Reden wir über:Die Bedeutung von Sanktionen

Lesezeit: 1 min

Benedikt Hoigt begrüßt das aktuelle Gerichtsurteil

Interview von Barbara Mooser

Wer von Hartz-IV-Leistungen leben muss, muss künftig keine drastische Kürzung der Bezüge mehr befürchten - auch dann nicht, wenn er nicht so mit dem Jobcenter zusammenarbeitet, wie es vorgesehen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass monatelange Minderungen der Bezüge um 60 Prozent oder mehr mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Benedikt Hoigt , der von Dezember an das Ebersberger Jobcenter leiten wird, erläutert die Auswirkungen in der Praxis.

SZ: Macht das Gerichtsurteil Ihre Arbeit schwieriger oder leichter?

Benedikt Hoigt: Wir begrüßen das Urteil und sind froh, dass es künftig bei diesem Thema Klarheit gibt. Endlich ist geklärt, dass gewisse Sanktionen verfassungswidrig sind, andere aber auch künftig angewandt werden können. Nun ist erst einmal der Gesetzgeber gefordert, die Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen.

Wenden Sie denn oft Sanktionen an?

Nein, es sind ja auch bundesweit nur etwa drei Prozent der Kunden, die grundsätzlich von Sanktionen betroffen waren. Bei uns ist es wirklich nur eine Handvoll, bei denen wir diese Art der Sanktionen jährlich angewandt haben. Aber wir verstehen uns auch nicht als Sanktionsbehörde. Wir wollen den Bürgern helfen, dauerhaft von staatlichen Transferleistungen unabhängig zu werden.

Gab es Diskussionen mit den Betroffenen, wenn Sie Sanktionen verhängt haben?

Bisher nicht. Zum einen haben wir das mit den Betroffenen meist ganz gut klären können, zum anderen geht es bei uns wirklich meist nur um geringe Kürzungen von zehn Prozent der Bezüge, etwa, wenn jemand nicht zu Terminen erscheint. Diese Kürzungen sind auch künftig verfassungskonform.

Denken Sie, dass die Bereitschaft, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, geringer wird, wenn Sie weniger Druck ausüben können?

Wir sehen uns grundsätzlich nicht als Behörde, die Druck ausübt. Aber es ist schon gut, dass wir nach dem Motto "Fordern und fördern" auch weiterhin in gewissem Maße die Mitwirkung unserer Kunden einfordern können. Sanktionen bestimmen nicht unser Handeln, sind aber notwendig, wenn sich Einzelne entziehen, in dem sie etwa vereinbarte Termine ohne wichtigen Grund nicht wahrnehmen. Aber ich möchte nochmals betonen: Die allermeisten unserer Kunden sind ohnehin zur Zusammenarbeit bereit, ganz ohne Sanktionen.

© SZ vom 13.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: