Ortspolitik:"Pflegenotstand in Poing"

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Die Situation im Ort wird erörtert - Ziel ist eine Verbesserung

Von Esther Lärmer, Poing

In Poing sind viele alte Menschen in der Pandemie von Einsamkeit betroffen. Das liegt auch daran, dass ihre Familien sie aus Sicherheitsgründen seltener besuchen sollen. In der Gemeinde haben aktuell 28 Menschen Interesse an einem Platz in der Tagespflege. Im Jahr 2033 werden es voraussichtlich 40 sein, wie Heike Pethe vom Büro für räumliche Entwicklung in ihrer Präsentation im Poinger Gemeinderat prognostizierte. Diese Aussichten beschäftigen die Mitglieder des Poinger Gemeinderats in ihrer Sitzung.

"Achte das Alter, denn es ist deine Zukunft", stellte Gemeinderätin Yvonne Großmann aus der Fraktion der Grünen klar. Im Verlauf der Debatte brachte sie auch die Frage auf, ob es nicht möglich wäre, eine Art Übergang zwischen dem eigenständigen Leben zu Hause und dem Umzug in ein Heim zu etablieren. Poings Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) versicherte ihr, dass das im neu geplanten Seniorenzentrum durch das betreute Wohnen bedacht werde. Dieses wurde im Februar 2020 beschlossen.

Fortan ging es um die angespannte Pflege-Situation in der Gemeinde. "Wir haben einen Pflegenotstand in Poing", sagte Peter Maier, Fraktionssprecher der SPD. Nicht erst, wenn sich die Situation noch weiter verschärft, wie offenbar anzunehmen ist. "Die Zahlen sind erschreckend", so Peter Maier. Bayern sei insgesamt beim Thema Pflege nicht gut aufgestellt, fügte er hinzu. Das zeige sich nun auch in Poing. Auch sei er sich sicher, dass die Situation in den nächsten Jahren noch brisanter werde. "Es ist schon fünf vor zwölf", warnte der Fraktionssprecher eindringlich.

Franz Langlechner von der CSU-Fraktion, der genau wie Peter Maier Seniorensprecher ist, gab zu bedenken, dass viele Menschen auch im höheren Alter nicht ihre eigenen vier Wände verlassen möchten. Man versuche selbstverständlich auch im ambulanten Bereich die Nachfrage zu decken, sagte er. Jedoch dürfe man die Erhebung des Bedarfs nicht an theoretischen Zahlen festmachen, so Maier. Es müsse möglich gemacht werden, dass man Hilfe auch abrufen kann, appellierte er an die Gemeinderatsmitglieder.

Auch Günter Scherzl, Fraktionssprecher der Freien Wählergemeinschaft, befand die Zahlen als alarmierend. "Man muss in die Zukunft schauen", sagte er. Auch müsse man sich darüber im Klaren sein, dass man diese Ressourcen brauchen werde, sagte er. Es sei also das Ziel, dass für die kommenden Jahre eine gute Versorgung gewährleistet werden kann, so Scherzl.

Das Konzept für die Seniorenarbeit wurde in der Sitzung von der Poinger Seniorenbeauftragten Kerstin Bachmann, die Sozialpädagogin und Fachkraft für Seniorenarbeit ist, sowie ihrem Kollegen Volker Sterker, ebenfalls Seniorenbeauftragter der Gemeinde präsentiert. Nebenbei fährt Sterker selbst auf Hausbesuche, die jedoch aufgrund der Pandemielage derzeit nicht stattfinden können. Bachmann erklärte, dass man in der Präsentation versucht habe, Meilensteine in der Seniorenarbeit Poing darzustellen. Schon in den 1990er Jahren hat sich laut Bachmann viel in der Seniorenarbeit getan, bevor im Jahr 2002 das Seniorenzentrum gebaut wurde.

2010 gab es dann das erste einheitliche Gesamtkonzept für Poing. Die Workshops in der Gemeinde im Jahr 2018 hätten deutlich gemacht, dass das Anforderungsprofil einer Vollzeitkraft nötig war, führte Bachmann aus. Sie präsentierte also einen Blick in die Vergangenheit, eine kurze Zusammenfassung der Gegenwart und einen Ausblick in die Zukunft.

Im Mittelpunkt ihres Konzeptes stehen Punkte, wie etwa Barrierefreiheit oder Mobilität. "Wir brauchen ein seniorengerechtes Umfeld", führte die Seniorenbeauftragte Bachmann aus. Zudem brauche es wohnungsnahe Angebote für Treffpunkte für ältere Menschen, dafür wäre es jedoch notwendig, die Wohngebiete auszubauen, wie sie erläutert. "Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben soll den Senioren ermöglicht werden", verdeutlichte Bachmann ihren Standpunkt.

Ihr Kollege Volker Sterker machte deutlich, dass es in anderen Gemeinden auch nur ein reduziertes Angebot an Pflege gebe - egal in welchem Bereich. Jedoch betonte Sterker, dass es in seinen Augen finanzielle Mittel gebe, um dieses zu optimieren. "Wir müssen die Gemeinde weiterentwickeln zu einer demenzfreundlichen Kommune", forderte er. "Es wäre wichtig, Berufsgruppen zu schulen", so Sterker. Denn viele unangenehme Situationen könnten vermieden werden, wenn zum Beispiel Polizisten besser über Demenzerkrankungen informiert wären, wenn diese mit älteren Bürger zu tun haben oder gerufen werden. Zudem griff er das Thema Pflege auf, die größtenteils im häuslichen Umfeld stattfinde. "Wir wollen, dass die Menschen so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung leben können", regte er an.

Die tatsächliche Umsetzung der Idee liegt noch in weiter Zukunft. Im September wollen die Seniorenbeauftragten dem Gemeinderat ein ausführlicheres Konzept vorlegen, wenn die ersten Aspekte konkreter geworden sind.

© SZ vom 20.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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