Selbstbestimmt statt fremdbespaßt:"Jungen Menschen Mut machen, sich zu engagieren"

Lesezeit: 3 min

Christine Welsch will Jugendliche im Forstinninger Café Zeitschmiede für die Politik begeistern

Interview von Nathalie Stenger

Weil ein Basketballkorb entfernt werden sollte, ließ sich Christine Welsch zur Wahl als Jugendgemeinderätin aufstellen und besiegelte so mit 16 Jahren ihren Einstieg in die Politik. Heute steht der Korb immer noch in ihrer Heimatgemeinde Mosbach in Baden-Württemberg und erinnert das SPD-Mitglied daran, dass Kommunalpolitik etwas verändern kann. Das will Christine Welsch, 37, auch jungen Menschen in Forstinning verdeutlichen. Zu diesem Anlass findet am Samstag, 16. November, im Café Zeitschmiede in Forstinning, 16 Uhr, die Veranstaltung "Selbstbestimmt statt fremdbespaßt", organisiert von der SPD Forstinning, statt. Welsch möchte damit junge Menschen ab 13 Jahren für die Mitarbeit in kommunalen Gremien motivieren: Sie wird ihre eigenen Erfahrungen weitergeben, Mut zur Kommunalpolitik und Lust auf Engagement machen, aber auch Wünsche der Jugendlichen aufnehmen und Fragen beantworten.

SZ: Können Sie etwas zu Ihrem persönlichen und politischen Werdegang erzählen?

Christine Welsch: Ich bin in Mosbach, Baden-Württemberg, aufgewachsen. Das Bundesland galt lange Zeit als Vorreiter in Sachen Jugendarbeit. Jugendbeteiligung ist in der Gemeindeordnung vorgesehen und insofern stärker verbreitet. Mit 16 Jahren war ich Mitglied im Jugendgemeinderat. Als politische Jugendvertreterin auf Landes- und Bundesebene habe ich dann Projekte begleitet, wie zum Beispiel "Jugend im Bundestag", oder habe Aktionen unterstützt, die billigere Zugtickets für Schüler forderten. Damals, um 2000 rum, gab es in Karlsruhe noch keine Schülertickets. Später war ich dann stellvertretende Landesvorsitzende bei den Jusos. Seit fünf Jahren lebe ich im Raum München, und vor knapp zwei Jahren bin ich mit meiner Familie nach Forstinning gezogen. Als Mitglied der SPD möchte ich hier besonders die Jugend auf die Politik, speziell die Kommunalpolitik, aufmerksam machen.

Auf Augenhöhe mit der Jugend: Christine Welsch. (Foto: privat)

Woher das Interesse an der Politik in so jungen Jahren? Sind Sie so aufgewachsen?

Nein, gar nicht! Das ist eine nette Geschichte, wie ich mit der Politik zum ersten Mal in Berührung gekommen bin: Ich war 16, als ich mich zur Jugendgemeinderätin aufstellen ließ. In Mosbach war 1997 die Landesgartenshow, und im Zuge dessen wurde ein Streetballplatz errichtet, auf dem ich Basketball spielen gelernt habe. Dieser Platz sollte abgerissen werden, weil er angeblich kriminelle Jugendliche anzog. Das konnte ich auf keinen Fall geschehen lassen. Mein Wahlprogramm richtete sich gegen dieses Vorhaben. Ich wurde gewählt, und dieser Basketballkorb steht bis heute dort in Mosbach. Das hat mir gezeigt, dass man in der Kommunalpolitik tatsächlich etwas bewirken kann.

Ab wann sollte sich ein junger Mensch mit dem Thema Politik auseinandersetzen?

So früh wie möglich. 13 ist ein gutes Alter, denke ich. In vielen funktionierenden Jugendgremien ist dies das Einstiegsalter.

Sie haben für die Veranstaltung am Samstag einen kleinen Film für Youtube produziert, auf den man mit einem QR-Code zugreifen kann. Warum haben Sie diese Art Werbung gewählt?

Es ist mal ein anderer Weg, etwas Neues, was Interesse wecken könnte. Es handelt sich nicht um ein gewöhnliches Plakat, sondern nur um den Namen "Selbstbestimmt statt fremdbespaßt" und den QR-Code. Wenn Jugendliche an der Bushaltestelle in Forstinning stehen und auf den Bus nach Markt Schwaben warten und sowieso am Handy sind, können sie schnell mal den Code mit dem Smartphone scannen und werden so auf die Veranstaltung aufmerksam. Zusätzlich machen wir auch noch Werbung auf Facebook, aber diese Art digitaler Werbung könnte unsere Zielgruppe, die Jugend, besser ansprechen.

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Warum scheint ein Großteil der Jugend hier in der Gegend nicht allzu sehr an der Politik interessiert zu sein?

Ich weiß es nicht genau, vielleicht, weil sie zu beschäftigt sind. Jugendliche sind rund um die Uhr mit Kursen und Hobbys und dergleichen verplant, sodass sie keine Zeit für Politik haben. Oder aber sie werden schlichtweg nicht gefragt. Wie im Falle des Spielplatzes in dem Neubaugebiet in Forstinning, für dessen Gestaltung weder Anwohner noch junge Menschen befragt wurden, was ich persönlich sehr schade finde. Deshalb ist es mir auch so wichtig, ihnen die Möglichkeit zu bieten, Einfluss auf Entscheidungen, die sie persönlich betreffen, zu nehmen.

Was für Pläne haben Sie für die Veranstaltung "Selbstbestimmt statt fremdbespaßt"?

Ich fange erst einmal klein an. Eine Wahl zum Jugendgremium wäre Schritt zehn oder elf, ich möchte zunächst die Jugend zum Mitmachen und Aktivsein motivieren. Ich will ins Gespräch mit den Jugendlichen kommen und feststellen, ob es bestimmte Projekte gibt, etwa eine Graffitiwand für den Ort, wovon alle profitieren würden. Dann kann ich Jugendliche dabei unterstützen, Ideen zu erarbeiten; Anträge können zusammengestellt werden, und Erfolge machen deutlich, dass man nicht zwingend volljährig sein muss, um auf der Kommunalebene etwas zu erreichen. Ich möchte jungen Menschen ihre Möglichkeiten aufzeigen und ihnen Mut machen, sich zu engagieren.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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