Personalmangel im öffentlichen Dienst:Kollege kommt gleich - oder auch nicht

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In den Rathäusern wird es immer schwieriger, neue Mitarbeiter zu finden. Gründe sind die hohen Lebenshaltungskosten, die Konkurrenz zur freien Wirtschaft und viele neue Aufgaben in den Verwaltungen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Dass man in einer Behörde auch mal warten muss, haben wohl die meisten schon erlebt. Doch selbst die Behörden müssen gelegentlich warten, und zwar auf neue Mitarbeiter. Kürzlich rechnete der Beamtenbund vor, dass in den kommunalen Verwaltungen Zehntausende Stellen unbesetzt sind. Auch in den Rathäusern im Landkreis wird die Suche nach neuen Kollegen immer schwieriger.

"Wir haben vier Jahre lang nach einem Tiefbauexperten gesucht", sagt etwa Markt Schwabens Bürgermeister Georg Hohmann (SPD). Dies dürfte wohl auch im Landkreis rekordverdächtig sein, grundsätzlich haben aber Hohmanns Amtskollegen ähnliche Erfahrungen gemacht. "Im Baubereich ist es besonders schwierig", sagt Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (FW), es komme vor, dass man entsprechende Ausschreibungen wiederholen musste, weil keine Rückmeldungen kamen. "Es ist sicher nicht besser geworden in den vergangenen Jahren", bestätigt Udo Ockel (CSU), Bürgermeister von Kirchseeon und Kreisvorsitzender des Gemeindetages. Die Schwierigkeiten, Leute zu finden, gebe es bei Verwaltungskräften, aber ganz besonders bei Spezialisten, wie sie in den Bauämtern gebraucht werden. Auch in Kirchseeon habe man im vergangenen Jahr wieder "monatelang gesucht", um einen neuen Chef fürs Bauamt zu finden. Grund für die Vakanz war, dass die Vorgängerin einen Job näher an ihrem Wohnort gefunden hatte.

Diese Konkurrenz ums Personal sei gerade im Großraum München inzwischen sehr spürbar, sagt Ockel. Die Mitbewerber um die besten Mitarbeiter seien dabei aber nicht unbedingt die Nachbarkommunen. Denn zunehmend ziehe es die Verwaltungsleute in Städte und Gemeinden außerhalb des Ballungsraumes um die Landeshauptstadt. Im öffentlichen Dienst "verdient man in Deggendorf und Oberviechtach das Gleiche wie in Kirchseeon", sagt Ockel, wo allerdings die Lebenshaltungskosten deutlich höher sind. "Wer flexibel ist, zieht dahin, wo das Gehalt mehr wert ist." Zwar gebe es die Möglichkeit, die sogenannte "Ballungsraumzulage" zu bezahlen, die mache allerdings gerade einmal 75 Euro im Monat aus.

Da habe der zweite Konkurrent der Landkreiskommunen, die freie Wirtschaft, schon deutlich andere Möglichkeiten, Personal anzuwerben. Was keine ganz neue Problematik sei, sagt Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU), immerhin seit 1994 im Amt: "Es ist eine Erfahrung, die wir in der Verwaltung seit Jahrzehnten machen: Je besser die Wirtschaft läuft, desto größer die Schwierigkeiten, Interessenten für Behörden zu finden." Und umgekehrt, wie auch Ockel aus seinen 40 Jahren im öffentlichen Dienst bestätigt: "Es geht immer auf und ab." In der Kreisstadt hatte man vor eineinhalb Jahren einen neuen Bauamtschef gesucht - und gefunden, "oft ist es Glückssache", sagt Brilmayer.

Besonders, wenn zu den allgemeinen Problemen, also hohe Lebenshaltungskosten und Konkurrenz aus der Wirtschaft, noch spezielle Schwierigkeiten dazukommen. Wie etwa in Markt Schwaben, wo in den vergangenen Jahren das Bau- und das Ordnungsamt komplett neu strukturiert und personell aufgestockt werden musste, wie Hohmann erklärt. Als er sein Amt 2011 angetreten hatte, waren die beiden Abteilungen zusammengelegt und hatten insgesamt acht Mitarbeiter. Inzwischen arbeiten im Bauamt 15 Leute, im Ordnungsamt sind es vier, "und wir sind noch nicht am Ende der Fahnenstange", sagt der Bürgermeister. Auch in den kommenden Jahren werde man im Markt Schwabener Rathaus wohl weiter einstellen müssen.

Genau wie bei den Nachbarn in Vaterstetten. Jedenfalls erwartet das Bürgermeister Reitsberger. Zwar müssen dort keine Abteilungen neu aufgebaut werden, Zuwachs braucht es aber stetig, und auch das hat mit der guten Konjunktur zu tun: "Durch den Bauboom kommen immer mehr Aufgaben dazu", was bedeutet, dass man eben auch immer mehr Leute braucht.

Ein Weg dahin ist natürlich, dass die Gemeinden selbst ausbilden - was sie auch tun. "Das ist ein sehr wichtiger Punkt", sagt Brilmayer. Im Ebersberger Rathaus gibt es seit Jahren immer ein bis zwei Ausbildungsplätze. Genau wie in Kirchseeon, die Stellen stoßen auch auf Interesse, so Ockel, "wir haben immer viele gute Bewerber". Allerdings lassen sich dadurch nicht alle Engpässe beheben, "das hat großen Vorlauf", sagt Reitsberger, gegen überraschende Personalwechsel hilft die Azubistelle also nicht. Und auch nicht überall, sagt Hohmann: "Im Verwaltungsbereich geht es eher, im Bauwesen bringt es gar nichts."

Jedenfalls nicht das klassische Ausbildungsmodell, sagt Ockel. Dagegen könnten spezielle Fortbildungen durchaus hilfreich sein, solche bieten die Verwaltungsschulen beispielsweise im Bereich Baurecht an. Damit könnte etwa ein Architekt das nötige juristische Zusatzwissen erwerben - wenn man den Architekten anwerben kann. Da hilft es, wenn man - neben Zulagen, die nur in sehr begrenztem Umfang möglich sind - auch andere Anreize bieten kann. In Vaterstetten wirbt man etwa mit den gemeindeeigenen Mitarbeiterwohnungen.

Oder man geht andere Wege, wie in Markt Schwaben. Dort versucht man die Anwerbung von Personal auch über Zeitarbeitsfirmen, sagt der Bürgermeister. "Viele bewerben sich nicht auf unsere Stellenangebote, die Leute wollen ihren Arbeitgeber erst kennenlernen, bevor sie zusagen." Offenbar hat das Markt Schwabener Rathaus einen guten Eindruck hinterlassen, insgesamt fünf Mitarbeiter habe man in den vergangenen Monaten von Zeitarbeitsfirmen abwerben können, sagt Hohmann. Gelöst wird das Problem dadurch aber nicht: "Wir finden zwar immer wieder überraschend Leute - aber nicht so viele, wie wir bräuchten."

© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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