Vaterstetten:Rettung im Morgengrauen

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Bürgerprotest erfolgreich - Baldhamer Ehepaar bewahrt 60 Jahre alte Kastanie vor der Fällung.

Karin Kampwerth

Der spontanen Rettungsaktion eines Baldhamer Ehepaares ist es zu verdanken, dass eine 60 Jahre alte Kastanie auf einem Kinderspielplatz im Igelweg Dienstagfrüh nicht von Bauhofmitarbeitern gefällt worden ist. Der Baum darf nun im Sommer weiter Schatten spenden und im Herbst Kastanien zum Basteln abwerfen.

Als Carolin und Robert Fränkel am Dienstagmorgen um kurz nach halb acht mit ihren beiden Söhnen das Haus verlassen, trauen sie ihren Augen nicht. Wenige Meter weiter vor dem Spielplatz, den die drei und sechs Jahre alten Buben mit ihren Freunden zum Herumtollen nutzen, steht ein orangefarbenes Gemeindefahrzeug mit Kran und Fällgreifer auf der Ladefläche.

Eine Birke, die direkt neben dem Spielplatzeingang an einer Parkbank stand, ist der Motorsäge der Bauhofmitarbeiter bereits zum Opfer gefallen. Angeblich habe sie gefault. "Die Kastanie kommt gleich auch noch dran", hätten die Gemeindemitarbeiter den Fränkels auf Nachfrage mitgeteilt. Das Ehepaar ist fassungslos. "Den Kindern rannen dicke Krokodilstränen über die Wangen", erzählt Robert Fränkel, der noch ein Stück Birkenstamm retten kann und später die honigfarbene Schnittfläche herzeigt: "Da ist doch nichts faul."

Die Eltern sind sich einig, dass sie die Fällung der Kastanie nicht zulassen wollen. "Im Herbst kommen selbst noch vom Fuchsweg die Kinder her, um Kastanien zu sammeln", erzählt Carolin Fränkel. Und an heißen Tagen schütze das dichte Laub die Kleinen, die auf dem darunterliegenden Kletterturm spielen, vor der Sonne. "Sonst ist hier ja nirgendwo Schatten", sagt Carolin Fränkel und deutet auf den großzügigen Spielplatz mit Wipptieren, Rutsche, Kraxelsteig und Sandkasten. Sie und ihr Mann befürchten einen Kahlschlag, nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder umstehende Bäume gefällt worden seien. "Dabei könnte man doch die Krone einfach etwas ausdünnen, wenn man Angst hat, dass die Äste brechen könnten", ist Robert Fränkel überzeugt.

In Windeseile informieren die Fränkels ihre Arbeitsstätten, Carolin Fränkel bringt die Söhne in den Kindergarten und fährt umgehend ins Rathaus. Dort beschwert sie sich bei Bürgermeister Robert Niedergesäß, der zusichert, noch am Vormittag die Kastanie persönlich zu begutachten. Die gefährde spielende Kinder, erklärt Baumfachwirtin Petra Gabler später, weil sich der dicke Stamm auf Höhe von 1,70 Metern in vier kleinere Stämme teilt. Wenn die Kastanie belaubt sei und es stürme, könne einer der Stämme brechen und herunterfallen.

Der Bürgermeister erscheint dann zwar doch nicht. Er schickt aber neben Petra Gabler Umweltamtschef Wolfgang Kuhn und Baubetriebshofleiter Gerd Jansen mit guten Nachrichten in den Igelweg. "Wir werden die Kastanie nicht fällen. Sie bekommt eine Kronensicherung", sagt Kuhn und zeigt sich nebenbei fast erfreut über den Protest des Ehepaares. "Es ist schön, dass es Menschen gibt, die positiv Anteil daran nehmen, was mit Bäumen geschieht." Und Baumfachwirtin Petra Gabler räumt ein, dass sie seit zwei Jahren die Kastanie "umkreise", Nun seien die Sicherheitsbedenken zu groß gewesen.

Bei aller Freude bleibt den Fränkels ein kleiner Nachgeschmack. Denn die Gemeinde hätte der Rettung der Kastanie offenbar von vornherein Priorität einräumen können. Das aber kostet Geld, weil ein Fachmann für die Sicherung der Krone mit einem stabilen Drahtseil beauftragt werden muss. "Wirtschaftlicher wäre es gewesen, sie zu fällen", sagt Kuhn.

© SZ vom 29.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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