Urteil:Treppensturz mit Folgen

Lesezeit: 2 min

Amtsgericht verurteilt 36-Jährigen wegen häuslicher Gewalt zu Bewährungsstrafe

Von Amelie Hörger, Ebersberg

Dass eine Diskussion zwischen Lebensgefährten zu einen hitzigen Streit führen kann, ist ja nicht ungewöhnlich. Auch die Tatsache, dass beide nicht mehr genau wissen, warum der Streit überhaupt entbrannt ist, kann vorkommen. Fliegende Fäuste und Fernbedienungen haben dagegen keinen Platz bei einer Auseinandersetzung - dafür dann aber später vor dem Amtsgericht Ebersberg.

Als "asoziale Assischlampe" hatte der Angeklagte sie bezeichnet, gab die Zeugin zu Protokoll. In diesem Punkt waren sich die beiden ehemaligen Lebensgefährten einig. Auch, dass der Streit laut, mit vielen Beleidigungen und Schlägen von beiden Seiten ausgetragen wurde, ist unumstritten. "Wir haben beide was abgekriegt", sagte der Angeklagte, und seine frühere Freundin, die emotional aufgewühlt in den Zeugenstand trat, bestätigte dies mit leiser Stimme. Was jedoch danach geschehen ist, blieb ein Streitpunkt.

Der 36-Jährige aus dem südlichen Landkreis, der ohne Verteidiger vor Gericht erschien, bestand darauf, dass es sich um einen Unfall gehandelt habe. Seine Partnerin sei mit der gemeinsamen Tochter in den Keller gegangen, auf der marmornen Wendeltreppe ausgerutscht und habe sich so nicht nur selbst einige Prellungen zugezogen, sondern durch ihren Sturz auch die Tochter verletzt. Er habe in der Zeit auf der Couch gesessen und eine Wiederholung der Bundesliga angesehen, so die Aussage des Angeklagten.

Durch die sehr detaillierte, dem Polizeibericht gleichende Erklärung der Zeugin, ergab sich jedoch ein anderer Sachverhalt. Er habe sie getreten, wodurch sie die Treppe hinunterstürzte, sagte die Frau und begann zu weinen. Der Angeklagte neben ihr vergrub unterdes sein Gesicht fassungslos in den Hände. Immer wieder ging er die Zeugin scharf an, sie möge doch die Wahrheit sagen, er habe sie nicht getreten. Mehrmals musste er von der Richterin ermahnt werden, die Befragung der Zeugin nicht zu unterbrechen.

"Ich weiß eigentlich noch alles", sagte die 30-Jährige. Diesen Eindruck bekamen wohl auch die Staatsanwaltschaft und die Richterin. Beide erklärten die Aussage der Zeugin für glaubwürdig, da sie "Details punktgenau einsortieren" könne, so die Begründung von Richterin Vera Hörauf. Die Staatsanwaltschaft beantragte aufgrund der Schwere der Körperverletzung sowie dem bereits ansehnlichen Vorstrafenregister des Angeklagten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, plus eine Geldauflage von 3000 Euro.

Etwas milder fiel das Urteil aus: Der 36-Jährige, der im Laufe der Verhandlung zunehmend verstimmt wirkte, bekam neun Monate auf Bewährung und eine Zahlung von 1500 Euro an den Verein Kinderhilfe. Ungehalten über dieses Urteil verkündete er dem an diesem Tage rein weiblich besetzen Gericht: "Da sitzen drei Frauen und nur, weil sie ein bisschen heult, wird ihr gleich geglaubt." Die Richterin erwiderte: "Ich finde es persönlich eher negativ und theatralisch, wenn Zeugen weinen" und riet dem Angeklagten, er könne Rechtsmittel einlegen, sollte er unzufrieden mit dem Urteil sein. Immer noch fassungslos und kopfschüttelnd entgegnete dieser, das würde doch nur noch mehr Geld kosten.

© SZ vom 14.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: