Spitzen gegen die Lokalpolitik:Äußerst bis erfolgreich

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"Bei Franz Josef Strauß hätt's das nicht gegeben!", beschwert sich Abt Sebastian bei der Fastenpredigt der CSU in Frauenneuharting. (Foto: Christian Endt)

Abt Sebastian alias Peter Gschwendtner teilt bei der zweiten Fastenpredigt der CSU in Frauenneuharting aus

Von clara LIpkowski, Frauenneuharting

"Liebe Gäste und Gästinnen", "liebe Brüder und Brüderinnen", äh, "liebe Gemeinderäte und liebe Gemeinderatinnen. So heißt das doch, oder?" Abt Sebastian vom Kloster Ebersberg hat während seiner Predigt am Sonntagvormittag so seine Schwierigkeiten, die richtige Anrede zu finden. Der Mann, der eigentlich Peter Gschwendtner heißt und für die CSU den Fastenredner mimt, steht in Kutte vor einem Rednerpult im Gemeindesaal, über ihm ein hochgeklappter Basketballkorb, vor ihm vier voll besetzte lange Tischreihen, und sagt: "Da kennt sich ja keiner mehr aus." Wo doch diese Feministen auf eine eigene Anrede bestünden. Lachen im Saal. "Gemeinderätin heißt das", ruft ihm eine Frau zu, ist doch gar nicht so schwer. Wieder Lachen, so ein bisschen Lustigmachen über das Gendern kommt gut an.

Auch im Jahr 2019 hadert man bei der CSU mit der Frage, wie man Frauen nun richtig anspricht und es wird nicht ganz klar, ob sich der Abt genau darüber lustig macht oder doch über Menschen, die eine eigene Ansprache fordern. Aber es soll bei ihm ohnehin vor allem um die Politiker und Bewohner von Frauenneuharting gehen.

Unter den etwa 150 Zuhörern ist die Stimmung ziemlich gut. Das Gespann aus Bundestagsabgeordneten und Frauenneuhartinger Andreas Lenz und Landtagsabgeordnetem Thomas Huber zum Beispiel bietet dem Abt reichlich Stoff: "Die Doktoren", sagt er, um sich gleich selbst zu korrigieren, denn einen Doktortitel hat Thomas Huber nicht. Den aber verleihe er ihm nun, den Doktor ca usa praktikus - Huber ist für einen sehr aktiven Politikstil bekannt und dafür, vielerorts sein Gesicht zu zeigen. Andreas Lenz hingegen mache von sich reden, weil er ausgerechnet mit einem SPDler im Ort schafkopfe und das im renommiertesten Wirtshaus in Frauenneuharting. "Bei Franz Josef Strauß hätt's das nicht gegeben!", ruft der Abt, sichtlich aufgeregt, er kann das gut, sich in Rage reden, sein Kopf läuft dann rot an und im nächsten Moment ist er wieder völlig entspannt. "Andi, warum? Du machst das aus Liebe. Aber so weit brauchst du gar nicht gehen, die Liebe Gottes ist schon allumfänglich."

Die Steilvorlage für ein paar Spitzen gegen Landrat Robert Niedergesäß liefert das Sparkassengebäude in Ebersberg. Das Landratsamt hatte das Haus erworben, doch seither steigen die Sanierungskosten drastisch, weshalb zuletzt diskutiert wurde, ob die Behörde das Haus wieder veräußere. "Das muss man sich mal vorstellen", sagt der Abt, "für zwölf Millionen Euro wurde es vor zwei Jahren gekauft. Und jetzt ist es schon eine Million Euro wert!" Nicht ganz uneigennützig sitze der Landrat im Publikum, denn er suche sicher in Frauenneuharting nach einem Käufer. Einer der Landwirte könne es kaufen und einen Kuhstall einbauen, schlägt er vor.

Die Bewohner des Ortsteils Tegernau kommen auch nicht zu kurz. Zuerst hätten sie ihr Ziel durchgesetzt, die gleiche Postleitzahl zu bekommen wie Frauenneuharting, weil sie unbedingt dazu gehören wollten. "Der Gemeinderat hat euch diesen Wunsch erfüllt." Aber jetzt käme man schon mit dem nächsten um die Ecke. Ein paar "50 bis 60-Jährige" hätten vor kurzem "äußerst bis erfolgreich", den Jagdschein erworben und nun hieße es, man solle diese Jagdleidenschaft doch bitte auch im Ortsnamen wiederfinden. Auf die Bedenken einer Gemeinderätin, dann werde der ganz Ort zum Jagdgebiet, entgegnet der Abt: "Oh, mein Dirndl, das wissen wir doch schon lange." An die Tegernauer gewandt rät er stattdessen zu christlicher Demut: "Jetzt lernt erstmal eure neue Postleitzahl auswendig." Und was man dahinter schreibe, sei ohnehin wurscht, da könne auch, "Eintopf am Steinbruch" stehen.

Am Ende kommt der Abt nochmal auf die Landwirte im Ort zu sprechen. Die seien heute sehr vielseitig und innovativ. "Früher gab es Milch, Butter, Kas und bei ganz besonderem Anlass a Leberkas." Aber mittlerweile wisse man gar nicht mehr, was da so alles drin sei, in den Produkten. "Bauernschinken!", ruft er und das Publikum lacht laut, "wenn da drin ist, was drauf steht!" Überhaupt, meint er, und ist wieder beim Thema, das ihn offensichtlich umtreibt, dem Gendern: Die Bergbauernmilch, "müsste die denn nicht auch Bergbäuerinmilch" heißen?"

© SZ vom 18.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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