Reden wir über:Eine jugendfreie "Carmen"

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Yume Hanusch präsentiert klassische Konzerte für Kinder

Interview von Johannes Hirschlach

Mehr als 2100 Kinder erwartet Yume Hanusch in der nächsten Woche im Krippnerhaus in Edling bei Wasserburg, darunter auch etliche aus dem Landkreis Ebersberg. Die 37-Jährige ist Ärztin und leidenschaftliche Pianistin. Mit vier weiteren Musikern arrangiert Hanusch klassische Konzerte für junge Zuhörer. Vergangenes Jahr führte das Quintett vor Kindergärten und Schulen die Gedichterzählung und Schauspielmusik "Peer Gynt" auf. Nun hat Hanusch die Oper "Carmen" von George Bizet kindgerecht aufbereitet.

SZ: Frau Hanusch, die komplexe Opernwelt von "Carmen" mit Kindern als Publikum - wie kann das funktionieren?

Yume Hanusch: Indem man das Problematische herausnimmt. "Carmen" hat ja eine nicht ganz jugendfreie Handlung, die Musik begeistert die Kinder aber. Da war die Idee, das Ganze von hinten aufzuziehen und eine neue Geschichte zu erfinden, die wir mit der Musik erzählen. Dazu hat die Künstlerin Katja Lichtenauer zu jedem Stück mindestens ein Bild gemalt.

Sie mussten die Aufführung also entschärfen?

Ja, erst mal muss man der Verständlichkeit wegen die Verstrickungen der Figur Carmen und das "moralisch Fragwürdige" herausnehmen. Das soll eine nachvollziehbare Geschichte werden: so spannend, dass auch Kinder ihr folgen. Außerdem ist es bei uns nicht so, dass Carmen eine verführerische Person ist.

In der "Habanera", der weltberühmten Arie, bezirzt Carmen aber doch die Männerwelt . . .

Bei uns fleht sie stattdessen die Polizisten an, ihr zu helfen, einen entflohenen Stier zu finden. Tiere sind zum Beispiel ein wesentlicher Teil einer Erzählung für Kinder. Da hat sich Bizet nicht darauf konzentriert.

Und wie dampft man ein gesamtes Orchester auf ein Quintett ein?

Ich höre mir die Stücke immer wieder an und muss das Wesentliche herausfiltern. Helle Bläserstimmen sind dann hier zum Beispiel eindeutig eine Flöte. Man muss ein wenig minimalistisch denken.

Gesang gibt es also nicht?

Nein, die Stücke sind rein instrumental.

Wie binden Sie die Kinder in das Konzert mit ein?

Es ist so, dass sie bei einem Stück mit Bodypercussion mitmachen dürfen. Beim "Zigeunerlied" dürfen sie die Figuren anfeuern.

Warum überhaupt Klassik für Kinder?

Das ist ein persönliches Anliegen. Die klassischen Konzerte werden immer weniger besucht. Man muss die jüngere Generation wieder motivieren, die Hemmschwelle rausnehmen.

Sind Kinder die besseren Zuhörer?

Besser nicht, ich würde sagen, die ehrlicheren: Wenn etwas nicht passt, wird's sofort unruhig. Das ist die klarste Kritik, die man kriegen kann.

Die Konzerte finden von Montag, 24. Oktober, bis Freitag, 28. Oktober, jeweils um 9, 10.15 und 11.30 Uhr im Krippnerhaus, Raiffeisenstraße 13, Edling, statt. Einzelpersonen können auch ohne Anmeldung teilnehmen.

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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