Posdiumsdiskussion:Viel zu sagen

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Beim Ebersberger SZ-Forum zur Bundestagswahl diskutieren fünf Direktkandidaten beinahe drei Stunden über ihre politischen Vorhaben

Von Johanna Feckl

Wer die Wahl hat, der hat die Qual. Damit die oft beschwerliche Entscheidung, wo das Kreuz bei der Bundestagswahl am 24. September stehen wird, etwas leichter fällt, haben die Direktkandidaten der Parteien, die voraussichtlich im nächsten Bundestag vertreten sein werden, am Donnerstagabend beim SZ-Forum im Alten Kino Ebersberg Überzeugungsarbeit geleistet. Etwa 120 Gäste waren gekommen und 1200 Leute verfolgten die Debatte via Live-Stream auf Facebook. Die SZ-Redakteure Karin Kampwerth und Wieland Bögel befragten Lukas Schmid (Die Linke), Anna-Maria Lanzinger (Grüne), Ewald Schurer (SPD), Peter Pernsteiner (FDP) und Andreas Lenz (CSU) zu ihren Plänen in den Bereichen Wohnungsbau, Umweltschutz, Verkehr, Familie, Bildung und Migration. Brigitte Fischbacher (AfD) sagte ihre Teilnahme aus gesundheitlichen Gründen wenige Stunden vor Veranstaltungsbeginn ab.

Wohnungsbau

Zunächst herrschte Einigkeit: Im "Speckgürtel von München", wie es Andreas Lenz ausdrückte, ist bezahlbarer Wohnraum ein großes Problem. Lukas Schmid sieht in einer Bodenpreisdeckelung und im Ausbau von Sozialwohnungen Möglichkeiten, der schwierigen Wohnsituation etwas entgegenzusetzen. Letzteres betonte auch Ewald Schurer. Er verwies auf die Vorreiterrolle Poings: Die Gemeinde vergibt Baurecht an Investoren nur dann, wenn eine bestimmte Fläche des Vorhabens einen sozialen Zweck erfüllt. Lenz hält die Stärkung von Genossenschaftswohnungen und eine verbesserte Mietpreisbremse für den richtigen Lösungsweg. Dafür müssten die Kommunen im Landkreis aber erst einen Mietspiegel erarbeiten. Ob und wie ein solches Projekt angepackt wird, "das kommt darauf an, wer in den Gemeinderäten sitzt", gab Anna-Maria Lanzinger zu bedenken. Lenz, Schurer und Peter Pernsteiner legen den Fokus auch auf die Nachverdichtung, man müsse mehr in die Höhe bauen. Pernsteiner sprach sich auch für vereinfachte Bauvorschriften aus.

Umweltschutz

Andreas Lenz war der einzige auf dem Podium, der mehr Windkrafträder im Landkreis ablehnt. Stattdessen setzt er auf ein "Gesamtkonzept", also auf ein System aus Netzausgleich und Speichertechniken, das man europaweit denkt. Mit einem Verweis auf Elektroautos war sich auch Peter Pernsteiner sicher, dass ein "massiver Netzausbau" notwendig ist. Denn ein solches Auto verbrauche im Jahr mindestens so viel Strom wie ein Familienhaushalt. Bei allem Lob für die Förderung von E-Autos dürfe man laut Ewald Schurer und Anna-Maria Lanzinger eines nicht vergessen: "Wir müssen möglichst viele Menschen auf den öffentlichen Nahverkehr bringen, da sparen wir die meiste Energie", sagte Schurer. Lukas Schmid forderte den Stopp von Dieselsubventionen und Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Städten.

Verkehr

Der Linke Lukas Schmid möchte den Busverkehr stärken: Ein Ringschluss sei notwendig, der die Außengemeinden miteinander verbindet. Dasselbe Ziel verfolgt auch Lanzinger. Zusätzlich forderte sie für junge Menschen MVV-Tickets, deren Kosten die Kommunen subventionieren. Pernsteiner, Schurer und Lenz plädierten für einen Ausbau des S-Bahnnetzes; Pernsteiner und Schurer sprachen dabei explizit von einer Ausweitung bis nach Wasserburg und Rosenheim. Ergänzend warf Lenz ein, dass der nötige Ausbau "so bürgerfreundlich wie möglich" vonstatten gehen muss, also mit Lärmschutzvorrichtungen und barrierefreien Bahnhöfen.

Familie

Schmid plädierte für eine Erhöhung des Kindergeldes auf 320 Euro, denn "weniger geht nicht". Daneben möchte die Linke auch das Elterngeld Plus für Alleinerziehende stärken und es ihnen erleichtern, nach einer Elternzeit in den Beruf zurückzukehren. Auch Erziehungszeiten müssten unbedingt bei den Rentenansprüchen berücksichtigt werden. Anna-Maria Lanzinger und ihre Partei möchten ein Familienbudget einführen. Dabei soll jedem Kind eine monatliche Grundsicherung von 300 Euro zustehen. Schurer, Lenz und Pernsteiner sprachen sich für höhere Kinderfreibeträge bei der Steuer aus. Darüber hinaus forderten die CSU- und FDP-Kandidaten die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die eine große Steuererleichterung für Familien bedeuten würde.

Bildung

Pernsteiner versprach mehr Ganztagsschulen und ein gesetzliches Verbot von Unterrichtsausfällen. Außerdem sollte das Kooperationsverbot aufgehoben werden, laut dem die alleinige Verantwortung für Bildungspolitik in den Händen der jeweiligen Bundesländer liegt. Dem stimmte auch Lanzinger zu. Schurer hielt zwar grundsätzlich am Kooperationsverbot fest, aber mit Verbesserungen und Aufweichungen. Lenz hingegen betonte die Sinnhaftigkeit der föderalen Bildungspolitik: "Wir brauchen Vergleichbarkeit, aber niemanden in Berlin, der entscheidet, wie man hier ein Gymnasium ausstattet." Der CSU-Mann verteidigte auch das Betreuungsgeld. Schurer und Schmid möchten die Kosten für Kitaplätze abschaffen. Zusätzlich forderte Schmid das gleiche Gehalt von Lehrkräften über alle Schularten hinweg. Lanzinger sieht Mängel in der digitalen Ausstattung der Schulen.

Migration

Lenz hob die Notwendigkeit einer Begrenzung des Zuzugs hervor, denn nur so sei eine erfolgreiche Integration möglich. Von seinem SPD-Kollegen erntete der CSUler dafür Kritik. Pernsteiner sieht die finanzielle Situation als Schlüssel für eine erfolgreiche Integration und forderte den Bund auf, den Kommunen mehr Geld für Integrationsleistungen zur Verfügung zu stellen. Dem pflichteten auch Schmid und Lanzinger bei. Laut Lanzinger würde der Bund davon profitieren: Ist ein ausreichendes Angebot für Sprach- und Integrationskurse vorhanden, könnten Migrantinnen und Migranten schneller ins Berufsleben einsteigen und Steuern zahlen.

Auf der Facebook-Seite der SZ Ebersberg (www.facebook.com/szebersberg) kann man sich die Podiumsdiskussion jederzeit ansehen.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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