Prozess vor dem Amtsgericht:Zu schnelles Mundwerk

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Eine verbale Auseinandersetzung mit einem Rentner endet für einen jungen Autofahrer mit einer Geldstrafe

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Es gibt Situationen, da möchte man an der Intelligenz anderer Verkehrsteilnehmer zweifeln - laut aussprechen sollte man es indes nicht, das kann teuer werden. So auch im Falle eines jungen Autofahrers aus dem westlichen Landkreis. Der hatte einen Fußgänger als "Idiot" bezeichnet, wofür er nun vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Weil der 26-Jährige derzeit eine Ausbildung macht und wenig verdient, sah das Gericht 300 Euro als ausreichend.

Das sind immerhin 900 Euro weniger, als in einem zuvor in der Sache ergangenen Strafbefehl gefordert. Gegen diesen hatte der junge Mann Einspruch eingelegt. Angezeigt hatte ihn ein Rentner, mit dem der 26-Jährige im vergangenen Herbst in Streit geraten war - und das gleich mehrmals. Übereinstimmend schilderten beide, wie sie sich auf einer Baustellenumleitung das erste Mal begegneten. Der 26-Jährige hatte eine Einfahrt übersehen und sich mit seinem Anhängergespann quasi festgefahren. Weil er nicht wenden konnte, räumte er kurzerhand die Baustellenabsperrung zur Seite und befreite so sein Auto samt Anhang. Was einem Bewohner der nahegelegenen Wohnsiedlung ganz offensichtlich missfiel. Er stellte den jungen Mann zur Rede und machte außerdem Fotos von ihm und seinem Auto. Der Jüngere rief daraufhin bei der Polizei an, diese forderte den Älteren auf, die Fotos zu löschen.

In der Folge sei es immer wieder zu Begegnungen gekommen, schilderte der Angeklagte. Er habe in jener Zeit öfter am Haus des Zeugen vorbeifahren müssen, dieser sei dann am Straßenrand gestanden, habe "Leute fotografiert" und auch eindeutige Gesten gemacht, etwa Autofahrern den Vogel und den "Scheibenwischer" gezeigt. Auch an dem Tag, an dem angeblich die Beleidigung gefallen sein soll, sei der Rentner wieder aktiv gewesen. Ein Lastwagen hatte sich auf der Umleitungsstrecke verirrt und versucht, in der Siedlung zu wenden. Der Angeklagte, das gab er selber zu, habe nicht so lange warten wollen und sei hinter dem Lastwagen vorbeigefahren. Das habe der Rentner beobachtet und sofort zu schimpfen begonnen. Daraufhin sei er ausgestiegen, so der 26-Jährige, und habe den anderen gefragt, "ob er nichts Besseres zu tun hat", als andere Verkehrsteilnehmer zu belehren.

Dass er dabei das Wort "Idiot" angefügt habe, wie es der Zeuge behauptete, leugnete der Angeklagte zunächst: "Wenn ich jemanden beleidigen will, dann anders, das ist doch eher ein Wort aus der Generation meiner Eltern." Der Zeuge wiederum schilderte, dass ihn der Angeklagte sogar zweimal als "Idiot" tituliert habe - einmal sogar mit dem Zusatz "blöder". Dabei habe er dem Angeklagten lediglich zugerufen, dieser solle sich an die geltende Schrittgeschwindigkeit halten. Dass er öfter mal andere Verkehrsteilnehmer zur Einhaltung der Regeln mahne, bestätigte der Zeuge zwar auf Nachfrage des Gerichts. Angezeigt habe er bisher aber keinen, auch den nun Angeklagten habe er ja nicht wegen seines Fahrstils, sondern wegen der Beleidigung angezeigt.

An dieser hatte die Staatsanwaltschaft allerdings, trotz der Aussage des Angeklagten, keinen Zweifel. Auf den Wunsch der Verteidigung, das Verfahren einzustellen, ging die Vertreterin der Anklage nicht ein, so dass der Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt wurde. Aber wenigstens spart der junge Mann dadurch einiges Geld: Da im Strafbefehl noch sein Gehalt als Geschäftsführer einer Autovermietung zugrundegelegt wurde, hätte der 26-Jährige 1200 Euro zahlen müssen. Für einen Azubi seien aber 300 Euro angemessen - auch weil, so die Richterin, die Beleidigung "eher im unteren Bereich liegt, wenn man sich das Portfolio anschaut, das sonst hier verhandelt wird".

© SZ vom 24.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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