Poing:Leerer Bauch lernt nicht gern

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Referent Lamine Doumbia von der Welthungerhilfe ist extra aus Bayreuth gekommen, um den Kindern das Projekt in Burundi näherzubringen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Poinger Seerosenschüler sammeln mit einem Sponsorenlauf Geld für ein Projekt der Welthungerhilfe in Burundi

Von serafine dinkel, Poing

"Dem Hunger Beine machen" wollen die Schüler der Seerosenschule Poing mit ihrem Sponsorenlauf am kommenden Montag. So oft wie möglich sollen sie in 60 Minuten eine Strecke von 800 Metern im Gemeindesportzentrum schaffen. Jede gelaufene Runde bekämpft den Hunger in Burundi ein bisschen mehr. Denn die Schüler haben sich Sponsoren organisiert, die pro Runde einen Betrag spenden. Je mehr Strecke zurückgelegt wurde, desto mehr Geld kommt dem Projekt "Schulspeisung" der Welthungerhilfe in Burundi zugute.

Viele Organisationen wurden mit dem Lauf schon unterstützt, diesmal sollen die Schüler aber "einen konkreten Bezug dazu bekommen, für wen und was sie da spenden", erklärt die Koordinatorin und Stellvertretende Schulleiterin Petra Weiß. Deswegen hat sie Lamine Doumbia aus Mali, Referent der Welthungerhilfe, für zwei Vorträge vor jüngeren und älteren Schülern eingeladen.

Die Welthungerhilfe kämpfe gegen Hunger und Armut, erklärt er, und fragt: "Was ist Armut?

" "Wenn man nichts zu essen kriegt", antwortet ein Mädchen aus der Vorschule. "Stimmt", sagt Doumbia. "Das ist auf jeden Fall die Folge". Er beginnt, aus einer den Kindern fremden Welt zu berichten. Die Schüler erfahren, dass Burundi das am stärksten von Hunger betroffene Land der Welt ist; zwei Drittel aller Kinder unter fünf Jahren sind dort unterernährt. Ein Film zeigt den Alltag an einer Schule: Eltern kochen in riesigen Stahltöpfen auf offenem Feuer die Mittagsmahlzeit für 1200 Kinder. Das Brennholz dafür haben sie selbst gesammelt, die Nahrungsmittel stammen von der Welthungerhilfe. So versorgt die etwa 100 000 Kinder an hundert Schulen in Burundi. Mittags essen die Kinder Hirsebrei und Bohnensoße - mit den Händen. Weil es nicht genug Platz für alle gibt, wird in Schichten gegessen. Jeder wäscht seinen Teller, damit er gleich wieder verwendet werden kann.

"Warum sind die so arm?", will eine Schülerin wissen. "In den Neunzigerjahren gab es dort einen schlimmen Bürgerkrieg. Das hat viel zerstört, das Land hat sich nicht erholt", erklärt Doumbia. Das Projekt sei deswegen so wichtig, weil viele Kinder mit leerem Magen in die Schule kommen und die Mahlzeit mittags brauchen, um am Nachmittag weiter lernen zu können. "Mit leerem Bauch kann man sich nicht konzentrieren, oder?", fragt Doumbia. Allgemeines Kopfschütteln in der Runde. An diesem Punkt sind sich alle einig.

Vor den Schülern von der dritten bis zur neunten Klasse beschreibt Doumbia nicht nur die Schulspeisung in Burundi, sondern auch Projekte in seinem Heimatland Mali in Westafrika. Dort unterstützt die Welthungerhilfe "mobile Schulen", in denen Kinder von Nomaden unterrichtet werden können. Alle sind überrascht, als Doumbia erklärt, dass der Unterricht in Burundi und Mali nicht in den lokalen Sprachen Kirundi und Bambara gehalten wird, sondern auf Französisch. Dass schon Grundschüler zuhause eine andere Sprache sprechen als in der Schule, finden die Schüler beeindruckend.

Doumbia selbst lebt seit zehn Jahren in Bayreuth; er ist Doktorand und Dozent der Sozialanthropologie. Seit eineinhalb Jahren hält er Vorträge für die Welthungerhilfe, oft in Schulen. Den Kindern anschaulich Projekte näherzubringen, sagt er, mache ihm großen Spaß. Und das wird auch deutlich: Begeistert sprechen viele ihm nach, als er einige Worte in Bambara spricht.

Andere Themen erregen die Gemüter. Zum Beispiel, dass in manchen Schulklassen in Burundi bis zu hundert Schüler sitzen - genauso viele, wie im Vortragsraum an der Poinger Schule. Doumbia berichtet, in seiner Kindheit sei die Klasse irgendwann geteilt worden: Eine Gruppe sei am Vormittag unterrichtet worden und eine am Nachmittag. "Haben die da eigentlich Smartphones", ruft ein Schüler

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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