SZ-Serie: Der Sport im Ort:Bloß keine weißen Trikots

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Der "zwölfte Mann" ist beim TSV Emmering eine Frau: In ihrem Keller wäscht die 80-jährige Maria Hoiß seit 50 Jahren die Trikots der Fußballer. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit 50 Jahren kümmert sich Maria Hoiß um die Dressen beim TSV Emmering. Dafür wird sie nun vom DFB geehrt

Von Andreas Junkmann, Emmering

Wenn Maria Hoiß die Tür zu ihrem Keller öffnet, liegt sofort der süßlich frische Geruch von Waschmittel in der Luft. Gerade an den Wochenenden laufen die beiden Maschinen dort unten auf Hochtouren. Dann, wenn für die Kreisliga-Fußballspieler aus Emmering bereits Abpfiff ist, geht für die 80-Jährige die Arbeit erst so richtig los. Seit etwa 50 Jahren kümmert sich Hoiß ehrenamtlich um die Dressen der TSV-Kicker - und dafür wird sie am Samstag im Rahmen des Bundesligaspiels zwischen dem FC Bayern und Freiburg vom Deutschen Fußballbund (DFB) mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.

Spricht man bei einem Verein von einer guten Seele, dann trifft das beim TSV Emmering auf Maria Hoiß zu. Ihr Mann Josef war früher Spartenleiter und "Mädchen für alles", wie Hoiß heute sagt. "Irgendwann ist er dann mit den Trikots dahergekommen und hat mich gefragt, ob ich die nicht waschen kann." Das war vor einem halben Jahrhundert. Seither hat Maria Hoiß unzählige Leiberl, Hosen und Stutzen in ihrem Keller wieder auf Vordermann gebracht - und das zeitweise von bis zu zehn verschiedenen Mannschaften pro Wochenende. "Da ist die Waschmaschine dann Tag und Nacht durchgelaufen." Inzwischen kümmert sich Hoiß "nur" noch um die Trikotsätze der ersten und zweiten Mannschaft. Doch auch da hat sie alle Hände voll zu tun, gerade wenn die Saison auf die Winterpause zugeht und die Plätze immer matschiger werden. "Ich hab zur Vorstandschaft schon oft gesagt: Kaufts bitte keine weißen Trikots. Die bekommt man einfach nicht richtig sauber." Schlecht nur, dass die Vereinsfarben des TSV Emmering nun mal grün und weiß sind.

Immerhin das Material der modernen Trikots kommt Hoiß entgegen. Die seien jetzt viel pflegeleichter als die alten Baumwollhemden. "Und die Hosen waren ja früher aus Leinen. Deswegen hab ich die nach dem Waschen auch noch gebügelt." Da aber selbst das modernste Material nicht vor hartnäckigen Grasflecken schützt, werden die "besonderen Härtefälle" vor dem Waschgang noch eingeweicht. "Mit einem Schuss Pril dazu, dann geht der Fleck bestimmt raus", weiß Hoiß aus jahrelanger Erfahrung. Und dann sind da auch noch die Stutzen: "Die meisten wissen mittlerweile, dass sie die nach dem Spiel selber umdrehen müssen." Aber ein paar so Kandidaten gebe es dann doch immer wieder - und dann muss Hoiß eben selbst ran. "Aber mir macht's ja trotzdem Spaß. Sonst würde ich das Ganze ja nicht schon so lange machen."

Dass die Emmeringer Fußballer auf dem Platz ordentlich daherkommen, ist der 80-Jährigen immer noch wichtig. "Da muss ich mich ja sonst schämen, wenn die mit dreckigen Dressen spielen." Sie selbst sieht ihre Schützlinge inzwischen aber nur noch selten auf dem Platz. Seit ihr Mann vor elf Jahren gestorben ist, zieht es Maria Hoiß kaum noch zu den Fußballspielen. "Außer wenn meine Enkel und Urenkel spielen. Da schau ich dann schon manchmal zu." Und auch beim alljährlichen Josef-Hoiß-Gedächtnispokal, den der TSV zu Ehren ihres Mannes ins Leben gerufen hat, ist "die Mare" zusammen mit ihren beiden Töchtern natürlich immer vertreten.

Für die Kicker aus dem südöstlichen Landkreis läuft es unterdessen im Ligabetrieb so richtig gut. Nach dem Aufstieg im Sommer in die Kreisliga, steht Emmering derzeit auf Platz drei - in Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen. Dass das etwas mit der guten Trikotpflege zu tun hat, glaubt Maria Hoiß allerdings nicht.

Dennoch hat sich die Ur-Emmeringerin in all den Jahren unverzichtbar für den Verein gemacht. Dieses Engagement würdigt nun auch der DFB zusammen mit dem Bayerischen Fußballverband (BFV), der Hoiß und weitere Ehrenamtliche zur Bundesligapartie der Bayern in die Münchner Allianz-Arena eingeladen hat. Ein bisschen aufgeregt sei sie schon, sagt Maria Hoiß, die am Samstag zusammen mit einer Freundin nach München fährt. "Alleine würde ich da ja gar nicht hinfinden." Was genau die beiden dort in den VIP-Räumen der Arena erwartet, weiß Hoiß selbst nicht so genau. "Ich hoffe nur, dass sie uns beim Spiel nicht ganz so weit nach oben setzen. Das mag ich nämlich gar nicht, wenn es so steil ist." Bleibt noch die Frage, welcher der beiden Mannschaften sie an diesem Nachmittag die Daumen drückt. "Ach, mir ist das eigentlich egal. Mein Mann war ein Sechziger, aber ich selber bin kein Fan von einem Verein." Gut möglich, dass Maria Hoiß ohnehin eher auf die Trikots achtet, als auf das Spielgeschehen.

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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