Simulation am Computer:Ganz neue Einblicke

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Die Stadt Ebersberg soll bald einen digitalen Zwilling erhalten. Mit diesem 3D-Modell könnten dann beispielsweise Entwürfe für eine Neugestaltung des Marienplatzes im Detail vorgestellt und geprüft werden. (Foto: Christian Endt)

Ein digitales Stadtmodell soll in Ebersberg die Planung von Straßen und Gebäuden übersichtlicher machen. Auch die Bürger sollen sich über künftige Projekte besser informieren können

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Ein Bummel über den komplett verkehrsberuhigten Marktplatz, eine Spritztour auf der Ebersberger Ostumfahrung oder ein Spaziergang durch das Wohngebiet Friedenseiche zehn. Wer diese Aktivitäten auf der Agenda hat, muss sich noch etwas gedulden, keines der Projekte dürfte innerhalb des nächsten Jahrzehnts verwirklicht werden. Virtuell könnten sie und viele andere Vorhaben allerdings schon bald zu besichtigen sein, der Technische Ausschuss des Stadtrates befürwortete nun einstimmig, dass Ebersberg ein digitales Stadtmodell bekommen soll.

Was es damit auf sich hat, was das neue Planungsinstrument alles können soll und wie es funktioniert, stellten Günter Müller und Stefan Trometer von der Firma Cadfem im Ausschuss vor. Diese hat einen Sitz in der Nachbarstadt Grafing und für diese auch bereits ein solches Modell erstellt. Es war auch bereits im praktischen Einsatz außerhalb des Bauamtes: Die Stadt hatte dazu das Konzept für die Überplanung des Baywa-Geländes in 3D ins Netz gestellt. Die Grafinger konnten dazu ihre Einschätzungen und Kommentare abgeben.

Aber auch für die alltägliche Arbeit im Rathaus und in den Ausschüssen sei ein digitales Stadtmodell sehr nützlich, warben die Entwickler. Neben Bauleitplanung könne das Modell auch beispielsweise auf einen Blick alle Versorgungseinrichtungen wie Kanal- und Frischwasserleitungen, Strom- und Datenkabel ermöglichen. Auch Simulationen seien möglich, der Effekt neuer Laternen lasse sich genauso darstellen wie Verkehrsflüsse vor und nach dem Bau von Straßen oder der Änderung von Verkehrsregeln.

Grundlage des Modells sind Daten vom Bayerischen Vermessungsamt. Aus diesen wird dann ein dreidimensionales Bild, etwa von Ebersberg, errechnet. Dieses kann außerdem noch durch Luftbilder ergänzt werden, was die modellierten Häuser und Straßen noch realistischer aussehen lässt. In dieses Modell lassen sich dann geplante Projekte, für Ebersberg etwa der Verlauf möglicher Trassen für die Umgehung, aber auch im Prinzip jedes beantragte Bauvorhaben einfügen.

Bei der Verwaltung hält man die Anschaffung eines solchen 3D-Modells auf jeden Fall für sinnvoll. "Das wäre sicher hilfreich", sagte Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU), vor allem mit Blick auf kommende Großprojekte. "Wenn ich denke, was alles auf uns zu kommt, etwa die neuen Wohnungen an der Kreisklinik, kann das schon nützlich sein." Dort sollen bis zu 100 Personalwohnungen fürs Krankenhaus entstehen, bei solchen Dimensionen sei es sicher gut für die Akzeptanz, wenn sich "die Bürger vorstellen können, wie es einmal aussieht". Ein Aspekt, der auch Bauamtsleiter Christian Stöhr wichtig ist. "Bei einem Bauplan in 2D kann sich ein Laie schwer vorstellen, wie das einmal aussehen wird." Gerade Nachbarn neuer Bauvorhaben könne man mit einem 3D-Modell vielleicht die Sorgen vor großen Neubauprojekten nehmen.

Auch die Verkehrsplanung könnte einfacher werden, hofft Brilmayer, etwa indem man von der Stadt gewünschte, von zuständigen Behörden wie dem staatlichen Bauamt aber immer abgelehnte Vorhaben einfach einmal simuliert. Brilmayer verwies auf die Amtsgerichtskreuzung. Hier wolle Ebersberg seit Jahren einen Kreisverkehr einrichten, laut Bauamt sei dies aber nicht möglich. Mit dem neuen Modell "könnten wir eine Simulation machen, und schauen, wie es doch reinpasst."

Auch im Ausschuss war die Meinung grundsätzlich positiv - auch wenn nicht alle von einer unmittelbarer Notwendigkeit überzeugt waren. "Für die nächsten fünf Jahre sehe ich keinen Nutzen für uns", sagte Philipp Goldner (Grüne). Er stimmte dem 3D-Modell zwar zu, hätte es aber besser gefunden, wenn Ebersberg stattdessen endlich ein bürgerfreundliches Ratsinformationssystem aufbaut, wo online etwa Stadtratsprotokolle einzusehen und Beschlüsse zu recherchieren sind. "Uns im Ausschuss bringt es vielleicht nichts", sagte Gerd Otter (FW), dafür sei das 3D-Modell aber "ein gutes Instrument für die Bürgerbeteiligung". Ein "ja, aber" kam auch vom Dritten Bürgermeister Josef Riedl (CSU). Zwar soll die nun vorgestellte Basisversion nur rund 5000 Euro pro Jahr kosten, Riedl warnte aber vor Folgekosten, etwa durch teure Upgrades. Vielleicht brauche es auch zusätzliche Stellen in der Verwaltung, um das System zu bedienen.

Möglicherweise werde es für die Stadt durch das Modell sogar günstiger, sagte Christoph Münch (SPD), "vielleicht können wir uns dann manche Gutachten sparen." Früher oder später werde man das System ohnehin einführen müssen, sagte Martin Schechner (CSU), "3 D-Modelle sind doch inzwischen Standard bei Architekten". Der Meinung war auch der Bürgermeister: "Wenn ich mich erinnere, wie wir früher hier gesessen sind: da lag ein Plan auf dem Tisch und jeder hat so drübergeschaut."Später kamen Tageslichtprojektoren und Beamer für bessere Übersichtlichkeit und künftig eben 3D-Modelle, "das ist die nächste Stufe der Entwicklung".

Ein 3D-Modell kann man am Beispiel Grafing unter https://grafing.virtualcitymap.de ansehen.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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