Poing:Bedenklich einzigartig

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Die Gestaltung der neuen Kirche sucht ihresgleichen. Das macht die Insolvenz des Fassadenbauers besonders problematisch. Noch ist unklar, wie es mit dem Bau weitergeht

Von Barbara Mooser, Poing

Weiß und strahlend wie ein funkelnder Kristall soll die neue Kirche in Poing aussehen, das war der Gedanke von Architekt Andreas Meck, als er den Entwurf erstellte, der sich letztlich im Wettbewerb durchsetzte. Das Funkeln besorgen Tausende Kacheln, die an der Kirchenfassade angebracht werden - eine einzigartige Idee, ein Alleinstellungsmerkmal für das Poinger Gotteshaus. Doch die Einzigartigkeit des Projekts bringt die Planer nun ordentlich in die Bredouille: Denn der Fassadenbauer ist insolvent gegangen - und könnte im Zuge dessen möglicherweise auch noch den Kachelhersteller in den Ruin treiben. Beide Firmen sind so spezialisiert, dass sich kaum Ersatz finden wird. Weitergebaut werden kann an der Fassade jedenfalls momentan nicht, dennoch bemühten sich Verantwortliche des Ordinariats und der Kirchenverwaltung am Donnerstagabend bei einer Informationsveranstaltung für die Poinger, gewissen Optimismus zu verbreiten.

Am Tag zuvor war bekannt geworden, dass die Bauarbeiten an der Fassade eingestellt werden mussten und der Termin für die Weihe, die eigentlich am 15. Oktober geplant war, nicht zu halten ist. Nun waren Susanne Birk, die Leiterin des Ressorts Bauwesen und Kunst im Erzbischöflichen Ordinariat, und Projektsteuerer Boris Finkbeiner in das Pfarrzentrum Rupert Mayer gekommen, um zu skizzieren, wie es in etwa weitergehen könnte. Plan A wäre, dass es dem Insolvenzverwalter gelingt, den Fassadenbauer wieder soweit auf die Beine zu stellen, dass er die angefangenen Aufträge zumindest beenden kann. Sehr viel ist an sich nicht mehr zu tun, die Fassade sei zu 95 Prozent fertig gestellt, sagte Finkbeiner: "Es ist sehr schade, dass es so kurz vor der Ziellinie gescheitert ist, das ist der unschönste Moment, wo so etwas passieren kann." Das Insolvenzverfahren wird voraussichtlich am 1. September eröffnet, erst dann wird man erfahren, ob tatsächlich eine weitere Zusammenarbeit mit dem ursprünglichen Fassadenbauer möglich ist.

Der Innenausbau geht weiter, dennoch wird die Weihe erst 2018 möglich sein. (Foto: Christian Endt)

Vermutlich werden die Verantwortlichen im Ordinariat das eine oder andere stille Gebet gen Himmel schicken, dass es auf diese Weise klappt, die Lücken in der Fassade doch noch zu füllen. Denn Plan B ist schon wesentlich unattraktiver, das machte Finkbeiner sehr deutlich. Man müsste eine Firma finden, die die Arbeiten übernimmt, was sich als extrem schwierig herausstellen könnte: Die Fassade sei so besonders, dass man bisher keine zweite Firma gefunden habe, die solche Arbeiten ausführen könnte, "und wir haben nicht nur in Deutschland gesucht". Sollte man mit einer anderen Firma zusammenarbeiten müssen, würde sich die Bauabnahme - und somit die Erlaubnis, die Kirche überhaupt in Betrieb zu nehmen - wohl deutlich schwieriger gestalten. Und dann gibt es noch das Problem mit den Kacheln: Weil der Fassadenbauer bei dem Hersteller der kostbaren Stücke die Rechnungen nicht bezahlt hat, ist auch dieser wirtschaftlich ins Taumeln geraten, er stehe ebenfalls kurz vor der Abwicklung, sagte Finkbeiner. Zwar hat das Ordinariat sicherheitshalber schon selbst Kacheln gekauft, doch etwa 20 Prozent der fehlenden Stücke sind noch nicht einmal produziert. Eine Zuhörerin im Pfarrheim forderte eindringlich, dass das Ordinariat die fehlenden Kacheln jetzt ordern und bezahlen solle: Das nötige Geld sei bei der Kirche schließlich vorhanden.

Einen genauen Zeitplan kann auch Projektsteuerer Boris Finkbeiner (rechts) nicht nennen. (Foto: Christian Endt)

Letztlich appellierten Birk und Finkbeiner an die Poinger, die Zuversicht nicht zu verlieren und den Verantwortlichen einen Vertrauensvorschuss zu geben: "Ich bin davon überzeugt, dass es gut ausgehen wird", sagte Birk. Nur einen Zeitplan könne man eben noch nicht nennen, sie hoffe, dass die Einweihung Anfang 2018 stattfinden könne.

Für die Pfarrgemeinde bedeutet der Baustopp an der Fassade, dass die gesamte Veranstaltungsplanung rund um die Eröffnung hinfällig wird. Dabei hatten sich alle Beteiligten große Mühe gegeben, ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen. Im gerade vor zwei Wochen ausgelieferten Pfarrbrief werden neben dem festlichen Gottesdienst zur Weihe unter anderem Vorträge, ein Mariensingen, eine Novene und eine Menschenkette von der alten zur neuen Kirche angekündigt. Vielleicht, so Pfarrer Christoph Klingan, könne man einige der Veranstaltungen dennoch bereits jetzt machen, darüber müssten sich die Beteiligten in den nächsten Wochen unterhalten. Klingan regte auch bei den Vertretern des Ordinariats an, möglicherweise den Poingern doch schon vor der Eröffnung eine Führung durch den Neubau zu ermöglichen, der ja - abgesehen von der Fassade - inzwischen fast fertig ist. Klar ist eins: Die am 15. Oktober geplante Übertragung des Glockenläutens im Radio fällt flach.

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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