Notverbund:Wasserschlacht unter Nachbarn

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Der zwischen Ebersberg und Grafing geplante Notverbund des Leitungsnetzes kommt nicht voran. Während man sich in der Kreisstadt darüber ärgert, kann sich Kirchseeon freuen

Von Thorsten Rienthund Wieland Bögel

EbersbergKonflikte ums Wasser haben schon Kriege ausgelöst und sind auch ein beliebtes Motiv in Film und Literatur - Konflikte um Wasserleitungen eher weniger. Doch die gibt es ebenfalls, derzeit etwa zwischen Grafing und Ebersberg. In der Kreisstadt ärgert man sich darüber, dass die Nachbarstadt beim seit dem Jahr 2007 geplanten Trinkwassernotverbund nicht in die Gänge kommt. Wie bei vielen Streits gibt es auch hier einen lachenden Dritten: die Gemeinde Kirchseeon.

Eigentlich ging es um die Erneuerung von Kanal und Wasserleitung in der Bahnhofstraße, als Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) eine längere Anmerkung in die Beratung des Technischen Ausschusses einfließen ließ. Er beklagte sich über das "unerfreuliche Verhalten der Stadt Grafing". Denn der Austausch der alten Rohre in der Bahnhofstraße durch neue und größere diene auch dazu, einen Notverbund mit den Nachbarn zu ermöglichen. Wie im übrigen auch zahlreiche andere Baumaßnahmen, welche die Ebersberger in den vergangenen zehn Jahren, seit man den Vertrag zur Gründung des Verbundes unterzeichnet hatte, umgesetzt hätten. Etwa 170 000 Euro habe die Kreisstadt seitdem in den Notverbund investiert, rechnete Brilmayer vor, insgesamt sind rund eine Million Euro dafür in den Haushalt eingestellt. Ob das Geld bald abgerufen wird, scheint aber fraglich, denn auf der anderen Seite der Gemeindegrenze sei bislang wenig passiert, beklagte Ebersbergs Bürgermeister.

Seit einem Jahr gebe es bereits eine konkrete Planung, so Brilmayer, wie man die Leitungsnetze der zwei Städte verbinden könne. Frage man aber bei den Grafingern nach, "werden wir immer vertröstet", sagt Brilmayer. Man verstehe ja durchaus, "dass die Grafinger Bauverwaltung sehr belastet ist" durch zahlreiche Großprojekte. "Aber wir können nicht bis zum Sanktnimmerleinstag warten", so der Bürgermeister weiter. Daher habe er sich bereits bei der anderen Nachbarkommune Kirchseeon erkundigt, ob diese für einen Notverbund zur Verfügung stehe.

Die Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) betont derweil: Grafing werde seiner vertraglichen Verpflichtung freilich nachkommen. "Wir stehen zu diesem Beschluss." Als unlängst in der Wasserburger Straße neue Wasserleitungen verlegt wurden, habe die Stadt schon die für den Notverbund nötigen breiteren Rohre verbauen lassen. Obermayr verweist allerdings auf die großen Bauvorhaben wie BayWa-Gelände, Aiblinger Anger oder das neue Haus für Kinder in der Forellenstraße. "Das bindet im Bauamt natürlich Kapazitäten."

Dass Grafing den Notverbund weniger hoch priorisiert wie die Kreisstadt, ist allerdings kein böser Wille. Grafing verfügt über sechs Brunnen und eine Quelle. Eine gleichzeitig schwere Verunreinigung ist deshalb kaum zu befürchten. Zudem besteht ein Anschluss an die Aßlinger Wasserversorgung. Außerdem seien zwischen Ebersberg und Grafing noch einige Punkte in Sachen Kostenaufteilung zu klären.

Für Kirchseeon könnte dies eine erfreuliche Entwicklung sein, dort komme das Angebot aus Ebersberg sehr gelegen, sagt Bürgermeister Udo Ockel (CSU). Er habe bereits selbst seinem Amtskollegen aus der Kreisstadt die Gründung eines Wassernotverbundes vorschlagen wollen. Grund ist, dass die Kirchseeoner einen dritten Trinkwasserbrunnen planen, dieser soll im Ebersberger Forst entstehen. Von dort wäre es nicht mehr weit bis zu den Brunnen und zur Hauptleitung der Ebersberger, man könnte sich also ohne größere Schwierigkeiten zusammentun, sagt Ockel.

In Kirchseeon überlege man schon länger, wie sich die bestehenden Notfallverbindungen fürs Trinkwasser erweitern lassen, sagt Ockel, "es ist immer gut, wenn man eine große Vernetzung hat". Der bestehende Notverbund zwischen Kirchseeon und Eglharting stoße nämlich langsam an seine Grenzen. Einen Ausfall in Eglharting könnten die Kirchseeoner Brunnen wohl "notdürftig" kompensieren, "umgekehrt wird es eher schwierig". Eine Option wäre ein Wasseranschluss an das Netz der VE München Ost, die derzeit in Kirchseeon lediglich für den Kanal zuständig ist. Doch durch die sehr langen Leitungen, die auch noch regelmäßig gespült werden müssen, sei diese Variante nicht unbedingt die wirtschaftlichste, so Ockel. Der Anruf aus Ebersberg kam daher zur rechten Zeit, "wir stehen der Idee sehr offen gegenüber". Ob sich Marktgemeinde und Kreisstadt beim Trinkwasser zusammentun, wird auch Thema im Werkausschuss des Gemeinderates am 17. Juli sein.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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