Was ist er nicht schon herumgeschubst worden. Begraben unter Geröllmassen, hinaufgeschoben auf Berge, herabgeschwemmt von Gletschern, versunken unter Kies. Millionen von Jahren hat seine Odyssee gedauert, bis man ihn fand, ihm einen Namen gab, und einen Platz. Dort steht er nun, der "Stoa", der wahrscheinlich älter ist als die Alpen selbst. Er hat Moos angesetzt und auch ein paar Ringe - sechs Ringe für rund 350 Zuschauer, um genau zu sein.
Denn seit der Findling in der Kiesgrube bei Edling geborgen wurde und langsam ein Amphitheater um ihn herum wuchs, ist es in seiner Nähe lebhaft geworden. Konzerte, Lesungen, Open-Air-Kino und Theater finden hier statt, Multivisionsvorträge und ein Weltmusikfestival (heuer von 27.-29. August), Hochzeiten und andere Feiern sowieso.
Im Herbst 1989 tauchte das 200 Tonnen schwere Stück in seiner Kiesgrube auf, erzählt Peter Adler, dem das Areal gehört. Bis man auf die Idee gekommen sei, den Solitär zum Gastgeber zu machen, habe es allerdings ein paar Monate gedauert, also sei das 20-Jährige ungefähr dieses Jahr zu feiern.
Das traditionelle Stoafest am Freitag gilt daher heuer zugleich als Feier zur zweiten Geburt des uralten Kolosses aus Kramsacher Marmor. Dazu spielt die Band Nick's Noise mit Gitarrist Mike Huber von der Band Panzerknacker. Sollte es regnen, findet das Fest im Weinkeller des Gewölbes statt. Und wenn schon - die Atmosphäre am Stoa ist kaum totzukriegen. Mitten in der Natur und weit genug von jeder größeren menschlichen Ansiedlung entfernt, um die Beleuchtung ganz und gar dem Sternenhimmel zu überlassen. In guten Nächten zeigt der hier alle seine Schätze - und dann erinnert nur die aufsteigende Feuchtigkeit unter der Isomatte noch daran, dass es zum Himmel eine Erde geben muss.
Dass aus der ohnehin anstehenden Renaturierung des Areals eine wörtlich zu nehmende "Kultivierung" werden würde, dafür stehen verschiedene Veranstalter: das Kino Utopia, das Belacqua-Theater, das Theater Narrenschiff in Wasserburg und SORF Music e.V. aus Rosenheim. Die größte Anziehungskraft freilich hat das Kino-Open-Air, das kommenden Mittwoch, 21. Juli, mit einer Premiere startet: "Die Hummel" (Regie: Sebastian Stern), dazu spielt die Keller Steff Band. Wenn Regisseur Marcus H. Rosenmüller ("Wer früher stirbt, ist länger tot") die Vorpremieren seiner Filme hier feiert, dann kommen auch mal 1000 Leute, erzählt Peter Adler.
Die Infrastruktur für die Kultur besorgt der Edlinger "Aktionskreis Edling Kultur und Heimat e.V." - und das erstreckt sich nicht nur auf den Verkauf von Eintrittskarten und Bier. 950 Meter Wasserleitung habe man gebaut und einen Erdkeller, wo Technik und Gastronomie untergebracht sind, erzählt Vorsitzende Maria Hiebl. Momentan sei man mit der Abwasserleitung beschäftigt. Der Verein finanziert sich durch die Verpachtung des Areals an die Veranstalter, außerdem erfreue man sich großer Unterstützung durch die Gemeinde Edling. Alles weitere ist wie so oft nur durch die Arbeit Ehrenamtlicher möglich. Die Sitzringe um den Stoa - alle sind sie wiederum aus Findlingen entstanden - haben die rund zwanzig Aktiven selbst gebaut. Dass es einen siebten Ring geben werde, sei aber unwahrscheinlich, meint die Vorsitzende - "denn mit jedem Ring wird der Stoa kleiner". Dem Stoa dürfte das einerlei sein, er hat erst einmal ein Plätzchen - und wer weiß schon, wo der Findling in ein paar Millionen Jahren stehen wird.
Stoafest am Freitag, 16. Juli, von 19 Uhr an mit "Nick's Noise".
Open-Air-Kino des Kino Utopia von Mittwoch, 21. Juli, bis Montag, 16. August. Infos: www.kino-utopia.de.