Poing:Letztes Abendmahl

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Im Oldtimer, begleitet von etwa 200 Menschen, fuhr Michael Holzer nach dem Gottesdienst durch den Ort. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Pfarrer Michael Holzner verabschiedet sich mit einem feierlichen Gottesdienst von der Kirchengemeinde Poing. Die genauen Hintergründe seiner Abberufung bleiben offen

Von Korbinian Eisenberger, Poing

Die Besucher drängten sich bis in die Eingangspforte, wer Pech hatte, erwischte einige Regentropfen an diesem Sonntagvormittag in Poing. Zum Abschieds-Gottesdienst von Pfarrer Michael Holzner hatten sich etwa 300 Menschen in der St.-Michaels-Kirche versammelt. Bei der Hostienausgabe ging Holzner schließlich das Material aus. Dass sei ihm "noch nie passiert", sagte er. Holzner, der selten um einen Spruch verlegen ist, predigte am Sonntag nach fast 19 Jahren zum letzten Mal für die katholische Kirchengemeinde Poings. Anschließend wurde der 55-Jährige in einem Oldtimer durch den Ort chauffiert, gefolgt von Fahnenträgern, einer Blaskapelle und 200 Menschen.

Es war ein Abgang, der kaum hätte feierlicher sein können. Mit Holzner verabschiedete sich ein Mann, der bei den Leuten im Dorf beliebt war, wie kaum ein anderer Pfarrer im Landkreis Ebersberg. Mit Holzner geht aber auch ein Mann, der im Frühjahr zu einem umstrittenen Politikum geworden war. Das Ordinariat hatte interne Untersuchungen eingeleitet, Holzner wurde vorgeworfen, Gelder nicht ordnungsgemäß verwendet zu haben. Bei den Prüfungen des Ordinariats wurden etwa Buchhaltung und Kassenführung untersucht. Um welche Geldbeträge es sich im Poinger Fall handelt, darüber gibt das Ordinariat keine Auskunft. Holzner selbst äußerte sich bisher nicht zu den Vorwürfen.

Im Pfarrgemeinderat und in der Bevölkerung sorgten die Anschuldigungen für Bestürzung. Die wenigen, die am Sonntag darüber sprachen, glauben dem Pfarrer, einige vermuten eine Verschwörung des Ordinariats, um einen Grund für die Versetzung zu finden. Die Erzdiözese München Freising begründete die kurzfristige Abberufung damit, dass Holzner bereits mehr als die übliche Maximaldauer von 15 Jahren in Poing tätig gewesen ist. Holzners Versetzung nach fast 19 Jahren sei demnach seit längerem geplant gewesen, hieß es.

Plötzlich ging alles ganz schnell: Anfang Februar informierte Holzner in der Sonntagsmesse über seine Abberufung. Drei Wochen später, am 1. März, trat er bereits seine neue Stelle in der Pfarrei Neuaubing-Westkreuz an. Derzeit betreut Anzings Pfarrer Bernhard Waldherr zusammen mit Diakon Hans Dimke vom Pfarrverband Anzing-Forstinning die Pfarrgemeinde Poing mit. Von September an übernimmt Christoph Klingan, 38, bis dato Sekretär des Erzbischofs von München-Freising.

Am Ende seines vorerst letzten Gottesdienstes in Poing bedankte sich Holzner bei jenen, die ihn über die Jahre "begleiteten und unterstützten". Er habe "immer einen guten Kontakt" zum Rathaus gehabt, zu Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) und dessen Vorgänger Rainer Lauterbach (CSU). Holzner lobte die Mitarbeiter der Kirchengemeinde, die Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde und das Engagement der ortsansässigen Vereine. "Ein Pfarrer ist ein armer Hund wenn er alleine ist", sagte Holzner. Anschließend folgten ihm Fahnenträger der Freiwilligen Feuerwehren, Goaßlschnalzer, Vertreter der Kolping-Gemeinde, Musiker, Pfadfinder und der Soldaten- und Kameradschaftsverein bis zum Rupert-Mayer-Pfarrheim.

"Er wird hier fehlen", sagt Kirchgänger Heiner Steinbrunner von den Senioren-Fußballern Poing, wo Holzner gelegentlich mitkickt. Zuletzt sei Holzner jedoch immer seltener aufgelaufen. "Der Michi hatte keine Zeit mehr", sagt Steinbrunner. Auch das ist Teil der Geschichte einer Kirchengemeinde: Deren Entwicklung hängt immer mit den Vorgängen innerhalb eines Orts zusammen. In Poing, der am schnellsten wachsenden Gemeinde im Landkreis, brachten die hohen Zuzugszahlen auch einen Anstieg bei den Mitgliedern der Kirchengemeinde mit sich - und entsprechenden Verwaltungsaufwand. Was an den Vorwürfen an Holzner dran ist, ist bisher nicht bekannt, das Ordinariat hat keine Ergebnisse präsentiert. Holzner dürfte wieder mehr Zeit haben, vermutet Steinbrunner. Zumindest habe er sich für den nächsten Senioren-Kick am Mittwoch angekündigt.

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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