Themenwoche Demenz:Mitten im Geschehen

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Das große Vergessen ist Thema einer Reihe von Veranstaltungen in ganz Bayern. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Gemeinde Taufkirchen an der Vils hat in den vergangenen Jahren einiges an Inklusionsarbeit geleistet. Katharina Gaigl berichtet von der Entwicklung zur demenzfreundlichen Gemeinde

Von Valentina Antonucci, Ebersberg

Betretenes Schweigen erfüllt den Raum, nachdem Katharina Gaigl ihren Vortrag beendet hat. Ihr Thema hatte sie mit einer Passage von Richard Taylor, einem ehemaligen Psychologieprofessor, der an Demenz erkrankt ist, eingeleitet. Er schreibt davon, dass er nicht länger als unmündig angesehen, sondern endlich wieder ernst genommen werden wolle, ganz gleich, inwieweit die Krankheit ihn verändert habe. Ein wichtiger Punkt, denn egal, wie gut man es mit Demenzkranken auch meint, man darf nicht vergessen, dass sie erwachsene, respektable Personen sind.

Wie man dafür sorgen kann, dass Menschen mit Behinderung oder einem intensiveren Pflegebedürfnis trotzdem gleichberechtigt und selbstbestimmt am Gemeindeleben teilnehmen können, erklärte Katharina Gaigl vom Caritas Mehrgenerationenhaus aus Taufkirchen an der Vils. Die Gemeinde arbeitet seit Anfang 2015 daran, das Leben in ihrem Ort so zu verändern, dass sowohl geistig als auch körperlich eingeschränkte Menschen bestmöglich daran teilhaben können. Von ihren Erfahrungen berichtete die Referentin am Dienstag in ihrem Vortrag "Der Weg zur demenzfreundlichen Gemeinde" während der Themenwoche Demenz im Ebersberger Landratsamt.

Der wichtigste Punkt sei die Vernetzung zwischen den einzelnen Akteuren , also der Gemeinde, der Caritas, den Altenheimen und Schulen sowie dem Seniorenbeirat und dem Klinikum, sagte Gaigl. Neben vielen verschiedenen Beratungsstellen gebe es in Taufkirchen eine "Seniorenlotsin", die unter anderem eine Fortbildung im Bereich Wohnungsanpassung absolviert habe und so Betroffenen auch direkt vor Ort dabei helfen kann, ihr zu Hause hindernisfrei umzugestalten.

Auf Barrierefreiheit wird in Taufkirchen allgemein viel Wert gelegt. Zum Lehrplan des frisch eingeführten Wahlfaches "Soziales Lernen" der ortsansässigen Realschule gehört mehrmals im Jahr ein Rundgang durch den Ort, bei welchem die Schüler gelegentlich auch einen Alterssimulationsanzug tragen oder mit dem Rollstuhl unterwegs sind. Voll ausgerüstet haben sie dann einige alltägliche Aufgaben zu erfüllen, wobei sehr schnell erkennbar wird, wo Verbesserungsbedarf besteht. Seit 2017 nehmen Betroffene und Gemeindevertreter an der Ortsbegehung teil. Dies ist Gaigl zufolge jedoch nicht der einzige Berührpunkt zwischen Schülern und Demenzkranken. Aufgrund der Nachbarschaft von Realschule und Altersheim gebe es viele gemeinsame Feste und Konzerte oder Aktivitäten, zum Beispiel Kuchenbacken. Auch im Mehrgenerationenhaus der Caritas werden viele Zusammenkünfte verschiedenster Art organisiert, um Menschen zusammen zu bringen. Dafür gibt es einen eigenen Fahrdienst, um wirklich allen eine Teilnahme zu ermöglichen. Aber nicht nur soziale Einrichtungen engagieren sich, auch Bibliotheken oder die Landjugend tragen ihren Teil dazu bei. "Inklusion ist in Taufkirchen ein Thema, das alle umsetzen wollen", sagte Gaigl.

"Um Demenzkranke in das Gemeindeleben integrieren zu können, ist das Wissen über ihre typischen Verhaltensweisen und Probleme essenziell. Denn Demenz ist nicht der Untergang, man muss nur lernen damit umzugehen", machte Gaigl am Ende Mut, sich auch positiv mit der Erkrankung auseinanderzusetzen.

© SZ vom 07.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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