Steinhöring:An einem Strang ziehen

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Zum 38. Südostbayrischen Werkstätten-Sportfest für Menschen mit Behinderung kommen 300 Teilnehmer nach Steinhöring. Bei Wettkämpfen mit Boot und Seil geht es vor allem um die Freude am Zusammensein

Von Sandra Langmann, Steinhöring

Laute Musik, ausgelassene Stimmung und jede Menge gute Laune. Hier befindet man sich nicht etwa inmitten eines Volksfestes, sondern auf dem Areal des Einrichtungsverbund Steinhöring (EVS). Es ist Dienstagmittag, hier findet gerade das 38. Südostbayerische Werkstättensportfest für Menschen mit Behinderung statt. Es geht bereits hoch her, und dabei haben die Wettbewerbe noch nicht einmal angefangen. "Ich glaube, ich bin aufgeregter als alle anderen", sagt Angela Sanftl. Sie arbeitet im Begleitenden Dienst des EVS und ist für die Organisation verantwortlich.

Dann folgt auch schon der Einmarsch der sechs Teams; und dieser erinnert eher an eine sportliche Großveranstaltung als an ein kleines Sportfest. Von der Musik und dem Applaus der Zuschauer begleitet kommen die Gruppen nacheinander auf den Vorplatz des EVS. 300 Sportler, jede Mannschaft trägt ihre eigenen bunten Trikots und wird von einem Schildträger angeführt. Darauf stehen die Ortsnamen der Einrichtungen, die jeweils 50 Teilnehmer ins Rennen schicken. Dazu zählen: die Stiftung Attl (Wasserburg), die Wendelsteinswerkstätten (Landkreis Rosenheim, die Stiftung Ecksberg (Mühldorf am Inn), die Ruperti-Werkstätten (Altötting), die Sankt-Josefs-Werkstatt Algasing (Landkreis Erding) und der Werkstattverbund Steinhöring. Dann kann es auch schon los gehen.

Beim Bootseilziehen mussten alle anpacken, da war Teamgeist gefragt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auf dem Programm stehen Pflastersteinstaffel, Kegeln, Bootseilziehen, Federball und Staffellauf. Das Kegelspiel haben die Organisatoren abgewandelt . Damit alle die gleiche Chance haben, muss sich jeder Kegler - egal ob Rollstuhlfahrer oder nicht - in einen Rollstuhl setzen. Ein großer Ball hängt auf halber Strecke zwischen Kegler und Kegeln von der Decke - damit müssen möglichst viele der neun kleinen Holzstämme umgeworfen werden.

Franz Wallner, Leiter für Kultur und Ehrenamt des EVS fungiert nicht nur als Moderator, sondern auch als Motivator. "Da wurden ja nur Profis ausgewählt", staunt Wallner. Und wer gedacht hat, dass Cheerleader nur bei Basketballspielen präsent sind, der kennt jene aus Steinhöring noch nicht. Mit bunten Pompons feuern die jungen Frauen ihre Kollegen der Werkstätten an. Von Konkurrenzkampf ist weit und breit keine Spur. Während sich die einen über 18 Zähler freuen, gewinnen die anderen beinahe mit der doppelten Punktzahl. Doch darum geht es beim Sportfest auch nicht. "Alles sollen ihre Freude und Spaß daran haben", erklärt Sabine Schex, Leiterin vom Begleitenden Dienst.

Bei frühsommerlichen Temperaturen geht es als nächstes zum Steinhöringer Weiher. "Ich bin gespannt, wer heute nass wird", tönt Wallners Stimme aus den Lautsprechern. Besonders groß ist die Freude bei jenen Teilnehmern, die in den Schlauchbooten Platz nehmen dürfen. Ein Seil ist quer über den Weiher gespannt, daran muss sich die Gruppe mit ihrem Boot entlang ziehen. Wer am schnellsten die Glocke am anderen Ende anschlägt, gewinnt.

Besonders diese Wettbewerbsübung zeigt, wie gut die Zusammenarbeit funktioniert. Vorsichtig und geduldig wird den Menschen ins Boot geholfen. Es dauert, bis alle Teilnehmer einer Gruppe ihren Platz gefunden haben. Doch es gibt weder Eile noch Hektik - und das ist auch der Grund, warum das gesamte Sportfest ohne Probleme über die Bühne geht. Ganz klar, dass hier der Spaß und die Menschen an erster Stelle stehen. "Wir machen das aber auch schon jahrelang", erklärt Wallner. Bereits seit 1972 findet das Werkstättensportfest statt und zwar jedes Mal bei einer anderen Einrichtung. Im Vorjahr musste das Fest aufgrund von Schneeregen Ende April abgesagt werden. Mit angenehmen Temperaturen und einigen Sonnenstrahlen meint es das Wetter dieses Mal gut, was auch zur guten Stimmung bei der Siegerehrung beiträgt. Zum Sieger wird dieses Jahr Altötting gekürt, die somit den größten Pokal bekommen.

Doch niemand muss enttäusch nach Hause gehen. Jede Mannschaft bekommt ihren eigenen Pokal und Urkunden. Alle Preise wurden in der eigenen Werkstatt des Einrichtungsverbunds Steinhöring hergestellt. Und weil schlussendlich alle Gewinner sind, bekommt auch jeder Teilnehmer eine Medaille.

© SZ vom 24.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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