Poing:4000 statt 2000 Neubürger - Poing wächst weiter rasant

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Der Poinger Gemeinderat beschließt, dass in den zwei verbleibenden Wohngebieten doppelt so viele Menschen leben sollen, damit sich auch Normalbürger die Mieten leisten können.

Von Jan Schwenkenbecher

Die Gemeinde ist familienfreundlich, ein innovativer Gewerbestandort, es gibt einen Wildpark mit Abenteuerspielplatz. Und es gibt eine S-Bahn, die nach München fährt. Poing ist attraktiv, wie das Marktforschungsinstitut des Immobilienverbands Deutschland (IVD) neulich in seinem Marktbericht für das Münchner Umland schrieb - Man könnte auch sagen: Poing ist sexy. In keine Gemeinde im Landkreis sind in den letzten zehn Jahren so viele Menschen gezogen wie nach Poing, 2500 Personen waren es etwa.

Bis 2030 wird diese Einwohnerzahl auf etwa 19 000 bis 22 000 Menschen steigen, das ergab ein Gutachten, das am Donnerstagabend im Gemeinderat vorgestellt wurde. Doch das Gutachten war in der Sitzung nur eine Randnotiz. Das große Thema war, wie die Gemeinde mit dem Zuzug und den dadurch steigenden Immobilienpreisen umgehen soll. Und so beschlossen die Gemeinderäte einstimmig, nachzuverdichten.

"Es wäre ein Wahnsinn", sagte Gemeinderat Peter Maier (SPD), "wenn wir an dem alten Plan festhalten würden." Der alte Plan, das ist ein Flächennutzungsplan, den die Gemeinde 1980 aufstellte. Er teilte die Fläche der Gemeinde in acht Wohngebiete W 1 bis W 8 auf und formulierte Regeln zu deren Bebauung. Die ersten sechs Areale sind oder werden bereits bebaut, nun ging es im Gemeinderat um die beiden verbliebenen Flächen W 7 und W 8 nördlich der Bergfeldstraße.

"Nach der alten Variante wäre nur die halbe Fläche bebaut", sagte Christian Böhm, Architekt aus München, den die Verwaltung damit beauftragt hatte, verschiedene Bebauungskonzepte durchzurechnen. Die Baudichte liege heute höher, als 1980 angenommen, so Böhm. Verfolge man einen Baustil wie in den angrenzenden Gebieten unterhalb der Bergfeldstraße, baue drei- bis vierstöckige Reihenhäuser und einige Ein- und Mehrfamilienhäuser, könne man Wohnraum für etwa doppelt so viele Personen schaffen.

4000 statt 2000 Menschen also, schnell zeigten sich alle Gemeinderäte von dieser Variante angetan. Zudem sollen auf den Grundstücken ein Gymnasium und eine Kita entstehen. "Die alte Variante scheint mir in Zeiten großen Wohnungsbedarfs als Verschwendung", so Böhm. Zwar stellte er auch noch eine Version vor, die eine Bebauung nach "Münchner Verhältnissen" vorsah. Doch sie enthielt achtstöckige Bauten und wurde von den Gemeinderatsmitgliedern schnell verworfen. Die 4000er-Variante also.

So könnten die beiden Grundstücke oberhalb der Bergfeldstraße bebaut werden. Die Konzeptstudie eines Architekturbüros zeigt, wie 4000 Menschen, ein Gymnasium und eine Kita Platz hätten. (Foto: Verwaltung Poing (OH), Bearbeitung SZ)

Ein Problem bleibt der Verkehr

Bauen allerdings will die Gemeinde Poing die Wohnungen nicht selbst, das soll ein Bauträger übernehmen. Wer das wird, ist derzeit noch unklar. Dennoch will man weiterhin mitbestimmen, wer in den Wohnungen einziehen darf. Das soll vertraglich festgehalten werden. "Wir lassen uns da auch anwaltlich beraten", sagte Bürgermeister Albert Hingerl (SPD). Denn wichtig war allen Gemeinderäten, dass auf W 7 und W 8 bezahlbarer Wohnraum entsteht.

Ein Problem blieb allerdings: der Verkehr. Nachdem Böhm seine Präsentation beendet hatte, stellte Verkehrsgutachter Harald Kurzak eine Verkehrsprognose vor. Die 4000 Neu-Bürger bedeuteten für die Bergfeldstraße eine Verdopplung des Verkehrs und würden die Straße so sehr be- und überlasten, so Kurzak, dass an den Kreuzungen mit der Kirchheimer Allee und mit der Plieninger Straße Kreisverkehre gebaut werden müssten.

Für letztere Einmündung empfahl Kurzak sogar eine Ampel samt Linksabbiegerspur. Seine Präsentation schloss er mit einem Appell: Die Verantwortlichen sollten, wenn es an die konkrete Planung gehe, nicht nur den Kfz-Verkehr berücksichtigen. Auch solle ein attraktives Radwegenetz und Möglichkeiten zum Car-Sharing geschaffen werden, zudem solle der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden.

Groß diskutiert wurde im Gemeinderat nicht, alle waren sich einig, dass die Gemeinde weitere Wohnungen braucht. Und auch, dass sie mehr braucht, als 1980 geplant wurden. "Worum es mir geht", sagte Bürgermeister Hingerl, "ist zu schauen, wie wir mit unseren Grundstücksflächen bezahlbaren Wohnraum schaffen." Sein Parteikollege Maier ergänzte: "Es geht hier nicht nur um Sozialwohnungen. Es geht auch um Normalverdiener, die sich die Miete in Poing nicht mehr leisten können. Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute, die hier arbeiten, auch hier leben können."

Das sahen auch der Zweite Bürgermeister Franz Langlechner (CSU) und seine Parteikollegen so. "Auf der einen Seite sind Einfamilienhäuser bei den heutigen Grundstückspreisen überholt", so Langlechner. "Andererseits sollte der Ortsrand auch etwas Auslaufendes haben."

Letztlich beschloss der Gemeinderat einstimmig, die weiteren Schritte vorbereiten zu lassen. Der Spatenstich ist für 2020 angepeilt.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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