Neujahrsempfang in Poing:Von wegen Wehmut

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Bürgermeister Albert Hingerl nimmt die Poinger Bürger beim Neujahrsempfang mit auf eine gedankliche Reise durch die Gemeinde. (Foto: Christian Endt)

Für Bürgermeister Albert Hingerl beginnt mit seiner Neujahrsrede der Anfang vom Abschied

Von Thorsten Rienth, Poing

Obwohl es für Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) nach 20 Jahren im Amt des Rathauschefs am Sonntagnachmittag der letzte Neujahrsempfang war, ist von Wehmut keine Spur zu sehen gewesen. Vielmehr von einem Selbstbewusstsein, das frei nach Ernst Reuter wohl heißen würde: Schaut auf diese Gemeinde! "Es ist hier unglaublich viel passiert - und ich bin mir sicher: in eine absolut positive Richtung", sagte Hingerl in der Aula der Anni-Pickert-Grund- und Mittelschule.

Um die These zu bebildern, wählte Hingerl das Stilmittel eines Stadtspaziergangs. Der begann am alten Ortskern in Altpoing. "Die Kreuzung wurde umgebaut, die Anzinger Straße wird verlängert. Der alte Maibaumplatz wurde vergrößert", erzählte der Bürgermeister. "Aus dem Gasthaus Liebhart wurde ein Wohnhaus mit einer Pizzeria und öffentlichen Gemeinderäumen für Vereine, VHS und Bürgerinnen und Bürger." An den alten Gebäuden würden neue Informationstafeln hängen, die bestehende archäologische Route wurde um eine Kulturroute ergänzt.

"Dann führt uns der Weg entlang der Schwabener Straße nach Norden - im Westen entsteht der neue Rewe. Wir queren die Eisenbahngleise, wo Ende 2020 die neue Eisenbahnunterführung fertig sein soll." Auf Höhe des Volksfestplatzes würde das Sportgelände um Fußball- und Tennisplätze erweitert. "Vorbei am Baubetriebshof und dem neuen Bestattungsgarten gehen wir zum Marktplatz, der nicht nur so heißt, sondern auch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat. Deshalb haben wir ihn zur Belebung mit Spielgeräten für Jung und Alt ausgestattet, mit neuen Markthütten, einem neuen Literaturhaus, neuen Bänken, Tischen und neuen Solarstraßenlampen mit LED-Technik." Das sei, so Hingerl, obendrein als Testumgebung für die Beleuchtung der neuen Baugebiete zu sehen.

Überhaupt sei in Poing eine echte neue Ortsmitte entstanden. Mit Bürgerbaus, Seniorenzentrum, Sparkasse, zwei Ärztehäusern mit zusammen etwa 50 Ärzten, Jugendzentrum, VHS, Secondhandshop und einer preisgekrönten neuen katholischen Kirche. "Das frühere kleine Dorf ist zu einer richtigen Stadt herangewachsen", befand Hingerl.

Dass all das in so verhältnismäßig kurzer Zeit vonstattengegangen sei, liege einmal an den so ergebnisorientiert arbeitenden Lokalpolitikern. "Hier hat nie irgendwer die Parteigeschichte vor sich hergeschoben", lobte Hingerl. "Zwischen allen meinen Stellvertretern - von ihnen zu mir, und von mir zu ihnen - hat immer eine faire Loyalität geherrscht."

Ein andermal hätten die Poinger in Form eines echten Miteinanders die wichtigste Grundlage überhaupt geschaffen. "Man denkt hier sehr an die Menschen, die nicht die Möglichkeiten eines sicheren Lebens haben." Damit meine Hingerl gleichermaßen den Umgang mit den Nöten der Geflüchteten wie auch den Nöten der schon länger in der Gemeinde lebenden Poinger. "Die Gemeinde ist Vorbild bei den Schulen mit Courage, bei der Haltung gegen Rassismus und dass man vom ersten Moment an gegen Hass und Gewalt anarbeitet." Die Gemeinde sei gesegnet mit aktiven Kirchengemeinden, mit einem breit in der Bürgerschaft verwurzelten Ehrenamt.

In diesem Kontext seien auch die vier Bürgermedaillen zu sehen, die die Gemeinde alljährlich verleihe. In diesem Jahr gingen die Auszeichnungen an Christine Bloch ("Poinger helfen Poingern"), Sylvia Vassilian (Kunstbeirat) sowie Josef Fürmetz und Kaspar Braun (beide Feuerwehr).

Er wolle wahrlich nicht alles schönreden, schloss Hingerl dann. "Wie in allen Ballungsgebieten fehlen günstige Mietwohnungen für unsere Geringverdiener, wie zum Beispiel Pflegekräfte, Erzieher, Alleinerziehende, Senioren und auch Mitarbeiter im Rathaus."

Gleichwohl habe im Landkreis Ebersberg keine Gemeinde mehr bezahlbare Wohnungen gebaut als Poing, erinnerte er. Und weil das immer noch zu wenig sei, habe der Gemeinderat beschlossen, in den nächsten 15 Jahren 40 Prozent der Wohngebiete W7 und W8 mit bezahlbarem Wohnraum zu bebauen. "Mit dieser Maßnahme finden etwa 1600 Menschen vorrangig aus Poing und dem Landkreis eine günstige Wohnung bei uns."

Und wie es weitergeht? "Wir müssen in den nächsten Jahren an der Entwicklung unserer Gemeinde mit aller Kraft weiterarbeiten", appellierte der scheidende Bürgermeister. Wir, damit meinte Hingerl nicht nur die politischen Akteure. "Wir alle sind dazu aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen. Wir dürfen unsere Politik, die unser ganzes Leben mitbestimmt, nicht den Politikern allein überlassen. Wir sind mitverantwortlich, wie wir leben und in Zukunft leben wollen."

© SZ vom 14.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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