Tag der Gleichstellung:Hilfe für alle

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Zum europäischen Tag der Gleichstellung können sich Ebersberger an einem Informationsstand davon ein Bild machen, wie barrierefrei ihre Stadt ist. Klar wird, dass davon nicht nur alte und behinderte Menschen profitieren

Von Sebastian Hartinger, Ebersberg

Der Begriff Barrierefreiheit ist vielen geläufig, wie wichtig er für manche Menschen aber ist, wird oft nicht erahnt. Erst wenn jemand selbst betroffen ist, sieht er, wie ein kleines Hindernis, eine zu hohe Kante oder ein unebener Untergrund, zur Tortur werden kann. Anlässlich des Europäischen Projekttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung baute die Offene Behindertenarbeit (OBA) des Bayerischen Roten Kreuz zusammen mit dem Ebersberger Seniorenbeirat einen Infostand vor dem Einkaufszentrum in Ebersberg auf.

Barrierefreiheit bedeutet, die Umwelt so zu gestalten, dass Menschen mit Beeinträchtigung diese ohne Einschränkung nutzen können. Ziel der OBA ist es, Ebersberg barrierefrei zu machen. Um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, konnten die Interessierten in einem Parcours ausprobieren, wie es sich anfühlt, an einen Rollstuhl gefesselt zu sein. Die ersten zwei Hindernisse, zwei Holzplatten, stellen kein großes Problem dar. Erst auf dem Kopfsteinpflaster wird es unangenehm. Hier bekommt man Verständnis dafür, warum Rollstuhlfahrer darauf nicht gerne fahren. Fabian Kraemer freute sich über das große Interesse der Aktion bei den Ebersbergern. Um die 150 hätten sich bereits erkundigt, berichtete Fabian Kraemer von der OBA zur Halbzeit der Aktion, die am Mittwoch von 15 bis 18 Uhr stattfand. Die Besucher wurden gebeten, an einer Tafel in Form von Aufklebern zu bewerten, wie barrierefrei Ebersberg ist. Die meisten sahen diese als mittelmäßig an.

Benedikt probiert aus, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Das Kopfsteinpflaster im Klosterbauhof wird als störend empfunden", sagte Kraemer. Außerdem wird kritisiert, dass es am Bahnhof keine Behindertentoiletten gibt. Wenn am Wochenende das Einkaufszentrum geschlossen habe, sei die nächstgelegene Behindertentoilette auch nicht zugänglich, erklärte Monika Samii-Pichlmeier, Behindertenbeauftragte der Stadt. Ein Ärgernis ist auch der Gehsteig in der Nähe der Sparkasse. "Mit dem Rollstuhl kommt man da nicht drüber", sagte sie.

Thomas John, Vorsitzender des Seniorenbeirats Ebersberg, berichtete von einer weiteren Idee, die den Alltag von behinderten Menschen, aber auch von Senioren, erleichtern könnte. Mit einem Sender am Schlüsselbund, der an den Drücker einer Ampel gehalten wird, bleibe diese länger grün, um die Straße zu überqueren.

Der Infostand diente auch zur Kontaktaufnahme. Willi Slowaczek, Gemeinderat in Steinhöring, informierte den Seniorenbeirat und die Behindertenbeauftragte darüber, dass die Bahn die Möglichkeit, an nicht barrierefreien Bahnhöfen Rampen anzuschaffen, aus Kostengründen ablehne.

Zu den Besuchern des Infostandes zählte auch Ebersberg Zweiter Bürgermeister Toni Ried. "Es kann keine Stadt geben, die komplett barrierefrei ist, aber wir versuchen es so gut wie möglich zu machen", versprach Ried das Engagement der Stadt. Er selbst habe schon mal eine Rollstuhlfahrt ausprobiert. "Danach hat man einen ganz anderen Blick auf das Thema." Auch Robert und Martin, beide geistig benachteiligt, zeigten sich begeistert davon, wie alle gemeinsam das Thema anpacken würden. Sie konnten sich zusätzlich noch darüber freuen, beim Gewinnspiel etwas gewonnen zu haben.

Bei all den positiven Ideen wies Kraemer dennoch auf ein weiteres Problem hin. Das Absenken der Gehwege sei für Rollstuhlfahrer wichtig, für Blinde dafür gefährlich. Sie benötigten die Kanten als Orientierungshilfe. Hier müsse ein geeigneter Kompromiss gefunden werden.

Insgesamt zogen die Veranstalter ein positives Fazit, Ebersberg sei für die Barrierefreiheit sehr offen. Die Erkenntnisse, die am Mittwochnachmittag gesammelt wurden, werden zusammengefasst, und der Stadt übergeben, erklärte Kraemer. Die Maßnahmen würden auch Mütter mit Kinderwagen und älteren Leute zugute kommen, betonte er. "Barrierefreiheit schadet niemanden und hilft allen."

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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