an der Kunstakademie der 90er Jahre und eine im Hier und Jetzt. "Eine wirre, lustige Was-wäre-wenn-Geschichte". Eine weitere Einladung also, die Welt einmal mit ganz anderen Augen zu sehen.
"Eine Idee von Landschaft": Ausstellung von Achim Booth in der Klosterschule Glonn, Vernissage am Freitag, 27. September, von 19 Uhr an, zu sehen am 28./29. September sowie 3./6. und 5. Oktober jeweils von 11 bis 18 Uhr, oder nach Vereinbarung. Kontakt unter www.abo-kunst.de