Finissage am Sonntag:Ausstellung von Christian Endt vor dem Finale

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Eine weitere Serie ist dem Element Wasser gewidmet. Langzeitbelichtung ist das Geheimnis der mystischen Traumlandschaft irgendwo am Mittelmeer. (Foto: Christian Endt)

Der Fotograf Christian Endt zeigt im Grundbuchamt Ebersberg Arbeiten aus 30 Jahren: Die Ausstellung ist eine Hommage an die Natur - und nicht mehr lange geöffnet.

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Ist das nicht der Dings? War das nicht der Tag, an dem...? Man muss schon genau hinschauen, um all die Menschen wiederzuerkennen auf dem riesigen Wimmelbild aus Pressefotos von Künstlern, Sportlern, Kabarettisten und Musikern, Promis und Politikern. Eine Lupe mitzubringen, wäre vielleicht nicht verkehrt. Markus Bachmeier etwa, Ebersbergs Kulturchef, ist hier als jugendlicher Fußballer im Einsatz, Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer posiert nebst gigantischem Schlüssel für den Fotografen. Und Kabarettist Michael Altinger schaut aus, als habe er gerade Abi gemacht. Früher einmal war man jünger, auch das vermittelt diese Chronik in Bildern.

Für die Ausstellung, veranstaltet vom Verein "Die Sonntagsidee", im Grundbuchamt Ebersberg, hat SZ-Fotograf Christian Endt seine Lichtbildwerkstatt nach ungewöhnlichen, alltäglichen und erinnerungswürdigen Motiven durchforstet - das Zusammentreffen von Rezzo Schlauch und Paul Breitner bei einer Sonntagsbegegnung in Markt Schwaben etwa, wiederkehrende Ereignisse im Jahreslauf wie Weihnachtssingen, Faschingszug und Volksfest; auch Kurioses wie die - aus Sicht des Wirts missglückten, weil kaum besuchten - Misswahlen im Lokal Nix wie Hi ist dabei. Die Bilder, ein Kaleidoskop aus Nichtigkeiten und Wichtigkeiten, sind allesamt vor der Jahrtausendwende entstanden. Das Alter sieht man den Abzügen nicht an. "Keines war vergilbt", sagt Endt. "Alle habe ich selbst entwickelt."

Für die Ausstellung hat SZ-Fotograf Christian Endt seine Lichtbildwerkstatt nach ungewöhnlichen, alltäglichen und erinnerungswürdigen Motiven durchforstet. (Foto: Christian Endt)

Zwar ist die analoge Fotografie samt Labor und Chemie Geschichte. Eines aber bleibt immer gleich: Licht ist der Stoff, aus dem Fotografen - im Wortsinne "Lichtmaler" - schöpfen. Es ist das Licht, das eine Abenddämmerung am Meer erfahrbar macht. Es ist das Licht, das als Morgen- und Abendrot, als Dunst oder dramatisches Wetterleuchten die Welt verzaubert. Doch es ist der Fotograf, der kraft seiner Sinne, seiner Fantasie und seines Könnens die Facetten und Gaukeleien des Lichts einfängt, gestaltet, bearbeitet und für die Dauer einer kleinen Ewigkeit konserviert.

Privat fasziniert Christian Endt vor allem die Natur. (Foto: Christian Endt)

Christian Endt fühlt sich von jeher zur Natur hingezogen, auch von der Natur im eigenen Garten, in dem Wein, Kiwi, Äpfel und Birnen wachsen. Von der Natur lässt er sich inspirieren, sie schenkt ihm Ruhe. Das gilt auch für die Baumriesen, denen er eine Serie großer Formate gewidmet hat und die wie ein Meditationsbild das Auge bannen. Alt, weise und respektgebietend wirken sie, die verwachsenen, schrundigen Ölbäume, die Korkeichen, Kiefern und Edelkastanien, die er auf Sardinien, Formentera und Korsika entdeckt und quasi hautnah porträtiert hat.

Als Pressefotograf hält Christian Endt daskulturelle, sportliche und politische Leben im Landkreis fest. (Foto: Christian Endt)

Eine weitere Serie ist dem Element Wasser gewidmet. Langzeitbelichtung ist das Geheimnis der mystischen Traumlandschaft irgendwo am Mittelmeer. Das bewegte Wasser erscheint als ebene blaue Fläche, die Wellen brechen sich an einem braunen zerklüfteten Felsenriff, erinnern aber an Schleierwolken, die an ein Gebirge stoßen, das nicht von dieser Welt ist.

Mal ist es der Blick aufs große Ganze, wie auf den zahlreichen Panorama- und Luftaufnahmen von Ebersberg und Grafing, mal richtet Endt sein Objektiv auf die kleinen Dinge, auf alltägliche, wenig beachtete Gegenstände, die er zu Stillleben ordnet. Etwa die geschnörkelten Bistrostühle aus Metall, die zusammen mit dem Muster der holprigen Pflastersteine im kroatischen Poreč ein reizvolles grafisches Muster bilden.

Mal gestaltet und inszeniert Endt die Motive, mal drückt er im richtigen Moment auf den Auslöser. Eine Szene wie die des nassen Hundes, der mit dem Schwanz Wassertropfen in die Luft schleudert, kann man nicht stellen. Ebenso das Foto von der italienischen Macelleria, vor der zwei Männer in ein offenbar unangenehmes Gespräch vertieft sind. Auch wie man Leute verschwinden lassen kann, zeigt der 1968 in Steinhöring geborene Fotograf mit einer Panoramaaufnahme, die er mit einer einzigen, den ganzen Abend dauernden Langzeitbelichtung und mehreren Tageslichtfolien gemacht hat. Anlass war das Endspiel der Fußball-WM 2006, das im Klosterbauhof übertragen wurde.

Momentaufnahmen von den Kulturtagen des Kreisjugendrings in der Volksfesthalle waren es, mit denen Endt sich 1994 bei der SZ Ebersberg, damals Neueste Nachrichten genannt, beworben hat - und vom Fleck weg engagiert wurde. Zuvor hatte er eine Ausbildung beim Regionalfernsehen Rosenheim zum "lichtsetzenden Kameramann" absolviert und freiberuflich unter anderem für die Sender RTL und Sat1 gearbeitet. Die Motive der Bewerbungsfotos, schwarz-weiß, düster, stimmungsvoll, ziehen den Blick hinein in die Tiefe des Raums, an die Bar, auf zwei tanzende Hunde, auf ein schlafendes Baby, auf das Zifferblatt einer Kirchenuhr - es sind eindrucksvolle Dokumente einer viel zu schnell verstreichenden Zeit.

Fotoausstellung "30 Jahre Lichtbildwerkstatt" von Christian Endt im Ebersberger Grundbuchamt, Vernissage am Sonntag, 21. Oktober, von 11 bis 18 Uhr. Geöffnet sonntags, 28. Oktober, sowie 4. und 11. November, jeweils 11 bis 17 Uhr, am letzten Tag bis 16 Uhr. Die Finissage wird von 13 bis 15 Uhr musikalisch begleitet von "Jeremiah" und Christian Schantz.

© SZ vom 18.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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