Neues Angebot in Poing und Pliening:Uber auf Landpartie

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Der US-amerikanische Dienstleister vermittelt bald auch Fahrten außerhalb der Landeshauptstadt

Von Christina Hertel, Poing/Pliening

Wer nicht in der Münchner Innenstadt lebt, sondern draußen in einem Vorort weiß, wie sich kalte Zehen nachts auf einem S-Bahnhof anfühlen. Für solche Momente, in denen man damit hadert, ob man noch länger aushalten oder Geld für ein Taxi zusammenlegen soll, startet in Kirchheim ein Pilotprojekt: Die Firma Uber bietet ab sofort zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens zu einem Festpreis von 15 Euro Fahrten von der Münchner Innenstadt nach Kirchheim an. Innerhalb der Gemeinde Kirchheim sowie nach Aschheim, Feldkirchen, Poing und Pliening vermittelt das US-amerikanische Dienstleistungsunternehmen Fahrer auch tagsüber - zu dem Pauschalpreis von fünf Euro, egal wie lange die Fahrt tatsächlich dauert. Eine Taxifahrt kostet etwa doppelt so viel.

Es ist das erste Mal, dass sich das Unternehmen mit einem solchen Angebot raus aufs Land wagt. Zunächst soll es nur ein Test für die nächsten drei Monate sein. Der Kirchheimer Taxiunternehmer Christian Baumann fürchtet allerdings schon jetzt, bald nicht mehr konkurrenzfähig zu sein. "Das kann Arbeitsstellen kosten", sagt er. "Wahrscheinlich werde ich um ein Auto reduzieren müssen." Baumann führt sein Taxiunternehmen in Kirchheim seit 13 Jahren mit drei Fahrzeugen. Besonders kritisch sieht er, dass der Kirchheimer Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) aktiv für die Kooperation mit Uber wirbt. "Da sieht man, dass die Gemeinde keine Ahnung hat." Schließlich verstoße Uber gegen geltendes Recht. Erst vor kurzem hat das Kölner Landgericht die App des Unternehmens verboten, weil dieses sich nicht ans deutsche Personenbeförderungsgesetz hält. Das Gesetz besagt, dass Kunden Wagen nur über die jeweilige Taxi-Zentrale buchen dürfen. Uber-Fahrer können allerdings direkt über die App Aufträge annehmen und umgehen so eine Zentrale.

Auch Florian Bachmann vom Taxiverband München hält die Kooperation für bedenklich: "Die Gemeinde hat sich da wohl nicht schlau gemacht." Er verstehe nicht, weshalb Kirchheim mit einem amerikanischen Unternehmen kooperiert, aber nicht die Zusammenarbeit mit dem lokalen Taxiunternehmen gesucht habe. Schließlich würden in vielen Gemeinden Konzepte wie Sammeltaxis oder Anruflinientaxis gut funktionieren. Die Preise von fünf Euro innerhalb der Ortschaft und 15 Euro nach München hält Bachmann auf Dauer für nicht haltbar. Sie würden deutlich unter den Betriebskosten liegen.

"Bedenken gibt es immer", sagt Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU). Bei einem Pressetermin im Rathaus mit Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler plädierte Böltl dafür, Dinge einfach mal auszuprobieren. Die Gemeinde bezuschusst das Pilotprojekt laut dem Bürgermeister nicht finanziell. Es gebe keine vertraglichen Verpflichtungen. Jedoch unterstützt Kirchheim das Projekt ideell: Die Gemeinde wirbt für das Angebot.

"Gerade im Umland von Metropolen und in ländlichen Gebieten gibt es kaum Alternativen zum eigenen Auto", sagte Uber-Chef Christoph Weigler bei dem gemeinsamen Termin im Rathaus. Deshalb sei das Unternehmen die vergangenen Monate auf der Suche nach Kommunen gewesen, mit denen es kooperieren könne, und Kirchheim habe sich offen gezeigt. Damit ist die Gemeinde die erste in Deutschland außerhalb einer Großstadt, in der Uber versucht, sich zu etablieren. Alle Fahrten seien versichert und würden von professionellen Fahrern abgewickelt. Die Nutzer können zwischen Elektroautos und Benzinern wählen. Für das Pilotprojekt arbeitet Uber mit örtlichen Mietwagenservices zusammen. In Berlin kooperiert Uber auch mit Taxifahrern, in München sei das noch nicht der Fall.

© SZ vom 06.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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