Poing:Bonus mit vielen Fragezeichen

Lesezeit: 2 min

Neue Qualitätsoffensive des Freistaats für Kindertagesstätten stößt nicht überall auf Begeisterung

Von Barbara Mooser, Poing

Es klingt erst einmal gut: Die Betreuungsqualität in den Kindertagesstätten soll durch den sogenannten "Qualitätsbonus Plus", den der Landtag bei seinen Haushaltsberatungen beschlossen hat, weiter gesteigert werden. Doch wie das passieren soll und wer kontrolliert, ob das Geld tatsächlich im beabsichtigten Sinn genutzt wird, ist derzeit völlig unklar. Mit einer gehörigen Portion Skepsis sehen deshalb die Verantwortlichen in Poing, der kinderreichsten Gemeinde im Landkreis, das Programm - und nicht nur, weil es das Budget mit 120 000 Euro zusätzlich belasten würde. Michael Krach, der Chef des Poinger Jugendamts, will das Thema nun in den kommunalen Spitzenverbänden ansprechen. Doch auch in anderen Gemeinden tut man sich schwer mit dem neuen Angebot. "Ein überzeugender Wurf ist das nicht", sagt etwa Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel, der auch Kreisvorsitzender des Gemeindetags ist.

Anfang Februar haben die Gemeinden durch ein Schreiben des Sozialministeriums erfahren, dass sie mehr Geld für die Kinderbetreuung ausgeben dürfen, wenn sie wollen. Anreiz dafür soll sein, dass auch der Freistaat in diesem Fall die gleiche Summe dazu spendiert. Pro betreutem Kind und Jahr wären das jeweils 53,69 Euro vom Freistaat und von der Gemeinde, die den Kindertagesstätten zur Verfügung gestellt werden können. Allerdings hat der Freistaat die eigenen Mittel für diesen Zweck gedeckelt: 63 Millionen stehen zur Verfügung, wenn die aufgebraucht sind, gibt's nichts mehr. Nicht geklärt ist laut Michael Krach, ob die Gemeinden bei Überschreiten dieser Grenze im schlimmsten Fall eine Rückforderung der Staatsmittel zu befürchten haben.

Doch das ist bei weitem nicht die einzige offene Frage, die der Poinger Fachmann hier sieht. Vor allem ist nicht definiert, wie die Qualitätssteigerung erreicht werden soll. Eine Nachfrage der Aufsichtsbehörde im Landratsamt Ebersberg beim Sozialministerium nach überprüfbaren Kriterien hierfür half auch nicht weiter: Es sei kein Kriterienkatalog vorgesehen und somit den Kommunen freigestellt, geeignete Kriterien festzulegen, teilte das Ministerium mit. Kommunen und Träger müssen es also untereinander regeln - eine schwierige Sache, wie Krach findet.

Eines stellt er klar: Grundsätzlich sei eine verbesserte Förderung zu begrüßen, die eine Qualitätssteigerung der Kinderbetreuung zur Folge haben soll. "Nicht nachvollziehbar ist jedoch, warum dies auf freiwilliger Basis erfolgen soll", so Krach. Wenn Kommunen beispielsweise aufgrund ihrer Finanzkraft unterschiedliche Entscheidungen träfen, verletze das seiner Auffassung zufolge den Gleichheitsgrundsatz. Ohnehin sei ein entscheidendes Kriterium für Qualität in Kitas gut ausgebildetes und ausreichend vorhandenes Fachpersonal - und daran mangelt es im Ballungszentrum ohnehin bereits jetzt. Nun hat sich Krach vorgenommen, das Thema in den Kommunalen Spitzenverbänden nochmals anzusprechen und auch mit den örtlichen Kita-Trägern zu erörtern. Auch beim Ministerium hat der Poinger Jugendreferent nochmals um Klärung der offenen Fragen gebeten.

Auch in anderen Gemeinden stand das Thema bereits auf der Tagesordnung. Vaterstetten, Pliening und Markt Schwaben haben eine Entscheidung zunächst zurückgestellt. Egmating und Ebersberg haben sich hingegen für den Bonus entschieden. Eine gemeinsame Linie innerhalb der Landkreisgemeinden zu finden, ist deshalb auch nach Einschätzung von Gemeindetagschef Udo Ockel schwierig: "Das muss jetzt letztlich jeder selbst entscheiden." Der Kirchseeoner Bürgermeister teilt allerdings die Skepsis der Poinger. Qualitätsverbesserung durch mehr Personal falle "mangels Masse" weg. Nun gehe es vor allem darum, das Geld irgendwie sinnvoll auszugeben: "Da muss man sich mit Gewalt etwas einfallen lassen." Nur ein Träger in Kirchseeon wünscht sich laut Ockel überhaupt den Qualitätsbonus, diese Einrichtung habe signalisiert, beispielsweise damit zusätzlich Deutschkurse einführen zu wollen. Eine Entscheidung im Gemeinderat steht noch aus.

© SZ vom 31.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: