Seit drei Jahren in Forstinning:Finissage ohne Bilder

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Renate Block schließt ihre Galerie im Tiermuseum aus gesundheitlichen Gründen. Der letzte Akt ist ein Ausverkauf

Von Anja Blum

Ganze 14 Ausstellungen in drei Jahren - so lautet die stolze Bilanz von Renate Blocks feiner Galerie in Forstinning. Doch das sind nur die nackten Zahlen. Was viel mehr zählt, ist der ganze Kosmos dahinter. Das Herzblut, die viele, viele Arbeit, die Block und ihr Mann in das Projekt gesteckt haben, die zahllosen schönen Momente, der Zuspruch, die glücklichen Künstler, die begeisterten Besucher. "Mit dieser Galerie habe ich mir einen Traum erfüllt", sagt Block und strahlt. Doch nun muss sie diesen beenden, aus gesundheitlichen Gründen - die eng mit ihrem Engagement für die zeitgenössische Kunst verwoben sind.

Renate Block wird die Tür ihrer Galerie im Tiermuseum am Samstag, 28. September, für immer schließen. Sie tut dies aus freien Stücken, niemand zwingt sie dazu. Nicht der Vermieter, nicht die Bank. Doch nach zwei "schrecklichen Nächten" im Krankenhaus, in denen Block nicht wusste, wie lange ihr noch bleiben würde, war klar: "Es muss sich etwas ändern" - auch wenn die Diagnose dann längst nicht so schlimm ausfiel, wie befürchtet. Viel zu lange habe sie alles hinter den Erfolg der Galerie zurückgestellt, vor allem ihre Gesundheit, erzählt die 68-Jährige. "Ich habe überhaupt nicht mehr auf mich geachtet." Denn "halbe Sachen" gebe es bei ihr einfach nicht, deswegen sei es nun auch keine Option, die Galerie mit etwas weniger Engagement weiterzuführen. "Würde ich das versuchen, wäre ich ganz schnell wieder im gleichen Rhythmus drin." Vor allem auch, weil sie sich in der Verantwortung sehe gegenüber den Künstlern, die sie ausstelle. Aber hätte man nicht vielleicht einen Nachfolger finden können? Die Einzige, die da infrage käme, sagt Block, sei die Malerin Eugenie Meyden, von der sie extrem viel gelernt habe. Doch die habe aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters leider dankend abgelehnt.

Obwohl die Wehmut überwiegt, lächelt Renate Block tapfer. Nur mehr sehr wenige Bilder gibt es in ihrer Forstinninger Galerie, die Wände sind schon leer. (Foto: Christian Endt)

Also hat Renate Block die schwere Entscheidung gefällt, nun einen klaren Schlussstrich zu ziehen. Aus Selbstschutz, gewissermaßen. Die Wände der Galerie, die so vielen Kunstwerken eine Plattform geboten haben, sind jetzt schon leer, trotzdem gibt es noch vieles, das die Forstinningerin sortieren und ausräumen muss. Ein paar Möbel, eine Kaffeeküche und vor allem Künstlerbedarf, denn ein Zimmer diente als Atelier, für Kurse und die kreative Arbeit der Malerin Block. Das Interieur der Galerie, zum Beispiel einen großen rollbaren Schrank, eine Art Case mit vielen Fächern, ein Beleuchtungssystem von Erco sowie zwei große, handgeschnitzte Bilderrahmen möchte Block verkaufen.

Inmitten all der Arbeit aber hält die 68-Jährige immer wieder inne und seufzt, denn in den Schränken lagert noch so manches, das schöne Erinnerungen hervorruft. Alte Einladungskarten etwa, eine Urkunde vom Bürgermeister oder ein Plakat, das bei der allerersten Vernissage sozusagen als Gästebuch diente. Rund 65 Menschen seien damals gekommen, erzählt Block nicht ohne Stolz, viele gratulierten der frisch gebackenen Galeristin herzlich auf dem großformatigen Papier und hinterließen die besten Wünsche für die Zukunft. Dass diese so bald zu Ende sein würde, konnte damals, 2016, niemand ahnen.

Eigentlich war Block, die bis dahin auf ihrem Küchentisch gemalt hatte, nur auf der Suche nach einem Atelier gewesen, als das Erdgeschoss des Tiermuseums ganz in der Nähe ihrer Wohnung mal wieder leer stand. Ein Kramerladen sei einst darin gewesen, ein Bäcker, dann ein Goldhändler, erzählt Block. Da ergriff sie die Gelegenheit - und verwirklichte ihren Traum eines weiter gefassten Raums für Kunst. Allerdings war dabei wohl auch eine gewisse Naivität im Spiel: "Ich hatte keinerlei Vorstellung davon, wie viel Arbeit so eine Galerie macht", gesteht Block, die seit 30 Jahren als selbständige technische Zeichnerin arbeitet. "Ich dachte, wenn ich das nur strukturiert genug aufbaue, so wie mein Büro, dann wird das super laufen." Also beschloss sie, allles selbst zu machen, von der Renovierung der Räume über die Akquise der Künstler und die Gestaltung der Plakate und Einladungen bis hin zu Homepage und Pressearbeit. Doch dann stellte sich heraus, dass die Kunst und ihr Klientel doch etwas komplizierter sind als das technische Milieu. Dass es einiges an Kopfzerbrechen kosten kann, für Ausstellungen passende Duos oder Trios zu kreieren, wie es Blocks Passion war, dass viele Künstler die Auswahl aus einer Flut von Werken gerne jemand anderem überlassen, und dass das Publikum nicht immer Verständnis hat für zeitgenössische Arbeiten. "Da muss man manchmal schon sehr diplomatisch sein", sagt Block und lächelt. Doch am Ende überwiegen die schönen Erinnerungen - Blocks Mann hat sie in mehreren schönen Fotobüchern konserviert, voller Begeisterung blättert die 68-Jährige darin und erzählt von all den Vernissagen.

Was nun mit den Räumlichkeiten in der Münchener Straße geschieht, steht laut Block noch in den Sternen, schließlich ist deren Schicksal auch verknüpft mit dem ersten Stock des Hauses, in dem die zahllose Exponate des einstigen Tiermuseums untergebracht sind - ein schwieriges Erbe für die Familie. Blocks Zukunft hingegen ist bereits ziemlich klar umrissen: Sie wird das Projekt Galerie "noch zu einem guten Ende bringen", danach möglichst viel neue Kraft schöpfen und diese dann in die Familie und in die Kunst fließen lassen, dann wieder am Küchentisch. Beides nämlich sei zuletzt sehr zu kurz gekommen. "Mein Mann und ich haben seit vier Jahren nicht mehr gemeinsam Urlaub gemacht." Aber auch mal wieder backen, verreisen, ins Theater gehen oder faulenzen stehe auf der Agenda. Zeit wird's!

Galerie im Tiermuseum in Forstinning, Schlussverkauf am Samstag, 21. September, von 10 bis 14 Uhr oder nach Vereinbarung unter (08121) 22 79 63. Die Galerie schließt am Samstag, 28. September.

© SZ vom 13.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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