Vereine im Landkreis:"Vor 2023 kein normales Vereinsleben"

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Die Soldaten- und Kriegerkameradschaft Ebersberg musste jüngst ihren Jahrtag absagen und plant für das laufende Jahr keine weiteren Veranstaltungen mehr. Für den Ersten Vorsitzenden Peter Fleischer ist das nichts weniger als eine Katastrophe

Interview von Aurelia Hennes

Die Soldaten- und Kriegerkameradschaft Ebersberg (SKK) musste ihren eigentlich für 17. Januar geplanten Jahrtag absagen. Nach Aufhebung der aktuellen Beschränkungen soll er aber zu einen passenden Zeitpunkt nachgeholt werden. Wann das sein wird, ist offen, bei der SKK rechnet man offenbar nicht mit baldiger Besserung: In diesem Jahr sind keine weiteren Veranstaltungen geplant. Was das für den Verein bedeutet und wie die Zukunftsperspektiven aussehen, darüber spricht der Erste Vorsitzende der SKK, Peter Fleischer, im Interview mit der Ebersberger SZ.

SZ: Herr Fleischer, kann man sagen, dass Sie das Jahr 2021 bereits abgeschrieben haben?

Peter Fleischer: Das Jahr 2021 ist für uns auf jeden Fall abgeschrieben. Wir planen für dieses Jahr keine Veranstaltungen mehr ein. Außer, die Corona-Lage lässt es zu, dass wir die Versammlungen nachholen können. Es ist eine Katastrophe. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dieses Jahr der Tag der Bundeswehr im Juni stattfinden wird. Letztes Jahr mussten wir auch schon vieles absagen, wir konnten gerade noch im Januar unsere Jahreshauptversammlung abhalten und alle Veranstaltungen danach mussten wir absagen und das waren nicht wenige. Zum Beispiel unsere große Australienreise, die mit 24 Leuten ausgebucht war, unser Karabiner- und Kleinkaliberschießen, sowie im Oktober eine viertägige Reise in das Frankenland. Außerdem natürlich alle örtlichen Veranstaltungen wie das Fronleichnamsfest, und den Volksfesteinzug, wo wir mit unserer Fahnenabordnung am Festzug teilgenommen hätten. Zumindest die Feier zum Volkstrauertag konnte in einem stark minimierten Rahmen stattfinden: ohne Fahnenabordnung, nur mit der Kranzniederlegung. Dieses Jahr wären eigentlich auch einige Veranstaltungen gewesen, aber man darf sie halt nicht machen. Das tut schon weh, aber ich habe es schon lang kommen sehen. Im Herbst vergangenen Jahres habe ich bereits zu den Vorstandsmitgliedern gesagt, dass wir uns darauf einstellen können, dass es auch in 2021 nichts wird mit unseren Veranstaltungen. Die Absagen sind dann natürlich auch mit größeren Kosten verbunden: Wenn ich wo reserviere oder buche, und erst kurzfristig absagen kann, zahle ich meistens trotzdem einen Teil.

Durch Veranstaltungen werden wahrscheinlich auch Interessierte auf die Soldaten- und Kriegerkameradschaft aufmerksam. Erreichen den SKK trotz der aktuellen Rahmenbedingungen neue Mitgliedsanträge?

In 2020 hatten wir keine einzige Neuaufnahme, und wahrscheinlich können wir auch dieses Jahr keine neuen Mitgliedsanträge erwarten. Wenn man es so sagen kann: Traditionsvereine wie die Soldatenkameradschaften erhalten in der letzten Zeit ja keinen Nachwuchs mehr. Seitdem die Wehrpflicht abgeschafft worden ist, erhält man nur noch wenig Zuspruch. Auch die Denkmäler zu pflegen und an die Kriegsfolgen zu erinnern: Daran flacht das Interesse immer mehr ab. Schon langsam kommen die Urenkel in ein Alter, in dem sie solchen Vereinen beitreten würden, circa zwischen 18 und 35 Jahren. Aber da ist einfach niemand mehr da, der sich dann an seinen Opa erinnert oder erinnert wird. Deswegen verflacht das eben. Es ist bitter, derzeit haben wir nur noch 323 Mitglieder. Bevor die Wehrpflicht abgeschafft worden ist, war unser Höchststand bei fast 550 Mitgliedern! Das nimmt kontinuierlich ab. Natürlich liegt das auch daran, dass Leute sterben, oder sie austreten, weil sie umziehen oder eben aus anderen Gründen. Und so sinken die Zahlen. Dazu kommt, dass keine neuen Mitglieder nachkommen. Die Leute wollen sich nicht mehr in Vereinen engagieren, das merkt man in jedem Verein, nicht nur bei uns.

Wie sehr leidet das Vereinsleben unter der Pandemie? Wie bleiben Sie mit dem Mitgliedern in Kontakt?

Wir treten mit unseren Mitgliedern per Post oder per Mail in Kontakt. Aber die Problematik ist: Was will ich den Mitgliedern mitteilen, wenn keine Veranstaltungen stattfinden? Ich kann ja nicht schreiben: "Liebe Mitglieder, ich habe euch nichts mitzuteilen." Und weil Sie fragen, wie sehr das Vereinsleben unter der Pandemie leidet: Das Leiden wird da natürlich sehr groß. Es ist schade, dass das Vereinsleben durch die Pandemie so sehr eingeschränkt worden ist, und dadurch stirbt langsam, aber sicher der Kontakt.

Was glauben Sie, bedeutet eine Vereinigung wie der SKK den Mitgliedern in der aktuellen Zeit?

Ja, gute Frage, was will man eben machen, wenn man nicht zusammenkommen kann und zum Beispiel auch kein Gedenken am Volkstrauertag abhalten kann. Der Zusammenhalt der jetzigen Mitglieder ist aber auf jeden Fall da, in 2020 sind nur drei Mitglieder ausgetreten. Aber das kommt nun mal davon, dass wir derzeit nichts anzubieten haben. Wir haben ja nur zwölf Euro Jahresbeitrag. Das dürfte kein Grund sein, dass jemand wegen dieser Gebühr austritt. Sonst haben wir halt immer diverse Vorträge, Ausflüge, Fahnenabordnungen und an Festen teilgenommen - das geht halt zurzeit alles nicht.

Mit welcher Einstellung blicken Sie in die Zukunft des SKK? Wird der SKK so, wie man ihn vor der Pandemie kennt, weiterhin bestehen können?

Wir schauen trotz allem immer optimistisch in die Zukunft. Aber es wird eine schwierige Zeit werden. Solange nicht wieder so eine Zeit kommt, dass man uneingeschränkt und mit Freude zusammenkommen kann, wird jegliches Vereinsleben ausgebremst werden. Nicht nur bei uns, sondern bei allen Vereinen. Wir hoffen, dass die Maßnahmen wie das Impfen etwas bringen und dass wir dann vielleicht im Jahr 2022 wieder bisschen aktiver werden können. Vor 2023 rechne ich aber nicht mit einem normalen Vereinsleben, so wie wir es kennen. Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass 2021 kein normales Vereinsleben stattfinden kann, 2022 wird es langsam aufwärts gehen, und dann müssen wir weiterschauen.

© SZ vom 20.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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