Ohne Benzin und Diesel:Schnell, leise - und mit Fahrspaß

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Nur wenige Menschen im Landkreis nutzen derzeit reine Elektroautos. Dabei spricht viel dafür, wie Pioniere der E-Mobilität berichten

Von Jessica Schober

Noch sind die Fahrer von Elektroautos Exoten im Landkreis: Gerade einmal 293 Autos mit reinem Elektroantrieb sind derzeit hier zugelassen. Dies soll sich nun ändern: Die Energieagentur und der örtliche Energieversorger Eberwerk wollen die Infrastruktur für Elektroautos verbessern und die Informationen darüber bündeln und leichter zugänglich machen. Diejenigen, die jetzt schon auf Elektroautos umgestiegen sind, können anderen aber auch jetzt schon nur dazu raten, es ihnen gleichzutun. Ein paar Erfahrungsberichte:

Der Pionier

Er ist ein Pionier im Landkreis, der sich wünscht, er hätte schon längst mehr Nachahmer: Bereits vor sieben Jahren kaufte der Zornedinger Karl-Ludwig Judt sich sein erstes elektrisch betriebenes Auto. Heute wundert er sich, dass nicht schon längst viel mehr Menschen auf diese Technologie umgestiegen sind. "Das ist kein Fahren, sondern ein Gleiten", beschreibt der 75-Jährige das Gefühl. Knapp 30 000 Kilometer ist Judt mit seinem Citroën C-Zero inzwischen gefahren, zum Beispiel von Zorneding zum Ebersberger Waldmuseum. Das Auto lade er stets zuhause, das reiche ihm für Fahrten im Landkreis. "Wir waren in Zorneding wohl die Ersten mit einem Elektroauto und die Ersten mit einer eigenen Photovoltaikanlage", erzählt Judt. "Für nächstes Jahr haben wir uns einen Wagen bei Sono Motors reserviert, der beides vereint: Ein Elektroauto, das sich teilweise selbst über Photovoltaikzellen auflädt." Auch wenn das noch Zukunftsmusik ist, ist eines für Judt sicher: Er will wieder zu den Pionieren der neuen Technologie gehören.

Die Pendlerin

Nicht nur beruflich hat sie durch ihren Job bei der Ebersberger Energieagentur mit dem Thema Elektromobilität zu tun, sondern auch privat fährt Elisabeth Haberthaler ein Auto mit Batteriebetrieb. Bereits vergangenes Jahr kaufte sie einen gebrauchten Renault Zoe für 13 500 Euro. Den Wagen parkt sie nach der Anreise aus Anzing meist in Ebersberg an einem der beiden Ladeplätze an der S-Bahnstation. "Die Ladesäule in Ebersberg ist gut besucht, aber wenn ich morgens um 8 Uhr da bin, ist meistens noch ein Platz frei", sagt Haberthaler. Die Reichweite pro Ladung von rund 150 Kilometern im Sommer und etwa 110 Kilometern im Winter habe sie noch nie voll ausgereizt. Als Zweitwagen hätten sie und ihr Freund zwar noch einen Benziner, "aber wir streiten uns eher darum, wer das E-Auto fahren darf", erzählt Haberthaler. Falls sie einmal eine längere Fahrt plane, wie zum Beispiel zum Ingolstadt Village, dann erkundige sie sich vorher, ob es dort eine Ladesäule gebe. Die Webseite goingelectric.de und die App nextplug seien dafür gute Quellen. Insgesamt lohnt sich für sie die Anschaffung des E-Mobils. "Ich habe das mal durchgerechnet, ich gebe etwa ein Drittel bis die Hälfte davon aus, was ich sonst für 100 Kilometer Fahrstrecke im Benziner gezahlt hätte." Viele Ladestation seien zudem momentan noch kostenlos. Hinzu kommt das angenehmere und geräuschärmere Fahrerlebnis. "Es ist ungefähr so leise beim Anfahren wie eine S-Bahn."

Elisabeth Haberthaler fährt von Anzing zu ihrem Arbeitsplatz nach Ebersberg. (Foto: Christian Endt)

