Reden wir über:Das Ende einer Verfolgungsjagd

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Erich Kandlbinder hat im Juni 2015 in eine Verfolgungsjagd eingegriffen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Erich Kandlbinder ist wegen seiner Rettungstat für TV-Preis nominiert

Interview von Annalena Ehrlicher

Für sein Eingreifen bei einer Verfolgungsjagd in Markt Schwaben im Juni 2015 wurde der Markt Schwabener Erich Kandlbinder ) inzwischen für den Zuschauerpreis der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" nominiert. Indem er einem stark alkoholisierten Autofahrer, der vor der Esso-Tankstelle an der Ortseinfahrt Markt Schwaben wiederholt das Auto einer ihm unbekannten Frau rammte, den Schlüssel abnahm, verhinderte er möglicherweise Schlimmeres. Im Herbst wird der Preis verliehen. Bereits an diesem Mittwoch wird die Aktenzeichen-Episode um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt, in der die Verfolgungsjagd nachgestellt wurde.

SZ: Herr Kandlbinder, wie haben Sie den Abend im Juni 2015 in Erinnerung?

Erich Kandlbinder: Ich bin mit meiner Frau und meiner Tochter zum Pizzaessen gegangen. Im Nachhinein wurde mir erzählt, dass der Fahrer den Wagen der Frau wohl schon über Kilometer verfolgt und von hinten gerammt hatte. Die Frau hat sich in die Tankstelle geflüchtet - und was wir dann von der anderen Straßenseite aus gesehen haben, war, dass der Kastenwagen ein Auto über mehrere Meter vor sich hergeschoben hat. Der Fahrer hat immer wieder zurückgesetzt und ist dann wieder auf das andere Auto draufgefahren.

Haben Sie gesehen, wer im Auto saß?

Von der Seite konnte ich das nicht sehen, jung oder alt, vielleicht mehrere Leute.

Der Vorfall wurde so geschildert, dass Sie dem Fahrer den Schlüssel weggenommen haben. Wie hat sich das genau abgespielt?

Ich bin einfach über die Beifahrertür in das Auto rein. Da war der Fahrer natürlich überrascht. Er hat dann auch nach mir geschlagen aber das konnte ich mit der linken Hand abwehren und gleichzeitig mit der rechten Hand den Schlüssel schnappen. Damit bin ich dann schnell in die Tankstelle gelaufen und habe ihn dem Tankwart zum Einschließen gegeben. Danach musste ich schnell wieder raus, weil ja meine Frau und meine Tochter draußen standen.

Zusammengefasst: Sie sind in ein Auto gesprungen, ohne zu wissen, was Sie darin erwartet. Was haben Sie sich dabei gedacht?

Ich hab da überhaupt nicht länger überlegt! Ich wollte nur, dass er nicht weiterfahren kann. Es ging dabei ja nicht um das Auto, das war eh schon kaputt. Aber ich wollte weiteren Schaden verhindern, vor allem Personenschaden. Und zu dem Zeitpunkt wusste ich ja noch nicht, dass der Tankwart die Tanksäulen abgeschaltet hatte. Ich dachte, dass die Gefahr besteht, dass da etwas explodieren könnte. Das ging dann letztlich alles ganz schnell. Ich wurde von meiner Frau danach geschimpft (lacht).

Hatten Sie keine Angst?

Naja, hätten wir darüber geredet, wäre ich vielleicht nicht reingegangen. Das war einfach instinktiv. Die Idee war: Wie kann ich das Auto stoppen? Indem man ihm den Schlüssel wegnimmt. Das war für mich die einfachste Lösung. Ich bin ja danach auch direkt wieder aus dem Auto rausgesprungen. Ich wollte mit dem nicht konfrontiert werden.

Wie hat sich die Situation danach aufgelöst?

Als ich aus der Tankstelle kam, ist der Fahrer zu Fuß auf mich zugegangen und hat mit einer Geste angedeutet, dass er mir den Hals durchschneiden will. Aber er ist dann mit ein paar Metern Abstand stehen geblieben. Die anderen Leute, die da waren, haben sich dann neben mich gestellt und er ist einfach zurück ins Auto. Nach 20 Minuten kam die Polizei dazu und hat sich um alles gekümmert.

Haben Sie eine ähnliche Situation schon einmal erlebt?

So krass nicht. Man liest davon normalerweise eher in der Zeitung. Beim Eingreifen weiß man halt nie, an wen man kommt. Das kann ja auch blöd ausgehen. Und man weiß nie, wie man selbst reagieren würde. Da standen ja davor auch schon Leute, die der Szene entsetzt zugeschaut haben.

Jetzt wurden Sie für den XY-Zuschauerpreis - einen Preis für Zivilcourage - nominiert. Fühlt sich das für Sie komisch an?

Ach, nein, das ist schon okay. Und der Dreh, in dem alles nachgestellt wurde, war total interessant. Da waren teilweise mehr als vierzig Leute dabei. Das ist schon ein erheblicher Aufwand. Ich werde jetzt manchmal auch darauf angesprochen. Zum Beispiel, ob ich überhaupt noch arbeiten muss, jetzt wo ich ein Filmstar werde.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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