Kommunalabgaben:Wegweisendes Verfahren

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Wenn am Mittwoch der Verwaltungsgerichtshof sein Urteil zu Straßenausbaubeitragssatzungen fällt, könnte dies auch Auswirkungen auf einige Landkreisgemeinden haben

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wann muss eine Kommune von ihren Bürgern kassieren, wenn sie eine Straße saniert? Um diese Frage geht es an diesem Mittwoch vor dem Verwaltungsgerichtshof. Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf den Landkreis haben. Denn obwohl nach dem neuen Kommunalabgabengesetz eine solche finanzielle Beteiligung der Anlieger eigentlich verpflichtend ist, hat die überwiegende Zahl der Landkreisgemeinden noch keine entsprechende Satzung eingeführt. Gerade einmal neun von 21 verlangen beim Straßenausbau Geld von den Bürgern.

Ob diese Zahl steigt, hängt auch von der Entscheidung der Verwaltungsrichter ab. So hatte etwa in Vaterstetten der Gemeinderat im Sommer grundsätzlich für die Einführung einer Straßenausbaubeitragssatzung votiert. Wie diese aber einmal aussehen wird, ob man sich für das Modell einmaliger oder wiederkehrender Beiträge (siehe Kasten) entscheidet, steht noch nicht fest. Genauso wenig wie der Zeitpunkt, ab wann die Gemeinde erstmals Geld von den Bürgern für die Straßensanierung eintreiben will. Für die Ausarbeitung der neuen Satzung könnte das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes durchaus hilfreich sein, sagt Vaterstettens Bauamtsleiterin Brigitte Littke. Besonders, weil das Gericht die alles entscheidende Frage klären will, wie solide ein Gemeindehaushalt sein muss, damit man auf die Erhebung der Ausbaubeiträge verzichten kann. Dies tut die Gemeinde Hohenbrunn und verweist als Begründung auf die nicht allzu schlechte Haushaltslage. Das zuständige Landratsamt München bezweifelt aber, dass diese gut genug ist, um auf die Beiträge zu verzichten. Für Vaterstetten, wo man sich lange gegen die Einführung einer Straßenausbaubeitragssatzung gesträubt hat, könnte sich bei einem entsprechenden Votum der Richter ebenfalls ein Ausweg aus der ungeliebten Gebühr ergeben.

Kirchseeon hat eine Straßenausbaubeitragssatzung - der Grund dafür, warum die Anwohner gegen eine zu teure Sanierung der Fahrbahn protestierten. (Foto: Christian Endt)

Für Markt Schwaben, die zweite große Landkreisgemeinde ohne Beitragssatzung, scheint dies dagegen eher unwahrscheinlich. "Wir stehen finanziell nicht so gut da wie Hohenbrunn", sagt Bürgermeister Georg Hohmann (SPD). Und besser werden dürfte die finanzielle Situation auch nicht, "es werden immer mehr Aufgaben an die Kommunen delegiert, ohne dass wir dafür Geld bekommen". Daher müssten sich die Kommunen eben neue Einnahmequellen erschließen, so der Bürgermeister. Er rechnet deshalb damit, dass die Marktgemeinde mittelfristig auch Beiträge von ihren Bürgern eintreiben will. Doch auch in Markt Schwaben scheiterten im Gemeinderat bereits mehrmals Versuche, eine entsprechende Satzung einzuführen.

Hohmann ist trotzdem zuversichtlich, dass die Gemeinde die Satzung erlassen kann. Zum einen natürlich, weil es das neue Kommunalabgabengesetz vorschreibt. Allerdings nennt das Gesetz bislang kein Zeitlimit, bis wann die Gebühren erhoben werden müssen. Eine Gemeinde könnte also theoretisch zwar die Einführung einer Straßenausbaubeitragssatzung beschließen, deren Ausarbeitung dann aber erst einmal auf unbestimmte Zeit vertagen. Diese hat man in Markt Schwaben indes nicht, denn der Zustand der Straßen werde nicht besser, wie der Bürgermeister erklärt. Zudem gibt es mit der Gesetzesnovelle auch ein neues Beitragssystem, das die Bürger weniger stark belaste. In der Vergangenheit wurden die Beiträge vor allem wegen der plötzlich auf Anlieger zukommenden großen Summen abgelehnt. Diese Härte könnte durch das wiederkehrende Beitragssystem gemildert werden, sagt Hohmann. Man müsse den Bürgern aber gut erklären, warum die Erhebung von Ausbaubeiträgen nötig und sinnvoll sei, so der Bürgermeister, was beim wiederkehrenden Modell sicher einfacher sei. Dass dieses "politisch einfacher umzusetzen" sei, davon geht auch Littke aus - nicht jedoch verwaltungstechnisch. Während man beim einmaligen Beitragsmodell einfach die Sanierungskosten entsprechend der Grundstücksgrößen auf die direkten Anlieger umlegt, muss für das wiederkehrende Beitragsmodell zunächst das Gemeindegebiet in kleinere Abrechnungseinheiten unterteilt werden. Littke geht davon aus, dass, sollte sich der Gemeinderat für dieses Modell entscheiden, noch einige Zeit bis zu dessen Einführung vergehen wird. So seien etwa in der Stadt Pirmasens, die sich die Vaterstettener als Beispiel angesehen hätten, zwei Mitarbeiter der Verwaltung etwa zwei Jahre lang mit der Erstellung der Abrechnungseinheiten befasst gewesen. Für Vaterstetten, das zwar etwas kleiner ist, dafür aber mehr Geschosswohnungsbau besitze, rechnet Littke mit einem ähnlichen Zeitrahmen.

Bleibt die Frage, ob sich der ganze Aufwand wirklich lohnt. Die Stadt München hatte dies vor zwei Jahren verneint und ihre erst 2005 eingeführte Satzung wieder gestrichen. Und auch wenn diesen Schritt derzeit im Landkreis keine Kommune plant, sind die erzielten Beiträge doch eher überschaubar. Etwa in der Kreisstadt, wo es bereits seit den 1970er Jahren die Möglichkeit gibt, Anlieger bei Straßensanierungen zu beteiligen, wie Hauptamtsleiter Erik Ipsen sagt. Was aber in den vergangenen Jahren sehr selten der Fall war, seit Anfang der 1990er insgesamt drei Mal, zuletzt 2003. Denn kassiert werden könne nur für große Sanierungen, die meisten Maßnahmen fielen dagegen in den Bereich Unterhalt, für den man die Anlieger nicht zur Kasse bitten könne. Aber auch, wo dies möglich ist, bleibt ein gewisser Teil der Kosten bei der Stadt. Am niedrigsten ist er noch bei Anliegerstraßen mit 20, am höchsten bei Durchgangsstraßen mit bis zu 70 Prozent.

Auch in Poing wo der der Gemeindeanteil bei Straßensanierungen zwischen 20 und 80 Prozent liegt, generiert die Beitragssatzung nicht unbedingt Rieseneinnahmen. Wie Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) erklärt, sei die Satzung in den vergangenen 20 Jahren genau fünf Mal angewandt worden, davon erst einmal seit 2006.

© SZ vom 09.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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