Steinhöring:Steinhörings alte Kastanie wird gefällt

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80 Jahre stand die Kastanie auf dem Platz vor der Kirche. Doch inzwischen hat sie viele faule Stellen und kaputte Wurzeln, eine Erhaltung wäre daher laut Fachleuten nur schwer möglich. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Wegen Beschädigungen: Nach 80 Jahren auf dem Steinhöringer Dorfplatz muss der schöne Baum weichen.

Von Annalena Ehrlicher, Steinhöring

"Es gibt positive und negative Neuigkeiten", setzt Bürgermeister Alois Hofstetter an. Die guten Nachrichten zuerst: Der Plan für die Neugestaltung der Steinhöringer Dorfmitte steht fest. Das Städteplanungs- und Architekturbüro Akfu kann die Mittel aus der Städtebauförderung nun beantragen, da die Kostenschätzung inzwischen vorliegt und der Beschluss bereits in der vergangenen Gemeinderatssitzung gefasst wurde, wie Architektin Sandra Urbaniak erklärt.

Was die Laune der Stadträte deutlich trübt, ist das Ergebnis der Gutachten bezüglich der alten Kastanie auf dem Dorfplatz. Beide Gutachter sind sich einig: Der Baum ist zu schwer beschädigt, als dass er dauerhaft zu halten wäre. "Man hat es sich da wirklich nicht leicht gemacht", betont Harald Käsbauer von der Abteilung Naturschutz und Landschaftspflege des Landratsamtes Ebersberg.

"Es gibt jedoch gleich mehrere Probleme bei der Kastanie", erläutert er. Zum einen hat der Baum gleich zwei fortgeschrittene Faulstellen, von denen eine schon älter ist und als Maßnahme mit Beton ausgegossen wurde. "Die neuere Faulstelle ist offen und reicht weit in den Stamm hinein", so Käsbauer. Stephan Burger, der Inhaber von Baumpflege Burger, von dem das zweite Gutachten stammt, untersuchte die faule Stelle mit einem Bohrwiderstandsmessgerät.

Dieses kann anhand des Widerstands der Jahresringe beim Eindringen feststellen, wie es um das Stammholz des Baumes bestellt ist. Im Fall der Kastanie: nicht gut. Dazu kommt jedoch, dass der Baum eine einseitige Neigung hat, wie beide Gutachten feststellen. Was fehlt, ist der Mitteltrieb - die Krone des Baumes ist nicht in gerader Linie oberhalb der Wurzeln.

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Man müsste mindestens die Krone stutzen, viel bliebe dann nicht übrig

Um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, müsste man die Krone sehr weit zurückschneiden, erklärt Käsbauer. "Das müssten mindestens drei bis fünf Meter sein, da würde von dem Baum dann nicht so viel übrig bleiben." Auch die in anderen Fällen angewendete Möglichkeit der Kronensicherung ist bei der Kastanie auf dem Dorfplatz nach Angaben der Fachleute nicht möglich. Das Ausbrechen großer Äste wird bei dieser Methode verhindert, indem man diese mit Gurten miteinander verbindet und am Stamm sichert.

"Die ganzen Maßnahmen sind sehr teuer - und das bei einem Baum, dessen Überlebenschancen dauerhaft leider nicht gut aussehen." Von einem "Pflegepatienten", spricht Käsbauer, "den man mindestens alle zwei Jahre neu stutzen müsste". Letzteres betont auch Stephan Burger: "Mit all den Maßnahmen wird das kein schöner Baum mehr sein", sagt er. Das regelmäßige Stutzen wäre das Ende der ausladenden Krone.

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"Dazu kommen aber auch die Wurzelverletzungen", so Burger. Bereits jetzt hat die Kastanie faule Stellen an den Wurzeln, die von früheren Verletzungen herrühren. Durch die starke Verdichtung des Bodens, die von der hohen Frequentierung des Platzes verursacht wurde, leidet der Hauptwurzelbereich. "Und mit dem Umbau des Platzes würden die Wurzeln dann noch zusätzlich angegraben werden", weiß der Experte für Baumpflege.

"Alte Bäume zu fällen, das fällt mir sehr schwer", betont Käsbauer, "die haben eine Geschichte, eine Seele." Man sei sich dessen bewusst, dass es sicher einige Steinhöringer gebe, die gemeinsam mit dem Baum aufgewachsen sind. Das geschätzte Alter der Kastanie - basierend auf den Jahresringen sowie alten Ortsaufnahmen - liegt bei etwa 80 Jahren. "Aber die Verkehrssicherheit geht in diesem Fall vor - und die kann man bei dem Zustand nicht gewährleisten", sagt er.

Als Ersatz soll ein anderer, schon großer Baum gepflanzt werden; welche Sorte, ist noch offen. Zur Diskussion standen verschiedene Lindenarten oder alternativ wieder eine Kastanie. "Wichtig ist, dass man für den neuen Baum ideale Bodenbedingungen schaffen kann und es diesem dann langfristig gut geht", so Burger.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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