Reden wir über:Ehrwürdige Dichterfürsten

Lesezeit: 2 min

Michael Jacques Lieb verkörpert am Freitag in Grafing unter anderem Goethe, Molíere und Shakespeare. (Foto: privat)

Michael J. Lieb bringt mehrere Dichter auf die Bühne - ganz allein

Interview von Serafine Dinkel

Goethe, Molière, Schilller, Shakespeare, eigentlich alle Großen der Weltliteratur - an einem einzigen Abend. Und alle verkörpert von einer Person. Am Freitag, den 24. Juni, ist Premiere in der Auferstehungskirche in Grafing: Zum ersten Mal führt der Grafinger Schauspieler Michael Jacques Lieb () eine Textcollage mit dem Titel "Goethe spielt auf Schillers Flöte" auf. Unter den Augen des größten deutschen Dichters treffen sich die Damen und Herren der klassischen Literatur, um von ihnen Geschriebenes und auch nicht Geschriebenes vorzutragen. Auch ein bekannter Literaturkritiker ist zugegen und nimmt kein Blatt vor den Mund. Normalerweise tourt Lieb als Clown durch Seniorenheime und Kliniken, oder mit dem "Urfaust" durch die Gymnasien. Natürlich alleine. Beginn der 80 Minuten dauernden Grafinger Aufführung ist um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei, Spenden sind erbeten.

Goethe und Schiller, das passt zusammen. Wo ist die Verbindung zwischen Molière und Shakespeare?

Michael Lieb: Die Texte, die ich verwende, kenne ich als Schauspieler schon lange. Ich wollte sie in ungewohnter Form präsentieren. Und so treffen eben Goethe und Shakespeare, Rilke und Reich-Ranicki aufeinander. Vieles sind klassische Texte, wie der tief greifende Monolog aus Hamlet. Es hat mich gereizt, verschiedene literarische Figuren aufeinandertreffen zu lassen.

Und wie wurde aus den Texten ein Stück?

Die Schriftsteller, die ich verkörpern werde, tragen vor Goethe aus ihren Werken vor und tauschen sich aus. Die Dialoge habe ich selbst geschrieben. Immer neue Dichter werden nach und nach hinzukommen. Das Ganze wird auch musikalisch untermalt, vieles wird zusammen mit dem Publikum improvisiert werden. An dem Projekt arbeite ich schon länger, und so traf es sich gut, dass Pfarrer Axel Kajnath sich Theater in der Kirche wünschte. Er kannte mein Repertoire und fragte nach etwas Neuem. Da konnte ich ihm das Projekt vorstellen.

Ist es nicht sehr ehrgeizig, all diese Literaten alleine darzustellen?

Mittlerweile bin ich erfahren: Seit fast 20 Jahren spiele ich alleine den "Urfaust", seit ein paar Jahren auch Büchners "Woyzeck". Ich kann Gretchen und gleichzeitig Mephisto spielen. Dabei arbeite ich nicht groß mit Verkleidungen, sondern mit Gestik und Stimme. Das ist reine Spielfreude.

Sie spielen den Faust auch vor Gymnasialklassen. Wie reagieren die darauf?

Die meisten sind begeistert. Sie rechnen nicht mit dieser Darstellungsform und damit, eingebunden zu werden. Oft finden Sie dadurch Gefallen am Faust.

Auf welche Weise binden Sie das Publikum ein?

Im Faust sieht das zum Beispiel so aus: An der Stelle, an der Faust das Gretchen erblickt, suche ich mir eine Dame aus dem Publikum aus, die ich anspreche und auf die Bühne führe. Beim neuen Stück kann ich noch nicht sagen, wie es laufen wird. Das ergibt sich je nach Zahl und Art des Publikums. Je unterschiedlicher, desto spannender ist es oft.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: