Reden wir über:Mutige Migranten

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Foto: privat (Foto: N/A)

Thomas Siegel hat einen Leitfaden für Unternehmensgründer erstellt

Interview von Annalena Ehrlicher

Den Schritt, ein Unternehmen zu gründen, wagen in Deutschland einer Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zufolge häufiger Migranten als deutsche Bürger. Prozentual scheitern diese Unternehmen jedoch auch in höherem Maß. Der Zornedinger Steuerberater Thomas Siegel hat einen Leitfaden zur Unternehmensgründung speziell für Migranten initiiert, um gegen dieses Phänomen anzusteuern. Der Ratgeber wurde nun in Kooperation mit dem RKW-Kompetenzzentrum und dem Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung" realisiert wurde.

SZ: Herr Siegel, die Zahlen zu Unternehmensgründungen in Deutschland stammen von der KfW. Zu welchem Zeitpunkt wurden Sie ins Boot geholt?

Thomas Siegel: Ich war der Initiator der Geschichte. Durch meine berufliche Tätigkeit habe ich gesehen, dass es diese Art von Ratgeber in Deutschland nicht gibt. Natürlich finden sich die notwendigen Informationen irgendwo, allerdings sind sie auf zu viele Stellen verteilt. Das kompakte Wissen als Angebot in einem Leitfaden gab es aber bisher nicht.

Auf dem Internetauftritt Ihrer Steuerkanzlei bieten Sie online ein Gründerhandbuch an, in dem Sie die einzelnen Schritte für eine Unternehmensgründung ausführen. Inwiefern unterscheidet sich der Leitfaden "Einfach gründen in Deutschland!" von Ihrem Online-Angebot?

Der Leitfaden von jetzt ist speziell auf Migranten ausgelegt, auf einen guten Einstieg sozusagen. Er ist sehr umfassend und enthält viele Links und Querverweise: Neben gründungsrelevanten Themenbereichen wird auch die Rechtslage abgeklopft. Wenn ein deutscher Mitbürger ein Unternehmen gründet, setzt man vieles voraus, beispielsweise, dass die Arbeitsberechtigung und Aufenthaltsgenehmigung vorliegen. Dasselbe gilt für den kulturellen Hintergrund und die Annahme, dass eine fixe Geschäftsidee besteht.

Hatten Sie in Ihrer Kanzlei in der Vergangenheit Kontakt mit Migranten, die ein Unternehmen gründen wollten?

Dadurch, dass ich auch Fachberater für internationales Steuerrecht bin, haben wir relativ viele internationale Kunden - natürlich auch Migranten. Für mich ist der Ratgeber daher eine Herzensangelegenheit. Ich habe keinen Euro für den Leitfaden bekommen und will damit auch keine Mandanten akquirieren.

Woher kommt es Ihrer Meinung nach, dass in Deutschland lebende Migranten häufiger Unternehmen gründen als Deutsche?

Weil die Menschen in anderen Ländern eine ganz andere Unternehmenskultur haben. Nehmen wir Syrien, da gibt es wahnsinnig viele Klein- und Kleinstunternehmer. In Deutschland herrscht eher eine Arbeitnehmerkultur. Ein weiterer Punkt ist, dass für Migranten der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht so leicht ist - teils weil die Qualifikationen fehlen oder nicht anerkannt werden, teils wegen der Sprache.

Den Schritt in die Selbstständigkeit sehen Sie als Mittel zur Integration?

Das sehe ich durchaus so. Ich kenne aus meinem Alltag viele Migranten, die einfach keinen Job finden. Ich denke, dass berufliche Tätigkeit ein ganz wichtiger Schritt in die Integration ist. Unternehmerisch ist man dabei auf sich gestellt, aber in Kontakt mit den Leuten muss man ja trotzdem treten und das ist ein wichtiges Instrument.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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