Vermittler:Einer von allen

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Alexander Feldmann kümmert sich um das Verhältnis zwischen Helferkreisen und Behörden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Alexander Feldmann arbeitet im Ebersberger Landratsamt als Vermittler zwischen Behörden und Ehrenamtlichen im Bereich Asyl. Er kennt beide Seiten, weil er selber Flüchtlingspate ist

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Stell dir vor, du kommst in ein Land, dessen Sprache du nicht beherrschst. Immer wieder triffst du auf Menschen, die dir das Leben schwer machen; auf bürokratische Hürden, die du nicht verstehst. Und hin und wieder begegnest du Menschen, die dir eine Hand hinstrecken. Nun liegt es an dir. "Faszinierend", resümiert Alexander Feldmann, als er die Geschichte des jungen Eritreers erzählt, den er eine Zeit lang als Pate begleitet hat. Der heute 19-jährige Flüchtling hatte es mit Hilfe einer Lehrerin geschafft, innerhalb weniger Jahre fließend Deutsch zu lernen und schließlich die Realschule abzuschließen - als Klassenbester. Jetzt besuche er eine Fachoberschule mit dem Ziel zu studieren, so Feldmann. "Mich hat sowohl die Lehrerin beeindruckt, die sich für ihn so stark gemacht hat, als auch der Junge", sagt Feldmann, "er hat seine Chance genutzt." Er fügt hinzu: "Ein absoluter Einzelfall."

Die Seltenheit solcher positiver Geschichten ist jedoch Ansporn für den 30-Jährigen, der seit April dieses Jahres als Ehrenamtskoordinator im Bereich Asyl im Landratsamt Ebersberg tätig ist. Er sieht vor allem das Potenzial der Flüchtlinge. "Viele Menschen, die hierher kommen, haben eine Berufsausbildung", sagt Feldmann, "sie importieren nicht nur ihre negative Erfahrungen von den Odysseen, die sie oft hinter sich haben, sondern auch ihre Fähigkeiten." Feldmann spricht schnell und ohne Zögern; man merkt: Hier weiß einer, was er will.

Wenn er wollte, könnte er auch ins Referendariat gehen und Lehrer werden: Feldmann studierte Wirtschaftspädagogik an der Universität Bamberg und promovierte zum Thema "Partizipation, Bildung und Arbeit im Nahen Osten und Ostafrika - Bedeutung der Erfahrungen aus den Herkunftsländern für die Integration berufsschulpflichtiger Flüchtlinge". Seine Leidenschaft für orientalische Kulturen entdeckte er schon als Teenager. "Seit ich 16 bin, interessiere ich mich für den Nahen Osten", erzählt Feldmann. Vor allem die Heterogenität von Kultur, Sprache und Religion auf engstem Raum begeistere ihn. Seit 2010 reiste er nach Israel, in den Libanon, nach Ägypten und verbrachte dort eine Mischung aus Urlaub und Forschungsaufenthalt. "Ich habe viel mit den Menschen dort gesprochen, die Gegebenheiten vor Ort analysiert", sagt Feldmann, "was einen starken Eindruck bei mir hinterlassen hat: Die persönlichen Bindungen sind dort wesentlich stärker als bei uns." Mit dem vermehrten Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland kam ihm die Idee, das Wissen über diese Region, das er sich privat angeeignet hatte, auch einzusetzen.

Die ausgeprägte Freundschaft und Zuverlässigkeit, die er im Nahen Osten kennengelernt hat, erlebe er auch ein Stück weit in seiner Arbeit mit den Ehrenamtlichen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, sagt Feldmann: "Unglaublich, wie sich Menschen füreinander einsetzen, die sich vorher nie gesehen haben." Auch Feldmann selbst arbeitet schon lange Jahre ehrenamtlich für Flüchtlinge. Momentan betreut der Wahl-Münchner zwei Eritreer. Seine Erfahrung komme ihm bei seiner jetzigen Arbeit mit den Ehrenamtlichen zugute, so Feldmann: "Ich kenne beide Perspektiven - die ehrenamtliche und die behördliche. Ich bin einer von ihnen." Eine gute Grundvoraussetzung; vor allem, weil sich die Zusammenarbeit zwischen dem Landratsamt Ebersberg und den Helferkreisen in der Region in den letzten Jahren teilweise schwierig gestaltet hatte.

Zu seinem Amtsantritt besuchte Alexander Feldmann erst einmal alle Initiativen im Landkreis, weil er die Menschen, mit denen er oft nur via Email Kontakt hatte, auch persönlich kennenlernen wollte. Positiv überrascht habe ihn nicht nur das Engagement der Ebersberger, sondern vor allem die Beständigkeit ihrer Hilfsbereitschaft. "Die meisten Helfer sind schon Experten", sagt Feldmann, "denen kann ich zum Beispiel über Flüchtlingsrouten kaum was Neues erzählen."

Um den Dialog zwischen Ehrenamtlichen und Behörden zu verbessern, hat Feldmann schon einige Projekte angeschubst. Beispielsweise kann bei der offenen Sprechstunde am Donnerstag jeder Interessierte mit Anliegen aus dem Bereich Asyl auf Feldmann zukommen. Mittelfristig soll das Dialogforum Asyl ausgebaut werden, das halbjährlich stattfindet: Hat ein Helferkreis etwa Fragen zum Thema Arbeit, werden Ansprechpartner vom Jobcenter mit eingebunden. Außerdem sei sein Job die Ausdifferenzierung, was Haupt- und was Ehrenamt ist, sagt Feldmann: "Viele Ehrenamtliche haben das Gefühl, dass sie zu etwas verpflichtet sind." Dabei engagierten sie sich aus Nächstenliebe und Freiwilligkeit. Die Frage sei: Wo können die Behörden sie unterstützen? "Wir sehen hier auch unsere Grenzen", so Feldmann, "manches müssen die Ehrenamtlichen einfach selbst entscheiden."

© SZ vom 17.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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