So wichtig ist der Forst:Gute Luft, made in Ebersberg

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Christine Margraf erklärt die Bedeutung des Ebersberger Forsts für den Großraum München. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

So lange der Wald zusammenhängt, ist er von überregionaler Bedeutung. Ein Argument mehr gegen die geplante Forstinninger Umfahrung, so die Erkenntnis einer Veranstaltung des Bundes Naturschutz

Von Theresa Parstorfer, Ebersberg

Ein riesiges Kleinod. Wahrlich ein Schatz. Das ist der Ebersberger Forst, wie Christine Margraf, Leiterin der Fachabteilung des Bund Naturschutz München, in ihrem Vortrag am Freitagabend im vollbesetzten Saal des Gasthauses Ebersberger Alm deutlich machte. Eingeladen hatten die Kreisgruppe des Bund Naturschutz und die Ortsgruppe Forstinning. Franz Höcherl von der Ortsgruppe Pliening moderierte die Veranstaltung.

Anlass der Versammlung war einmal mehr die geplante Forstinniger Ortsumfahrung, deren Verlauf bereits seit Monaten kontrovers diskutiert wird. Ein 2,5 Kilometer langes und 21,5 Meter breites Stück Wald müssten der Straße geopfert werden, um Anwohner von Schwaberwegen von dem Durchgangsverkehr zwischen München und Ebersberg zu entlasten. Geopfert würde damit aber auch eine der in Südbayern und besonders um München raren "großflächig unzerschnittenen verkehrsarmen Waldflächen".

Großflächig unzerschnitten, das war das Stichwort des Abends. Immer wieder betonte die Referentin, dass sich von dieser waldplanerischen Kategorie ausgehend die verschiedensten Funktionen des Forstes auffächern ließen. Grundwasserbereinigung, Luftfilterung und Klimaerhaltung beispielsweise sind solche Kategorien. 50 Tonnen Ruß und Staub filtert ein Hektar Wald pro Jahr, und vor allem im Hinblick auf die Nähe zu München, einer Großstadt, die sich immer weiter aufheizt, leistet der Wald erheblichen Temperaturausgleich. Insofern kommt dem Ebersberger Forst auch eine überregionale Bedeutung zu. Seine Zerschneidung durch die Umgehungsstraße würde all diese Funktionen zwar nicht gänzlich aushebeln, aber doch einschränken.

Am drastischsten würde der Einschnitt die im Forst lebenden Tiere treffen, so Margraf. Vor allem der Punkt Artenschutz verursachte zustimmendes Gemurmel im Publikum. "Sie wissen das besser als ich", sagte Margraf, als es um den vom Aussterben bedrohten Schwarzstorch ging, der in den letzten Jahren immer wieder im Forst gesehen worden war. Ebenso die Bechstein-Fledermaus bot im Anschluss an den Vortrag Anlass zu vertiefter Diskussion. Der Ebersberger Forst ist eines der wenigen Gebiete in Bayern, in denen diese bedrohte Art ein Zuhause gefunden hat. Deswegen ist zumindest ein Teil des Forstes schon zu einem den Straßenbau ausschließenden europäischen Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet (FFH) erklärt worden. Sollte nachgewiesen werden können, dass die "Urwald-Fledermaus" in weiteren Teilen des Waldes anzufinden sei, könnte man laut Margraf einen Antrag auf eine Vergrößerung des zu schützenden Areals stellen.

Während Margrafs Vortrag einen vertieften Blick auf die ökologischen Funktionen des Waldes auch im überregionalen Kontext bieten sollte, die als "Argumente gegen eine Zerschneidung ins Feld geführt werden könnten", wurde es im Anschluss noch einmal konkreter. Ludwig Seebauer, Gründer der Bürgerinitiative gegen die Umgehungsstraßenpläne, trat ausgerüstet mit zwei Schautafeln und einer Powerpoint-Präsentation ans Rednerpult. Er, wie auch schon Franz Höcherl in seiner Begrüßungsrede, riefen dazu auf, die Petition gegen den Straßenbau zu unterstützen und warb für die "billigere Lösung der Verkehrsberuhigung" in Schwaberwegen, die sowohl Verkehrbelästigung als auch Naturbeschädigung vermeiden würde. Ein anwesender Schwaberwegener Anwohner argumentierte jedoch, dass auch eine Verkehrsberuhigung keine Lösung für die Lastwagen und die Luftverschmutzung sei und forderte, die Natur dem Menschen nicht überzuordnen.

Statt diese prinzipiellen Gräben in der Debatte zu vertiefen, berief sich Höcherl in seinem abschließenden Dank auf Margrafs Schlussplädoyer. Demzufolge dürfe der Mensch nicht vergessen, dass "die Natur einen Eigenwert hat", und dass "es dem Menschen als eine Art von vielen nicht zusteht, zu entscheiden, welche anderen Arten ein Recht auf Dasein haben, und welche nicht." Das derzeit stattfindende Artensterben sei zwar nicht präzedenzlos, aber doch einzigartig in der Hinsicht, dass zum ersten Mal eine einzige Spezies für das Aussterben verantwortlich ist: der Mensch

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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