Die Berufsfahrerin

"Es macht einfach richtig Spaß, elektrisch zu fahren", sagt Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayer (Grüne), "mit der Beschleunigung lässt man jeden Sportwagenfahrer alt aussehen." Sie fährt einen E-Golf als Dienstwagen. Alle Mitarbeiter des Rathauses können den beruflich benutzen, wenn sie sich dafür anmelden. Privat, erzählt Obermayr, sei sie Mitglied bei den Grafinger Autoteilern. Das Angebot eines E-Mobils für Rathausmitarbeiter sei ihr ein wichtiges Anliegen gewesen, als sie 2014 ihr Amt übernommen habe. "Es ist prestigeträchtig und es hat eine Signalwirkung", sagt sie. Anfangs habe sie öfter mal nervös auf den Batteriestandsanzeiger geschaut, aber liegen geblieben sei sie noch nie. Überhaupt hält Obermayr die Reichweiten-Debatten für überholt. "Für alltägliche kurze Strecken ist ein E-Auto ideal, für weite Fahrten in den Urlaub kann man sich ein Auto leihen", findet sie. Die häufigste Reaktion auf das Fahrzeug sei Neugier. Weil das Auto so leise ist, bliebe sie aber an Kreuzungen lieber mal stehen, um sicher zu gehen, dass Fußgänger ihren Wagen nicht überhörten, erzählt die Bürgermeisterin. An der rathauseigenen Ladesäule kann der Golf geladen werden.

Der Umweltschützer

Der Abgasskandel brachte das Fass für den Grafinger Bernward Backa zum Überlaufen: Er gab sein Dieselfahrzeug in Zahlung und stieg vor einem Jahr um auf Elektromobilität. Jetzt fährt er einen Renault Zoe, dessen Batterie er für 99 Euro im Monat mietet. Normalerweise fährt Backa mit der S-Bahn zu seinem 55 Kilometer entfernt liegenden Arbeitsort. Wenn jedoch sein Schichtdienst ungünstig liegt, dann nimmt er das E-Auto. Auf der Landstraße und mit eingeschalteter Klimaanlage reiche eine Ladung im Sommer für 300 Kilometer, im Winter für 200. "Sollte doch eine längere Strecke zu fahren sein, bin ich Mitglied bei den Grafinger Autoteilern", sagt Backa. Und wenn er mit seiner Frau die Tochter nördlich von Hamburg besuche, dann nehme er eh lieber den Zug. Da Backa in einer Reihenhaussiedlung lebt und es in seiner Garage keine Lademöglichkeit gibt, ist er auf eine gute Ladeinfrastruktur in Grafing angewiesen. Als Kunde des lokalen Stromversorgers Rothmoser nutzt er dessen Ladestationen zum Rabattpreis. "Wir müssen beim Laden nur anders planen, denn es geht eben nicht so schnell wie an der Tankstelle", sagt Backa. "Also hängen wir das Auto ans Kabel und gehen Einkaufen, Kaffeetrinken oder das Elterngrab gießen, bis der Akku ausreichend geladen ist." Finanziell sei das elektrische Fahren im Moment noch nicht billiger als das Fahren mit Verbrennungsmotoren. "Aber ich denke, wenn die Batteriepreise sinken, mehr Hersteller E-Autos anbieten und die Stückzahlen steigen, dann spricht nichts mehr gegen einen Umstieg auf elektrisches Fahren", sagt Backa.

Bernward Backa ist nach dem Dieselskandal umgestiegen. (Foto: Christian Endt)

Der Neugierige

Natürlich wollte Martin Otter auch etwas tun, was gut für die Umwelt ist. Aber, das räumt er ganz offen ein, "Neugier und Spieltrieb" waren auch dabei, als er sich im Oktober 2017 einen Elektrogolf anschaffte. Vorwiegend nutzt der Ebersberger das Auto für "Fahrten rund um den Kirchturm", wie er es beschreibt, also Kurzstrecken. Jedenfalls, wenn ihm nicht ein anderes Familienmitglied das Auto wegschnappt. Die anfängliche Skepsis innerhalb der Familie Otter hat sich nämlich längst in Luft aufgelöst. "Man darf sich inzwischen fast drum raufen", sagt er und lacht. Sein Sohn ist auch schon zum Praktikum nach Ingolstadt damit gefahren. Womit ja schon einiges über die Reichweite ausgesagt ist, je nach Fahrweise und Strecke kann man mit einer Akkuladung bis zu 160 Kilometer fahren. Dennoch: Bisher hat Otter seinen Golf noch nicht genutzt, um zu seinem österreichischen Ferienort zu fahren. Ladestationen für zwischendurch gäbe es zwar genügend, doch für viele bräuchte man wieder andere Ladekarten, und die Tarife seien undurchschaubar und teuer, kritisiert der 57-Jährige. Einmal hat er für eine Akkuladung, die für 100 Kilometer reichte, sogar 25 Euro gezahlt, "so wird das nichts", konstatiert Otter. Weil er aber ohnehin fast nur rund um Ebersberg unterwegs ist und den Golf in der eigenen Garage auflädt, fällt sein Fazit nach knapp einem Jahr E-Auto dennoch "ganz gut bis begeistert" aus.

Martin Otter ist vor allem rund um Ebersberg unterwegs. (Foto: Christian Endt)
© SZ vom 03.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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