Projekt:Kunst zum Mitmachen

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Eröffnung des neuen Kunstprojekts der Stadt Ebersberg im Regen: Kunstvereinsvorstand Andreas Mitterer, Künstler Sladjan Nedeljkovic , Projektleiter Huber Maier und 3. Bürgermeister Josef Riedl. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Berliner Sladjan Nedeljkovic eröffnet eher harmlose Schau

Von Peter Kees, Ebersberg

Die Zeremonie beginnt bei Regen und dauert daher nur ein paar Minuten. Wegen des schlechten Wetters wandert die kleine Gruppe der Besucher vom Platz der Ehrenamtlichen schnell in die Räume der Galerie im Klosterbauhof. Dort findet ersatzweise die Eröffnung des diesjährigen Kunstprojektes der Stadt Ebersberg statt. Der in Berlin lebende Künstler Sladjan Nedeljkovic hat an dem Platz zwischen Klosterbauhof und Einkaufszentrum eine offene Bühne aus Fichtenholz bauen lassen. Das kleine dreistufige Bretterwerk versteht sich als Mitmachbühne. Bis November darf darauf jeder auftreten, ganz gleich womit, ganz gleich ob angekündigt oder nicht. Demokratie pur.

Noch weiß man freilich nicht, was auf dieser "Arena" tatsächlich alles passieren wird, ob überhaupt jemand das partizipatorische Angebot nutzen will. Immerhin, Thomas Hager, Beirat im Ebersberger Kunstverein, hat sich der Sache angenommen und will für den neuen Spielort ein Programm entwickeln. Er habe auch schon Anfragen bekommen, etwa von der Musikschule oder von Theaterleuten. Eines kann man dieser, zumindest für ihren Namen etwas zu klein geratenen "Arena" durchaus positiv abgewinnen: der eher tote Platz könnte durch diesen künstlerischen Eingriff an Leben gewinnen.

Erwartungsgemäß erfreut zeigte sich der bei der Eröffnung anwesende Vertreter der Stadt, Ebersbergs dritter Bürgermeister Josef Riedl. Entwicklung wird schließlich gerne als Aufgabe der Kunst gesehen; besser: die Kunst lässt sich dafür häufig instrumentalisieren, in diesem Fall für Stadtentwicklung. Natürlich hat Projektleiter Huber Maier recht, wenn er darauf hinweist, dass die Skulptur im Öffentlichen Raum längst andere Wege geht als einst in der klassischen Bildhauerei üblich. Doch worüber reden wir, der tradierte Kunstbegriff hat sich bereits mit Duchamp aufgelöst. Das war in den 1910er Jahren. Spätestens seit Joseph Beuys gilt der "erweiterte Kunstbegriff". Nedeljkovic geht es um den sozialen Kontext, und um etwas, das heute als modern gilt: Partizipation, vereinfacht ums Mitmachen.

Das zeigt sich auch in seinen Objekten in der Galerie. "Space arrangements" heißt die Ausstellung dort. Doch die selbstgezimmerten, schiefen Bücherregale, die den Besucher in der Eingangshalle empfangen - das Publikum soll Lieblingsbücher mitbringen und sie hineinstellen - ist ein alter Hut. Seit Ende der 1990er Jahre gibt es vielerorts öffentliche Bücherschränke, in die Menschen Bücher stellen, so dass andere sie lesen können. Der Unterschied in Ebersberg: Am Ende bekommt der Eigentümer sein Buch zurück.

Auch das schicke Fahrrad oder die Picknickdecke zum Ausleihen sind eher triviale Einfälle, wenig bahnbrechend, die - politisch völlig im Mainstream - Aspekte des gegenwärtigen gesellschaftlichen Common Sense schlicht bebildern. Es kommt noch dicker: Nedeljkovic ist einer jener Künstler, die, wenig originell, auf die Tagespolitik der Flüchtlingsproblematik aufspringen. Auf angekokelten Plakaten, ein ästhetischer Zugriff, der eher hilflos unkünstlerisch wirkt, hat er Zitate von Flüchtlingen geschrieben, die er im Internet fand. Da heißt es etwa: "Ich träume von einer Gesellschaft mit gleichen Rechten und Chancen für alle." Selbstverständlich ist dieser Satz berechtigt, doch von einem Künstler erwartet man mehr als einen einfachen "Eins zu Eins"-Umgang mit dieser Thematik.

Stark sind hingegen seine mit silberner Farbe übersprühten Zeitungsseiten unter dem Titel "Coverings", auf denen nur noch die einstigen Fotos hervorschauen, ohne den einstigen Bezug zum Text. Das funktioniert, weil die übrig gebliebenen Bilder beim Betrachter Erinnerungen wachrufen, Assoziationen freisetzen und neue Gedankengänge in Bewegung bringen können. Unterm Strich: Der neuen Ausstellung in der Alten Brennerei fehlen innovative Ansätze. Am Ende ist sie schlicht Abbild des immer inflationärer werdenden Kunstbetriebes.

© SZ vom 02.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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