Poing:Kreativer Dialog

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Haben sich dem Fragmentarischen verschrieben: Bildhauer Karl Orth und Maler Johannes Mayrhofer stellen gemeinsam in Poing aus. (Foto: Christian Endt)

Bildhauer Karl Orth und Maler Johannes Mayrhofer stellen gemeinsam in Poing aus

Von Anja Blum, Poing

Ein feines Duett aus Gemälden und Skulpturen ist in der Poinger Galerie "Kunst Form Orth" zu sehen: eine gemeinsame Ausstellung des Anzinger Malers Johannes Mayrhofer und des Poinger Bildhauers Karl Orth. Die beiden kennen sich seit einigen Jahren aus der Künstlergruppe "Kunststoff", doch dies ist das erste Mal, dass sie als Duo auftreten. "Wir haben einfach festgestellt, dass es zwischen unseren Werken zahlreiche Resonanzen gibt", sagt Mayrhofer. Er selbst habe außerdem extra auf die Ausstellung mit Orth hingearbeitet, sich von dessen Skulpturen zu neuen Experimenten auf Leinwand inspirieren lassen. Und das zahlt sich aus: Beide Werkgruppen treten hier tatsächlich in einen kreativen Dialog mit Mehrwert, die Bezüge in Form und Inhalt sind augenfällig.

"Zwei Drei Dimensional" lautet der Titel der Schau, die am Freitag, 18. November, um 18 Uhr eröffnet wird. Und damit ist auch schon das Hauptthema benannt: Die Skulpturen von Ort sind freilich dreidimensional, doch auch Mayrhofers Bilder nehmen mehr Raum ein als die bloße Wand, mit allerlei Effekten gelingt es dem Maler, die Illusion von Tiefe zu erzeugen.

Die Werke von Orth gleichen sich dabei stark: Er zeigt silberne Frauen. Laufend, hockend oder stehend. Lauter nackte Körper, unter seinen Händen entstanden aus Blechen und Eisenstangen. Der Plan dafür ist dabei schon lange im Kopf des Künstlers angelegt. "Ich forme die Teile mit dem Hammer vor, dann schweiße ich sie zusammen, bearbeite sie mit der Flex und brenne Löcher hinein", erklärt der 46-Jährige. Denn er möge einfach keine "geschlossenen Sachen".

Die Skulpturen des Poingers sind also - vom Blickwinkel der Realität aus betrachtet - unvollständig. Ihre "Haut" ist von oben bis unten zerfressen, teils fehlen ganze Gliedmaßen, aus den Stümpfen ragen Eisenstangen, was den Körpern einen androiden Charakter verleiht. Doch trotz dieser scheinbaren Makel und des rabiaten Entstehungsprozesses wirkt das Ergebnis völlig gegensätzlich: Orths Frauen strahlen große Anmut aus. Ihre Formen sind rund, die Proportionen ansprechend, Gesichter und Körperhaltungen drücken nicht Schmerz, sondern Ruhe und Gelassenheit aus. "Das Auge muss sich hier jedoch vieles selbst zusammenbasteln und bleibt dadurch länger hängen", sagt der Bildhauer und lächelt verschmitzt.

Eine Erkenntnis, die sich sein malender Kollege Mayrhofer ebenfalls gerne zu Nutze macht: Auch er spielt in vielen seiner Arbeiten mit der Auslassung, dem Unvollständigen. Dazu trägt er eine Art Zaubergrundierung auf, die Acrylfarben auf Wasserbasis nur teilweise annimmt und dem Material damit Spielräume lässt. Die Pigmente perlen ab oder lassen sich wieder wegwischen. So entstehen in schwungvollen, breiten Pinselstrichen löchrige Strukturen von ganz besonderer Ästhetik, die den Bildern Raum verleiht. Solch eigensinnigen, fragmentarischen Oberflächen seien bei Bildern oder Skulpturen "immer ein Hingucker - aber auch eine Botschaft", sagt Mayrhofer mit Blick auf das Ideal, das das Auge ja stets zu finden versuche.

Doch der Maler bleibt beim Zufall der perlenden Pigmente, bei der formalen Spielerei, nicht stehen. "Für mich muss es über die reine Abstraktion hinaus weitergehen, ich lasse mich gerne zu Figürlichem verlocken", sagt der 74-Jährige und lächelt. Sein Lieblingsmodell ist derzeit ein kleine, schwarz-weiße Plastikkuh, die sich in allen möglichen Größen und Formen auf den Gemälden wiederfindet. Mal grasend auf der Weide, mal auf dem Kopf stehend als Wolkenformation, mal als Skelett. Aber auch ein Stier und eine Sennerin gehören zum illustren Personal, mit dem Mayrhofer seine surrealen Szenen bestückt. Vor wilden Wellen und Schwüngen in Blau und Grün entsteht so gemalte Räumlichkeit - mythologische Landschaften etwa oder dramatische Bergwelten. Und vor diesem Hintergrund, da kommen die anmutigen Silberfrauen von Orth erst richtig gut zur Geltung.

"Zwei Drei Dimensional": Ausstellung von Karl Ort und Johannes Mayrhofer, Kunst Form Orth, Eichenweg 4 in Poing. Vernissage am Freitag, 18. November, von 18 Uhr an. Zu sehen bis 11. Dezember, mittwochs bis freitags von 14 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 18 Uhr.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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