Poing:Auszug aus der Turnhalle

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Die Flüchtlingsunterkunft in der Realschule Poing ist seit Donnerstag aufgelöst. Das Landratsamt kümmert sich nun um die Sanierung, für den Helferkreis ist Gelegenheit, ein wenig durchzuatmen

Von Barbara Mooser, Poing

Wo zeitweise mehr als 250 Menschen wohnten, auf engem Raum die Nächte und auch einen Großteil der Tage verbrachten, ist es ruhig geworden, die meisten Stockbetten sind bereits abgebaut. Die letzten Flüchtlinge sind am Donnerstag aus der Turnhalle der Realschule Poing ausgezogen, damit kann auch die letzte als Unterkunft genutzte Halle wieder dem Schul- und Vereinssport zurückgegeben werden. "Ich bin schon sehr froh, denn die Situation hat für uns doch große Einschränkungen mit sich gebracht", sagt Schulleiter Matthias Wabner. Auch die vielen Helfer, die sich um die Flüchtlinge gekümmert haben, können sich nun eine kleine Atempause gönnen - im Gegensatz zum Landratsamt und der Firma SKE, die die Schule gebaut hat und betreibt: Denn jetzt sind umfassende Sanierungsarbeiten nötig.

Ob diese noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können, ist fraglich, so die Prognose von Andreas Stephan von der Zentralabteilung des Landratsamts. Denn die Stockbetten haben tiefe Abdrücke im Linoleumbelag des Hallenbodens hinterlassen, dieser muss wohl ausgetauscht werden. Auch an den Duschen, die nicht dafür ausgelegt waren, von so vielen Menschen täglich benutzt zu werden, ist einiges zu tun. Es habe sich Wasser in den Wänden angesammelt, ein Teil davon müsse wohl neu gemacht werden, so Stephan. Die Herausforderung werde nun sein, möglichst schnell kompetente Firmen für die Reparaturen zu finden. Auch die Spezialmaterialien für die Halle haben meist eine längere Lieferzeit.

Bereit für die Abfahrt: Die Habseligkeiten der letzten Bewohner der Poinger Schulturnhalle. Seit Donnerstag ist die Halle wieder leer. (Foto: privat)

Der Schulleiter rechnet ohnehin damit, dass er erst im zweiten Halbjahr des neuen Schuljahrs wieder Sportunterricht in der Halle planen kann. Bis dahin wird man sich wie bisher behelfen: Gymnastik in Schulräumen, Joggen im Schulhaus, einige Sportstunden auch in der Dreifachturnhalle. Bei aller der Erleichterung darüber, dass sich die Lage im Schulhaus bald wieder normalisiert, konnte Matthias Wabner der Situation in den vergangenen Monaten auch etwas Positives abgewinnen: Die Schulen am Ort seien noch näher zusammengerückt, die Schüler hätten "hautnah vor Ort" gesehen, wie es Flüchtlingen geht. "Früher hat man von diesem Thema aus den Medien erfahren, jetzt musste man sich zwangsläufig damit auseinandersetzen", sagt Wabner.

Die Flüchtlinge, die teilweise seit Dezember in der Halle lebten, sind zum größten Teil in kleineren Unterkünften im Landkreis Eichstätt untergebracht worden. 80 Männer, die hier schon Jobs gefunden haben oder eine Ausbildung machen, bleiben im Landkreis, sie sind in die Plieninger Traglufthalle umgezogen. Auch dort will sich der Poinger Helferkreis, wenn möglich, weiter um sie kümmern, sagt Sprecher Götz Kirchhoff - Details müsse man aber nach den Ferien mit den Plieninger Helfern besprechen. Für die Helfer in Poing ist der Auszug auch ein Anlass, um Bilanz zu ziehen: Es sei "Außerordentliches geleistet" worden, sagt Kirchhoff: Es wurden Deutschkurse und Fahrräder für die Flüchtlinge organisiert, eine ärztliche Betreuung für die Hallenbewohner eingerichtet, Arbeitsstellen vermittelt, Kleider ausgegeben, Freizeitangebote auf die Beine gestellt. Auch ein Komitee mit Sprechern der verschiedenen Nationen wurde gebildet, die Treffen fanden alle zwei Wochen statt.

Nur nicht den Überblick verlieren: Der Umzugsplan an Wand der Poinger Turnhalle. (Foto: privat)

Immer wieder galt es ganz praktische Probleme zu lösen, erläutert Kirchhoff: So habe man erst nach Monaten festgestellt, dass die Menschen in der Halle gar nicht die Möglichkeit hatten, ihre Bettwäsche zu wechseln. Nach Insistieren beim Landratsamt hätten die Bezüge dann endlich in der Großwäscherei der Steinhöringer Werkstätten gewaschen werden können. Auch Lüften war zunächst schwierig, die Fenster durften wegen der Kopplung an die Brandmeldeanlage erst nicht geöffnet werden, dann aber habe man es doch ermöglicht und so immerhin etwas frische Luft in die Halle gebracht. Besonders erfreulich, so Kirchhoff, sei gewesen, dass man einen Wechsel des Caterers erreicht habe: Lange gab es morgens und abends je eine Dose Thunfisch, weshalb die Unterkunft den Beinamen "Tuna Camp" erhielt. Der neue Caterer brachte erheblich mehr Abwechslung in den Speiseplan.

Für die Helfer gibt es auch nach dem Auszug der Flüchtlinge aus der Turnhalle genügend zu tun, schließlich leben immer noch 160 Schutzsuchende in Poing. Ausgebaut werden könnte noch die überörtliche Zusammenarbeit, so Kirchhoff. Er wünscht sich außerdem, dass sich jene Gemeinden im Landkreis, "die sich bisher noch nicht der Arbeit mit und für Schutzsuchende stellen" solidarisch zeigten und auch ihren Teil zur Versorgung und Integration der Neuankömmlinge beitragen.

© SZ vom 26.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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