Unerwartet leicht liegt der stählerne Stock in der Hand. Er besteht an seinem unterem Ende aus einer flachen Scheibe aus Plastik, die sich nach oben hin zu einem länglichen Griff verjüngt. Dieser Stock soll über knapp 25 Meter sanft über den Boden schlittern, bis er möglichst nahe am gewünschten Ziel zum Stillstand kommt.
Stockschießen nennt sich diese Sportart, die zwar nicht gerade zu den modernen Trendsportarten zählt, im Landkreis aber immer noch weit verbreitet ist. Was bei der Beschreibung der Spieltechnik so einfach klingt, stellt sich in der Praxis als gar nicht so einfach heraus: Bei den ersten tölpelhaften Versuchen überschlägt sich der Stock und kratzt mit dem Gummigriff über den steinernen Boden.
Nach nur wenigen weiteren Anstrengungen hat man aber die richtige Technik erprobt, und das Schießen ähnelt zumindest im Ansatz dem der erfahrenen Stockschützen des SV Hohenlinden. Deren Stöcke gleiten sofort nach dem ersten Bodenkontakt ruhig über die Bahn. "56 aktive Mitglieder haben wir im Moment", sagt Harald Kohlmann, der inzwischen als Institution für die Stockschützen gilt. In der 37-jährigen Vereinsgeschichte ist er seit 22 Jahren erster Vorsitzender. Obwohl er, wie er erzählt, selbst nie Zeit gefunden hat, um aktiv mitzuspielen, haben die Stockschützen ihrem Vereinsvorsitzenden und Organisator vieles zu verdanken.
Bis vor knapp zehn Jahren konnten die Spieler am Hohenlindener Sportplatz nämlich nur auf zwei Bahnen im Freien spielen. Kohlmann sagte: "Irgendwann wollten wir einfach unabhängig sein und haben uns eine eigene Halle gebaut, das war 2009." Für dieses Projekt hat die Gemeinde zwar die Materialien gestellt, doch die Arbeit und den Bau haben die Mitglieder selbst übernommen.
Der Stock, eine flache Scheibe aus Plastik, muss knapp 25 Meter über den Boden katapultiert werden.
Katja Miesauer (rechts) ist am Zug. Sie spielt seit vier Jahren bei den Stockschützen mit.
Harald Kohlmann ist die gute Seele des Vereins.
Dort treffen sie sich nun regelmäßig zwei Mal pro Woche zum Training. Zwei Bahnen nebeneinander, jeweils 28 Meter lang, gibt es in der Halle. An beiden Enden der Bahnen befindet sich jeweils ein Zielbereich, wo die Stöcke später landen sollen. Auf der einen Seite der Halle ist ein Aufenthaltsbereich vorhanden, der mit einem hölzernen Geländer vom Spielbetrieb abgetrennt ist. Eine Bar und mehrere Sitzgarnituren mit massiven Holztischen stehen dort. Um einen hölzernen Tisch sitzen vier Senioren, darunter auch Kohlmann, und schauen den Jüngeren beim Spielen zu. Ab und an werden die Aktionen mit einer Mischung aus Fachwissen, Ironie und viel Humor kommentiert. "Die meisten von uns haben früher Fußball gespielt, als es mit dem Laufen nicht mehr ging, da kamen wir zu den Stockschützen", erklärt Alois Maurer. Ein Sport für wirklich Junge sei das nicht, auflösen wird sich der Verein trotzdem nicht, die Spieler kommen ja trotzdem nach - nur eben nicht im jungen Alter.
Der Verein setzt sich aus fünf Mannschaften zusammen: zwei Herren- und zwei Frauenteams sowie eine Mixed-Mannschaft, alle bestehen jeweils aus vier Personen. Das Spielsystem ist immer gleich. Jeder hat einen Stock in seiner Hand, den er über die Bahn möglichst präzise und nahe an die sogenannte Daube - ein kleiner Holzklotz, der als Ziel gilt - heranmanövrieren muss. Die gegnerischen Spieler können sich aber wechselseitig ihre Stöcke aus dem Spielfeld schießen und so näher an die Daube herankommen. Wer nach beendeter Runde seinen Stock am besten platziert hat, dessen Mannschaft gewinnt und erhält bis zu neun Punkte.
"Uns treibt weniger der sportliche Ehrgeiz an. Klar, ganz ohne geht's auch nicht, wichtiger ist mir aber die Kameradschaft", sagt Katja Miesauer, die seit vier Jahren in der Frauenmannschaft spielt. Natürlich treffe man sich, um zu spielen, doch der Spaß stehe klar im Vordergrund. Zwischen den einzelnen Runden wird auch schon einmal Schnaps als Zielwasser, wie ihn die Spieler bezeichnen, getrunken.
"Ich komm so gerne her, weil es einfach lustig ist bei uns", sagt Waltraud Kraus. So denken auch die anderen Mitglieder, eine lockere Runde aus leidenschaftlichen Spielern, die Gemeinschaft nimmt für sie eine überragende Rolle ein. Von einem oder einer Besten möchte Kohlmann erst gar nicht sprechen, alle sind gleich, zumindest fühlt man sich hier so. "Nur bei den Frauen, da haben wir die schönsten", muss Kohlmann lachend zugeben.