Porträt:Vom Dunkeln ins Licht

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Brad Lentz aus Zorneding widmet sich seit Jahrzehnten der analogen Fotografie. Nun stellt er seine Aufnahmen aus aller Welt erstmals aus

Von Anna Horst

Wenn man heutzutage ein Foto machen will, holt man sein Handy aus der Hosentasche, macht sich höchstens die Mühe, den Blitz einzuschalten, und knipst dann 50 Fotos vom gleichen Motiv. Einmal im Jahr, nämlich genau dann, wenn der Speicherplatz des Handys voll ist, geht man die Bilder durch und löscht 49 der besagten 50 Stück. Auf ganz andere Weise sind die Bilder entstanden, die in der Ausstellung "Reise zu den Wurzeln der Fotografie" am kommenden Wochenende in Markt Schwaben zu sehen sind: Brad Lentz aus Zorneding hat sie analog aufgenommen und in der eigenen Dunkelkammer entwickelt.

Der gebürtige Amerikaner, Jahrgang 1940, fotografiert schon seit seiner Kindheit, die Bilder der Ausstellung sind Zeugen seines Lebens an unterschiedlichsten Orten der Welt. Es ist eine bunte Mischung aus alten, neuen und solchen Fotos zu sehen, die er schon vor bis zu 30 Jahren geschossen, aber erst vor Kurzem entwickelt und bearbeitet hat. "Jeder Raum der Ausstellung hat ein anderes Thema. Eine Bildergruppe zeigt das Maibaumaufstellen dieses Jahr in Zorneding, andere Fotos habe ich in den Vereinigten Staaten gemacht", erzählt Lentz. Die Schau in der Praxisgemeinschaft Herzog-Ludwig-Straße 9 ist für ihn eine Premiere, zustande kam sie über persönliche Kontakte. Vielleicht gebe es irgendwann noch eine weitere Ausstellung im Rathaus Zorneding, sagt er, aber genau wisse er das noch nicht.

Die Fotografien von Brad Lentz weisen häufig wiederkommende Muster auf: Links ist die runde Form der Wagenräder in der ehemaligen Turmuhr wiederzufinden. Bei der rechten Aufnahme ist die blaue Farbe des Himmels und des verrosteten Lasters der verbindende Faktor. (Foto: Brad Lentz/oh)

Ursprünglich hatte Lentz Geschichte in Harvard studiert, stieg dann aber auf den IT- Bereich um. Dieser Job führte ihn vor mehr als vierzig Jahren unter anderem nach Italien, Frankreich und in die Niederlande, Ende der Neunziger zog er schließlich nach Zorneding, wo er heute noch lebt. Die Fotografie blieb währenddessen immer seine große Leidenschaft.

Mit acht Jahren bekam Lentz seine erste Fotolaborausrüstung geschenkt und entwickelte von da an vor allem Familienfotos und Bilder aus seinem Alltag in einer improvisierten Dunkelkammer. Während man die nötigen Chemikalien für die Entwicklung heute problemlos im Fachgeschäft kaufen kann, musste Lentz zu Beginn die Flüssigkeiten selbst mischen. "Am Anfang habe ich viel ausprobiert und herumexperimentiert. Die ersten Ergebnisse waren natürlich nicht so toll", erinnert er sich. Später habe er bei Foto-Klubs mitgemacht und dort viel über das Fotografieren und die Entwicklung gelernt.

Seit Lentz in Rente ist, hat er für sein großes Hobby noch mehr Zeit als früher. Der analoge Fotoapparat, der die Bilder auf einem Film als Negativ ablichtet, begleitet ihn überall mit hin: "Gerade war ich mit meiner Frau in Frankreich. Da hatte ich natürlich auch die Kamera dabei und drei Filme sind voll geworden", sagt Lentz. Mit einem 35-Millimeter-Film könne man höchstens 36 Aufnahmen machen, erklärt er. Anders als beim Knipsen mit dem Handy muss man also selektiv vorgehen.

Veträumter Moment: Die Motivwahl beschränkt sich nicht auf bestimmte Themen. (Foto: Veranstalter/oh)

Lentz' Motivauswahl begrenzt sich nicht auf bestimmte Themen, die Fotos zeigen verschiedenste Objekte. Was viele seiner Werke aber gemein haben, sind sogenannte "Patterns", also sich im Bild wiederholende Strukturen. Das können Muster in der Architektur eines Gebäudes, aber auch wiederkehrende Farben sein. Meist entdecke er interessante Motive durch Zufall, "einfach beim Herumlaufen". Trotzdem könne man eben wegen des begrenzten Speichers nicht einfach drauf los knipsen: "Wenn man etwas Bestimmtes fotografieren will, muss man sich schon vorher überlegen: Was möchte ich überhaupt haben? Wie wird das Motiv aussehen, stimmt die Beleuchtung?", so der Hobbyfotograf. Mit der Zeit habe er aber ein Auge dafür bekommen, was gut aussehe und was nicht.

Bilder, mit denen man hinterher trotzdem nicht zufrieden ist, kann man beim Entwickeln noch bearbeiten: "Es können Vergrößerungen angefertigt und Bildteile heller oder dunkler gemacht werden. Bei Farbfotografien kann man auch die Farbtöne verändern. Das ist ein Vorteil gegenüber Schwarz-Weiß-Bildern, aber gleichzeitig auch eine Herausforderung", sagt Lentz. Er selber fotografiere inzwischen lieber in Farbe, erzählt er, obwohl das natürlich Geschmackssache sei. Für Anfänger seien jedoch Schwarz-Weiß-Fotos besser geeignet, da deren Entwicklung unkomplizierter sei: Diese Negative müssten zwischen zehn und zwanzig Minuten bei Raumtemperatur mit den Chemikalien in Kontakt sein. "Das Entwickeln von Farbfotos ist da schon schwieriger: Die Temperatur der Chemikalien muss hier genau 37 Grad betragen, und die Fotos müssen für 3,2 Minuten darin liegen. Da zählt jede Sekunde."

Hobbyfotograf Brad Lentz. (Foto: privat/oh)

"Reise zu den wurzeln der Fotografie", Ausstellung von Brad Lentz in der Praxisgemeinschaft Herzog-Ludwig-Straße 9 in Markt Schwaben, zu sehen am Freitag, 19. Oktober, von 18 bis 21 Uhr und am Samstag, 20. Oktober, von 10 bis 13 Uhr.

© SZ vom 17.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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